Wie geht es jetzt weiter nach dem Referendum in Schottland? Foto: dpa

Die Absage der Schotten an die eigene Unabhängigkeit hat das gesamte Vereinigte Königreich aufgewühlt. Alle sind sich einig: Es kann nicht einfach weitergehen wie bisher. Aber was genau soll passieren?

Die Absage der Schotten an die eigene Unabhängigkeit hat das gesamte Vereinigte Königreich aufgewühlt. Alle sind sich einig: Es kann nicht einfach weitergehen wie bisher. Aber was genau soll passieren?

Edinburgh - Nach dem gescheiterten Unabhängigkeits-Referendum in Schottland streiten Großbritanniens Parteien über eine Reform des politischen Systems. Premierminister David Cameron versprach am Sonntag nicht nur den Schotten, sondern auch den anderen Landesteilen England, Wales und Nordirland mehr Autonomie. Wie dieses Versprechen umgesetzt werden soll, ist vor allem im Falle Englands umstritten. Denn der mit Abstand größte Teil Großbritanniens hat anders als die drei anderen Landesteile kein eigenes Regionalparlament.

„Ich habe die vergangenen zehn Jahre über argumentiert, dass wir „englischen Stimmen für englische Gesetze“ brauchen“, schrieb Cameron auf Facebook. Er hatte unmittelbar vor dem Referendum am Donnerstag den Schotten mehr Kompetenzen versprochen, wenn sie im Vereinigten Königreich bleiben. Damit verärgerte er Teile seiner konservativen Tory-Partei. Sie sind nicht einverstanden damit, dass alle Gesetze für England und viele für Wales im britischen Unterhaus gemacht werden, wo auch schottische Abgeordnete mit abstimmen.

Am Montag will der Premier sich auf seinem Landsitz mit wichtigen Parteifreunden treffen, um die Reform zu diskutieren. Kommentatoren werteten das als Versuch Camerons, nicht einmal acht Monate vor den britischen Unterhaus-Wahlen einen Aufstand in den eigenen Reihen zu verhindern.

Geteilte Meinung in Schottland

Der von Tory-Seite favorisierte Vorschlag, schottische Abgeordnete von Abstimmungen über englische Gesetze auszuschließen, stößt allerdings bei der oppositionellen Labour-Partei auf Kritik. Er würde die Sozialdemokraten schwächen, denn von den 59 schottischen Abgeordneten gehören 40 zu Labour und nur 1 zu den Konservativen.

Vor Beginn des letzten Labour-Parteitags vor den Unterhauswahlen sagte Parteichef Ed Miliband am Sonntag der BBC, der Machttransfer von London nach Edinburgh und die Reformen in England müssten getrennt werden. Er sei nicht dafür, ein zweites, für England zuständiges Parlament zu schaffen, wolle aber auch nicht „zwei Klassen“ von Parlamentariern im Westminster-Parlament. Einen eigenen Vorschlag machte Miliband nicht. Der Parteitag im nordenglischen Manchester dauert bis am Mittwoch.

Schottlands Ministerpräsident Alex Salmond warf den Londoner Parteien mit Blick auf den Streit vor, sie hätten die „Nein“-Wähler gegen die Unabhängigkeit ausgetrickst. „Sie scheinen in dieser Hinsicht völlig schamlos zu sein“, sagte er der BBC. Rund 55 Prozent der Schotten hatten gegen die Abspaltung von Großbritannien gestimmt. Nach dieser Niederlage hatte Salmond seinen Rücktritt angekündigt.

Nachdem das Referendum am Donnerstag weitestgehend friedlich abgelaufen war, kam es in Schottlands größter Stadt Glasgow in der Nacht zum Samstag zu kleineren Ausschreitungen zwischen Anhängern und Gegnern der Unabhängigkeit. Sechs Menschen wurden vorübergehend festgenommen, teilten die Sicherheitskräfte mit. Am Sonntag feierte die schottische Landeskirche einen Gedenkgottesdienst in Edinburgh, an dem rund 1000 Menschen teilnahmen.