Glücksbringer Jonas Schwanauer und Alina Schulz Foto: Simon Granville/Simon Granville

Zwei Schornsteinfeger haben im Kreis Ludwigsburg einen Mann wiederbelebt, der einen Herzinfarkt erlitten hat und ohne das schnelles Eingreifen vermutlich nicht überlebt hätte.

Diesen einen Mittwoch im September werden ein paar Leute nicht so schnell vergessen. Allen voran wohl der Mann, der den Tag seither als seinen zweiten Geburtstag feiern wird: Um die Mittagszeit war der 69-Jährige aus Stuttgart in Kornwestheim unterwegs, als er auf offener Straße zusammenbrach. Herzinfarkt. Sein großes Glück waren zwei Glücksbringer im wahrsten Wortsinn: Die Schornsteinfegermeisterin Alina Schulz und ihr Mitarbeiter Jonas Schwanauer.

Alina Schulz kam gegen 12 Uhr gerade zurück ins Büro des Schornsteinfegerbetriebs, den sie gemeinsam mit ihrem Mann führt. „Ich hatte etwas Luft bis zum nächsten Termin“, erinnert sich die 33-Jährige. Da kam ihr Mitarbeiter Jonas Schwanauer zur Tür hereingestürmt. „Draußen liegt jemand.“ Die beiden schnappten sich eine Decke und den Erste-Hilfe-Kasten und liefen auf die Straße.

Was dann passierte, „war mehr als nur erste Hilfe, das war Lebensrettung“, formuliert es die Kornwestheimer Oberbürgermeisterin Ursula Keck, die den beiden Schornsteinfegern für ihren Einsatz am Montag offiziell im Rathaus ihren Dank aussprach.

Die Mund-zu-Mund-Beatmung kostet oft Überwindung

Der Mann lag mitten auf der Alexanderstraße. Alina Schulz und Jonas Schwanauer setzen den Notruf ab und kümmerten sich um den Patienten. „Er hatte keinen Puls, sein Kopf war schon blau“, berichtet die Schornsteinfegerin. Sie drehte ihn auf den Rücken, lockerte seinen Gürtel, drückte die Zunge hinunter. Kein Puls, keine Atmung. „Jonas, wir müssen reanimieren“, sagte die 32-Jährige zu ihrem Mitarbeiter. Er übernahm die Herz-Lungen-Massage, sie die Mund-zu-Mund-Beatmung.

Eine anstrengende Erfahrung, die durchaus Überwindung kostet. Das bestätigt der Kornwestheimer Feuerwehrkommandant und Notfallsanitäter Matthias Häußler, der ebenfalls am Einsatzort war. „Viele haben da eine Blockade“, weiß er aus Erfahrung. Aber Alina Schulz hat einfach gehandelt. Hat entschieden, dass sie die Beatmung übernimmt, auch wenn das eine Überwindung ist, zumal bei einem völlig Fremden. „Es war gar keine Zeit zum groß Nachdenken“, sagt sie.

Die Gummihandschuhe und das Beatmungstuch hat sie im Erste-Hilfe-Kasten zwar kurz gesucht, beides aber schlicht übersehen. Inzwischen hängt an jedem Schlüsselanhänger im Betrieb ein solches Tuch, klein gefaltet, für den Notfall. Und in den Autos liegen auch welche.

Etwa fünf Minuten waren Alina Schulz und Jonas Schwanauer ganz auf ihren Patienten fokussiert, dann kamen Matthias Häußler und ein Kollege. Und mussten den bewusstlosen Mann nicht komplett übernehmen, sie arbeiteten einfach mit den beiden Ersthelfern Hand in Hand weiter, bis schließlich auch der Rettungsdienst kam.

Bei einem Herzinfarkt zählt jede Sekunde

Selbst der Notarzt sei fasziniert gewesen, was bis zu seinem Eintreffen schon alles passiert war, berichtet Matthias Häußler. Und dadurch hatte der Mann mit dem „fulminanten Herzinfarkt“, wie es der Notarzt ausdrückte, auch die besten Chancen. OP, Herzschrittmacher, Stents, Intensivstation, Normalstation, Reha . . . Einen vorbildlichen Verlauf nennt es Häußler. Einen, den der Mann ohne das beherzte Eingreifen von Alina Schulz und Jonas Schwanauer vermutlich nicht gehabt hätte, denn bei einem Herzinfarkt zählt jede Sekunde.

Alina Schulz findet ihren Einsatz selbstverständlich. Als Kind war sie mal beim Roten Kreuz und beruflich besucht sie ebenfalls Erste-Hilfe-Kurse. Dadurch habe sie gut reagieren können. Außerdem: „Ich kann bei so etwas doch nicht die Augen zumachen und weitergehen“, sagt die Schornsteinfegerin. „Wenn man sieht, dass jemand in Not ist, ist klar, dass ich helfe.“