Julia Bosch weiß nun, dass großblättrige Pflanzen mehr Wasser brauchen. Foto: R. Fritzsche

Nach Gefühl gießen – das war in der Vergangenheit die Devise der Redakteurin Julia Bosch im Schreiber-Garten in Stuttgart-Möhringen. Damit lag sie falsch. Ein Experte gibt Tipps, wie man es besser macht.

Möhringen - In dem Gespräch mit Markus Schmidt fühle ich mich zunehmend ertappt: „Viele Garten-Neulinge machen das ganze Beet ein bisschen nass, da kommt aber kein Wasser bei den Wurzeln an. Das bringt überhaupt nichts.“ Der Gärtnermeister arbeitet bei Meine Ernte; über diesen Anbieter haben wir unseren Redaktionsacker an der Balinger Straße in Möhringen angemietet. Markus Schmidt kennt die typischen Fehler der Hobbygärtner: viel zu oft und viel zu wenig gießen.

„Lieber gießt man seltener, aber dafür intensiv, sodass das Wasser bis zu den Wurzeln durchdringen kann und nicht in den oberen Erdschichten bleibt“, sagt Markus Schmidt. Selbst wenn es über einen längeren Zeitraum sehr heiß und trocken ist, reiche es bei ausgebildeten Pflanzen aus, diese ein bis zwei Mal pro Woche zu gießen, sagt er. Mengenmäßig sollte man rund drei bis fünf Liter Wasser pro Quadratmeter rechnen. Jungpflanzen bilden eine Ausnahme, die müssen öfter gegossen werden: „Weil die Wurzeln noch nicht so tief sind, droht sonst das Austrocknen.“

Balkonpflanzen nicht mit Ackerpflanzen vergleichen

Viele Hobbygärtner vergleichen die Pflege ihres Gemüsegartens mit jener auf dem Balkon, sagt Markus Schmidt. „Einige Balkonpflanzen muss man im Hochsommer täglich gießen. Aber die wachsen in einem Topf und nicht auf einem Acker, das macht einen großen Unterschied.“ Der Ackerboden speichert Feuchtigkeit viel länger als Blumenerde in einem Topf. Um zu erkennen, ob eine Pflanze auf dem Acker Wasser benötigt, empfiehlt sich die Kratzprobe: Mit der Hacke oder dem Schuh ein paar Zentimeter der Erdoberfläche wegkratzen und nachsehen, wie der Boden unter der obersten Erdschicht ist: Ist er dunkel und feucht, benötigt die Pflanze kein Wasser. Ist die Erde hell wie die oberste Schicht, sollte man gießen.

Nicht erschrecken sollten Hobbygärtner, wenn im Sommer das Gemüse zur Mittagszeit seine Blätter hängen lässt: „Das bedeutet nicht, dass Wasser fehlt, sondern ist ein natürlicher Schutzmechanismus“, sagt Markus Schmidt. Die Pflanzen, insbesondere die großblättrigen wie Zucchini oder Kürbis, senken ihren inneren Wasserdruck, um der Verdunstung entgegenzuwirken. Generell brauche Gemüse mit großen Blättern etwas mehr Wasser, sagt Schmidt. Sellerie oder Kohl müssen daher intensiver gegossen werden als beispielsweise Zwiebeln oder Kartoffeln, die kaum Gießwasser brauchen. Immer feucht gehalten werden muss unterdessen die Brunnenkresse.

In manchen Sommern muss man überhaupt nicht gießen

Bei den Gießzeiten empfiehlt Markus Schmidt, es nicht zu streng zu nehmen: „Es ist ja immer auch eine Frage der persönlichen Logistik. Wer nur mittags Zeit hat zu gießen, der gießt eben mittags.“ Generell gilt mittags Bewässern als nicht optimal, weil die Wassertropfen auf den Blättern wie eine Lupe wirken und die Blätter dadurch regelrecht verbrennen können. In feuchten Sommern ist es am besten, wenn man frühmorgens gießt. Denn über abendliches Gießen freuen sich eben nicht nur die Pflanzen, sondern auch Schnecken. Außerdem begünstigt die Feuchtigkeit in der Nacht Pilzkrankheiten. In trockenen Sommern wie in diesem Jahr hat abendliches Gießen den Vorteil, dass das Wasser über Nacht tief in die Erde einziehen kann, wenn die Verdunstung durch die Sonne stoppt.

Markus Schmidt betont, dass es durchaus auch Sommer gebe, in denen man das Gemüse auf dem Acker überhaupt nicht bewässern muss – „für diesen extrem heißen Sommer gilt das jedoch nicht“. Zwischen den Gemüsereihen zu gießen, kann man sich aber schenken: Zum einen verschwendet das unnötig Wasser, zum anderen befördert dies das Unkrautwachstum. Am besten ist es übrigens, wenn man das Gießen durch Hacken ersetzt. Nicht umsonst gibt es den alten Gärtnerspruch: „Einmal Hacken spart drei mal Gießen.“ Beim Hacken zerschlägt man die sogenannten Kapillare, also die langen Hohlräume im oberen Erdbereich. Das verhindert Verdunstung – das im Boden vorhandene Wasser kommt den Pflanzen zugute.