Corvin Zyder und Jan Sautter (l.) hören ihrer Dozentin Roshita Mishra zu. Foto: Frank Wahlenmaier

Für die rund 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg beginnt am 13. September der Präsenzunterricht. Einige haben in den Sommerferien extra gebüffelt – wegen Corona.

Leinfelden-Echterdingen - Während andere Siebtklässler noch die letzten Tage der Sommerferien mit Freunden im Freibad verbringen, sitzen Corvin Zyder und Jan Sautter beide in einem Klassenraum an der Volkshochschule in Leinfelden-Echterdingen. Hier werden nämlich insgesamt 25 Aufbaukurse für Schülerinnen und Schüler aller Klassenstufen angeboten, finanziert von der Kleesattel-Stiftung. Das bedeutet, dass alle Kursangebote sowie Lehr- und Lernmaterialien kostenfrei sind. So möchte die Stiftung in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule die Chancengleichheit der Schülerinnen und Schüler im Land wahren, denn die Folgen der Coronapandemie sind vor allem im schulischen Bereich sichtbar.

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Unterrichtsausfall, virtuelle Lehrformen und das Homeschooling lassen darauf schließen, dass bei den Schülern sogenannte Lernlücken entstanden sind. Die Eltern von Corvin und Jan wurden auf einmal auch zu Lehrern, die mit ihren Kindern Aufgaben bearbeiten mussten, welche von der Schule per Mail zugeschickt wurden. „Das kann man für einen gewissen Zeitraum schon mal so machen“, sagt Alina Sautter, die Mutter von Jan.

Doppelbelastung für Eltern

Aber dies dürfe nicht zu einer erneuten Lösung werden, sollten die Neuinfektionen mit dem Coronavirus wieder steigen. Sie sehe da die Politik in der Verantwortung, dass sich so etwas nicht wiederholt. „Wir Eltern waren täglich einer Doppelbelastung ausgesetzt und können nicht zusätzlich die Arbeit eines Lehrers übernehmen.“ Die Kursangebote an der Volkshochschule sind gut besucht und einige schon ausgebucht.

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Heute steht bei Corvin und Jan Englisch auf dem Stundenplan, was an diesem Vormittag von Roshita Mishra unterrichtet wird. „Ich tue mich besonders mit Grammatik und Vokabeln schwer“, sagt der zwölfjährige Corvin, der die siebte Klasse am Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium in Echterdingen besucht. Dem pflichtet Jan bei: „Grammatik und Zeitformen in Englisch sind meine Schwachstellen.“

Sport und Deutsch als Lieblingsfächer

Corvin möchte später einmal Journalist werden, sollte daher sprachlich bewandert sein, und „auch wenn ich die Welt bereisen möchte, hilft es ja Fremdsprachen zu beherrschen“. Was der 13-jährige Jan, der ans Immanuel-Kant-Gymnasiums geht, später einmal werden möchte, weiß er noch nicht. „Sport und Deutsch sind aber meine absoluten Lieblingsfächer“, sagt er.

Der Englisch-Dozentin Roshita Mishra fällt schon während dem Aufbauseminar auf, dass die Kursteilnehmer ein deutliches Lerndefizit aufweisen. Lücken, die es nun zu füllen gilt, denn „eigentlich müssten die Schüler für ihr Alter schon viel weiter sein“. Dennoch, Schuld an dieser Situation möchte sie niemanden geben. „Die Coronapandemie hat uns alle vor immense Herausforderungen gestellt, die wir meistern mussten,“ sagt die 43-jährige Ingenieurin „und das ist nun eine weitere davon“. Um die Schüler für das kommenden Schuljahr wieder fit zu machen, setzt sie ganz geschickt auf spielerische Lernmethoden.

Was das Land gegen Lernrückstände tun will

So habe die Dozentin auch ihre Kinder daheim unterrichtet, als die Schulen aufgrund der anhaltenden Pandemie geschlossen waren. „Ich lasse die Schüler beispielsweise viel miteinander auf Englisch reden und gegenseitig Fragen stellen, die sie beantworten müssen“, sagt sie. Stumpfer Frontalunterricht sei ihr fremd, denn nur wenn es den Schülern Spaß macht, könne sie ihnen auch in der Kürze der Zeit etwas beibringen. Auf der Internetseite der Volkshochschule gibt es immer noch Kurse, die bis in das kommende Frühjahr reichen, wozu Eltern ihre Kinder anmelden können. Neben Fremdsprachen und Abiturvorbereitungen werden hier auch Computerkurse angeboten.

Zusätzlich planen Bund und Länder ein gemeinsames Förderprogramm mit einem Gesamtvolumen von etwa zwei Milliarden Euro, um Lernlücken im kommenden Schuljahr aufzuholen. Auf Baden-Württemberg entfallen davon 130 Millionen Euro, hier läuft das Programm unter dem Titel „Rückenwind“. Dabei sind sowohl Fördermaßnahmen im Unterricht geplant als auch Maßnahmen, die additiv zusätzlich zum Unterricht umgesetzt werden sollen. Weitere Details zu diesem Programm möchte das Kultusministerium noch bekannt geben.