Die Autorin Christine Lehmann sagt, Degerloch sei ihre Urheimat. Foto: Julia Barnerßoi

Christine Lehmann lebt knapp außerhalb des Stadtbezirks. Doch das Herz der Autorin gehört Degerloch. Aus diesem Grund kommt auch in fast jedem ihrer Romane der Fernsehturm vor.

Degerloch - Seit fast 60 Jahren steht er unverändert da. Und dennoch sieht der Fernsehturm immer anders aus, findet die Stuttgarter Krimiautorin Christine Lehmann. Etwa, wenn die Spitze im Nebel verschwindet, der Vollmond hinter dem Schaft hell leuchtet oder sich die Sonne im Korb glitzernd spiegelt. Von ihrem Arbeitszimmer im Mühlrain sieht sie das Wahrzeichen und fotografiert es in jeder Lebens- und Wetterlage. Zwar wohnt Lehmann knapp jenseits der Bezirksgrenze, nämlich im Stuttgarter Süden, ihr Herz schlägt aber für Degerloch – und besonders für den Fernsehturm.

Der Fernsehturm kommt in fast jedem ihrer Romane vor

In fast jedem ihrer Romane kommt der Turm vor, erzählt die Journalistin und Autorin, die seit 1994 Bücher veröffentlicht, bei einem Treffen am Fernsehturm – wo sonst. Es ist kalt, die ersten Schneeflocken des Jahres fliegen sachte durch die Luft. Rund um das Stuttgarter Wahrzeichen ist es wie ausgestorben, der Parkplatz ist leer gefegt, der Wald ruhig. Nur im Foyer taucht einmal ein Angestellter auf. Er ist ganz verwirrt – Besucher am Fernsehturm hat er wohl schon sehr lange nicht mehr gesehen.

Zwar spielen ihre Regionalkrimis um die Reporterin Lisa Nerz und den Staatsanwalt Richard Weber nicht unmittelbar am Fernsehturm. Doch jedes Mal, wenn die Protagonistin die Stadt verlässt oder zurückkommt, gelten ihr letzter oder erster Blick der Silhouette des 217 Meter hohen Bauwerks, sagt Lehmann. Ihr selbst gehe es auch immer so: „Wenn man den Fernsehturm sieht, weiß man, dass man gleich daheim ist“, sagt sie. Außerdem sei er in der ganzen Stadt ein Orientierungspunkt.

„Mord am Degerloch“

Einer ihrer Romane spielt aber tatsächlich in Degerloch, nämlich der erste. „Mord am Degerloch“ lautet der Titel. Das Stirnrunzeln, das dieser Name bei den Stuttgartern auslöst, ist die Schriftstellerin längst gewöhnt. Müsste es doch eigentlich „in“ Degerloch heißen. Der Hamburger Verlag setzte jedoch das „am“ durch. „Die denken eben an ein Loch“, sagt Christine Lehmann.

Sie habe aber eine Erklärung, die das „am“ auch für Ortskundige wieder stimmig macht. „Degerloch bedeutet auch dichter, dunkler Wald“, sagt sie. Und das passe doch gut zu Degerloch. Dass die Leute stutzen, sehe sie sogar ganz positiv. Das bringe Aufmerksamkeit. „Nur eine Degerlocherin hat sich wüst beschwert und mir die Leserschaft gekündigt“, erzählt die Autorin.

„Degerloch ist quasi meine Urheimat“

Obwohl Lehmann im Süden lebt und in Sonnenberg aufgewachsen ist, also auch knapp außerhalb der Bezirksgrenze, gehört ihr Herz dem Filderbezirk. „Degerloch ist quasi meine Urheimat.“ Dort habe sie Freunde, dort gehe sie einkaufen oder zum Maibaumaufstellen. Im Weltladen an der Rubensstraße soll die Fairtrade-Schokolade bald mit einem Lisa-Nerz-Motiv bedruckt verkauft werden.

Mit ihrer Romanfigur hat es Lehmann übrigens 2011 vermehrt auf den Fernsehturm verschlagen. Für das Theater Rampe hatte sie ein Stück mit Lisa Nerz und Richard Weber geschrieben, das eine Spielzeit lang im Turmkorb aufgeführt wurde. Damals, erzählt Lehmann etwas wehmütig, ist sie das letzte Mal vor der Schließung auf dem Fernsehturm gewesen.