Götz George und Christiane Hörbiger in der Verfilmung von „Schtonk!“ Foto: dpa

Am 10. Februar erlebt „Schtonk“, die künstlerische Aufarbeitung der Hitler-Tagebuch-Affäre, an der Württembergischen Landesbühne Esslingen ihre Uraufführung als Theaterstück. Der Wahnsinn spielt mit.

Esslingen - Natürlich ist der Stoff zu allererst ein Stück deutscher Mediengeschichte. Im April 1983 erklärte das Magazin „Stern“, es sei im Besitz von Adolf Hitlers Tagebüchern. Die vermeintliche Sensation, die weltweit für Schlagzeilen sorgte, entpuppte sich binnen weniger Tage als pure Fälschung. Der Stuttgarter Maler und Aktionskünstler Konrad Kujau hatte mit seinen 62 dilettantischen, mit oft boulevardesken Inhalten gefüllten Bänden dem „Stern“ nicht nur 9,3 Millionen D-Mark abgeluchst, sondern den bis dahin guten Ruf des Magazins nachhaltig ruiniert.

Entfernt von der Realität

1992 haben Helmut Dietl und Ulrich Limmer aus dem Stoff die ebenso groteske wie schräge Filmkomödie „Schtonk!“ gemacht. „,Schtonk!‘ erzählt davon, wie weit sich Menschen von der Realität entfernen können, wenn sie glauben wollen, dass etwas echt ist“, sagt Marcus Grube. Der 44-Jährige ist Chefdramaturg der Württembergischen Landesbühne Esslingen (WLB) und hat die erste, von Ulrich Limmer und der Helmut-Dietl-Witwe Tamara Dietl autorisierte Bühnenfassung erarbeitet. Am 10. Februar erlebt das Theaterstück „Schtonk!“ im Schauspielhaus seine Uraufführung. Die Proben haben begonnen.

Die Idee, „Schtonk!“ auf die Bühne zu bringen, hatte der WLB-Intendant Friedrich Schirmer bereits in seiner Stuttgarter Zeit am Staatstheater. Nach dem Wechsel ans Deutsche Schauspielhaus in Hamburg hatte Schirmer die Idee wegen der örtlichen Nähe – der Stern-Skandal spielte in der Hansestadt – zunächst ruhen lassen. Von Esslingen aus hat das Führungsduo Schirmer/Grube dann einen erneuten Vorstoß bei den „Schtonk!“-Rechteinhabern Ulrich Limmer und Tamara Dietl gewagt. Nach ersten positiven Signalen hat Marcus Grube innerhalb von dreieinhalb Wochen eine Version erarbeitet, die, so Grube, einerseits „ganz nah dran an Dietl/Limmer ist, andererseits der Aufgabe des Theaters Rechnung trägt, genau und intensiv auszuloten, warum Menschen sich so verhalten, wie sie es in diesem Fall getan haben“. Für die WLB sei es „ein absoluter Glücksfall“, dass Grubes Version bei Limmer und Dietl auf so viel Gegenliebe gestoßen sei, sagt der WLB-Intendant Friedrich Schirmer.

Wieviel Wahnsinn, wieviel Normalität ist notwendig?

Eine wichtige Frage für die Umsetzung auf der Bühne sei es gewesen, wie viel Wahnsinn es brauche, aber auch wie viel Normalität notwendig sei, um den Figuren Glaubwürdigkeit und Authentizität zu verleihen. Das sei angesichts der Kujau-Tagebücher, die gelegentlich an Banalität nicht zu überbieten seien und bei denen die Stern-Reporter alle berechtigten Bedenken mit absurden Begründungen verworfen hätten, keine ganz einfache Aufgabe. Das Ziel des Abends sei es in jedem Fall, dass die Besucher in der Landesbühne genauso viel Spaß hätten wie diejenigen, die einst „Schtonk!“ im Kino gesehen haben.

Unter anderem werden Martin Theuer, Reinhold Ohngemach, Sabine Bräuning und Nina Mohr auf der Bühne stehen. Auch der ehemalige „Nachtcafé“-Moderator Wieland Backes kommt zu seinem zweiten WLB-Auftritt. Er ist dabei gleich in zwei Rollen, als Nähmaschinenfabrikant, der das erste Kujau-Bild kauft, und als Chefredakteur zu sehen. Das Kartentelefon der WLB ist unter 07 11/35 12 30 44 erreichbar. Online gibt es Tickets unter www.wlb-esslingen.de.