Im Schottenrock zum Wahllokal: Schottland stimmt über die Unabhängigkeit ab. Foto: Getty Images Europe

"Yes" oder "No" - die Schotten haben es in der Hand: Geht Schottland in die Unabhängigkeit oder bleibt es bei Großbritannien. Seit 7 Uhr Ortszeit sind die Wahllokale geöffnet.

"Yes" oder "No" - die Schotten haben es in der Hand: Geht Schottland in die Unabhängigkeit oder bleibt es bei Großbritannien. Seit 7 Uhr Ortszeit sind die Wahllokale geöffnet.

Edinburgh - In Schottland hat die Abstimmung über die Unabhängigkeit des Landes von Großbritannien begonnen. Es ist ein Votum von historischem Ausmaß. Seit 7 Uhr Ortszeit haben die Schotten die Möglichkeit, ihre Stimme für oder gegen die Loslösung von Großbritannien abzugeben. Ein „Ja“-Votum würde das 307 Jahre lange Zweckbündnis zwischen England und Schottland beenden.

„Ich hoffe, dass Großbritannien vereint bleibt“, schrieb US-Präsident Barack Obama auf Twitter.

Mit ersten Ergebnissen aus den 32 Stimmbezirken wird am frühen Freitagmorgen gerechnet, ein Endergebnis soll gegen 8 Uhr (MESZ) verkündet werden. Die Meinungsforscher haben bis zum Schluss ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorhergesagt.

Schlangen vor den Wahllokalen

Die Wahlleitung rechnete am Donnerstag mit einer in Schottland bisher nie dagewesenen Wahlbeteiligung. Demoskopen prognostizierten mehr als 90 Prozent. Bereits am frühen Morgen nach Öffnung der Wahllokale hatten sich vor einigen der 2608 Wahllokale Schlangen gebildet. Auch Mädchen und Jungen in Schuluniformen reihten sich ein. An der Abstimmung dürfen Wähler ab 16 Jahren teilnehmen.

Britische Kommentatoren sahen wegen des großen Interesses und der durchdringenden politischen Debatte unabhängig vom Ausgang einen „Sieg für die Demokratie.“

Während des teils hitzig geführten Wahlkampfes hatten sich 97 Prozent der 4,4 Millionen Wahlberechtigten für die Abstimmung registrieren lassen. Damit können maximal 4,29 Millionen Menschen ihre Stimme abgeben.

Stimmzettel haben langen Weg

Die Stimmzettel müssen von entlegenen Inseln wie den Äußeren Hebriden oder den Orkneys teils per Schiff, Flugzeug und Hubschrauber zur Auszählung gebracht werden. In der Hauptstadt Edinburgh erfolgt dann eine zweite Prüfung.

Schottland genießt bisher nur Teilautonomie innerhalb des britischen Staatsgebildes. Die Befürworter der Unabhängigkeit, die den Plänen zufolge 2016 in Kraft treten soll, erhoffen sich mehr wirtschaftlichen Wohlstand und kürzere Entscheidungswege.

Während des Wahlkampfes war besonders Großbritanniens Premierminister David Cameron unter Druck geraten. Cameron wird vorgeworfen, die Unabhängigkeitsbewegung nicht ernst genommen und die Gefahr einer Abspaltung unterschätzt zu haben. Sein Last-Minute-Versprechen, Schottland weitere Autonomie zu gewähren, stößt in weiten Teilen Englands auf Kritik.

So wollen berühmte Schotten abstimmen

Schottland genießt bisher nur Teilautonomie innerhalb des britischen Staatsgebildes. Die Befürworter der Unabhängigkeit, die den Plänen zufolge 2016 in Kraft treten soll, erhoffen sich mehr wirtschaftlichen Wohlstand und kürzere Entscheidungswege. Die Umfragen sagten bis zuletzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus, mit leichten Vorteilen für das Lager der Unabhängigkeitsgegner.

Die Meinungsforscher gehen von einer historisch großen Wahlbeteiligung von mehr als 90 Prozent aus. 97 Prozent der 4,4 Millionen Wahlberechtigten hatten sich für die Abstimmung registrieren lassen. Damit können maximal 4,29 Millionen Menschen ihre Stimme in einem der 2608 Wahllokale abgeben.

Die wichtigsten Argumente für "Yes"

Demokratie: Schottland wählt Labour oder SNP, also sozialdemokratisch. In London dagegen regiert der Konservative David Cameron mit seinen Tories - auch über Schottland. Als unabhängiger Staat könnten die Schotten über ihre Regierung selbst bestimmen.

Öl: Der allergrößte Teil der britischen Öl-Vorräte schlummert unter schottischem Meeresboden. Wird das Land unabhängig, kann es über Steuereinnahmen aus den Gewinnen der Ölkonzerne selbst verfügen.

Atomwaffen: Schottland beherbergt in der Militärbasis Faslane britische Atomwaffen, die es nicht haben will. Wäre das Land selbstständig, könnte es die Waffen in absehbarer Zeit loswerden.

Näher dran: Schottlands Probleme, Schottlands Lösungen. London ist zu weit weg, eine mit allen Kompetenzen ausgestattete Regierung in Edinburgh weiß besser, was gut für ihr Volk ist.

Andere können es auch: Gern verweist Edinburgh auf Norwegen, das wie Schottland gut fünf Millionen Einwohner hat und von seinen Erdöl-Vorkommen profitiert. Auch Finnland und Dänemark sind nicht viel größer, aber angesehene Staaten.

Die wichtigsten Argumente für "No"

Währung: Die Bank of England regelt den Verkehr des britischen Pfunds. Spaltet sich Schottland ab, ist sie nach Darstellung Londons nicht mehr zuständig - und Schottland steht ohne eigene Währung und Zentralbank da.

Arbeitsplätze: Geht der britische Binnenmarkt verloren, geraten laut „Better-together“-Kampagne bis zu 600.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Denn so viele Schotten seien bei Unternehmen beschäftigt, die entweder ihren Sitz außerhalb Schottlands haben oder deren wichtigster Absatzmarkt Rest-Britannien ist.

Sicherheit: Großbritannien hat ein Verteidigungsbudget von 34 Milliarden Pfund (ca. 42,6 Milliarden Euro) und schützt damit seine Bürger - auch im Norden. Das vorgesehene Budget in einem unabhängigen Schottland ist sehr viel kleiner. Das hält London für gefährlich, etwa wegen der Cyber-Kriminalität. Außerdem gingen Zehntausende Jobs bei Militär und Sicherheitsdiensten verloren.

Renten und Sozialsystem: Im Vereinigten Königreich verteilen sich die Kosten für soziale Leistungen auf mehrere Schultern. Schottlands Bevölkerung altert schneller als der britische Durchschnitt und profitiert bei den Renten deswegen in besonderem Maße. Laut nationalem Statistikamt hat Schottland von allen Teilen Großbritanniens die niedrigste Geburtenrate.

EU: Großbritannien ist eines der einflussreichsten EU-Länder. Dass Schottland überhaupt EU-Mitglied werden könnte, ist keine ausgemachte Sache. Außerdem fiele wohl der Briten-Rabatt weg.