Bei der Arbeit als Schornsteinfeger trägt Peter Gsandner nie Zylinder, fürs Foto hat er ihn dann doch einmal aufgesetzt. Foto: privat

Schornsteinfeger gelten traditionell als Glücksbringer zum Jahreswechsel, auch diesmal, wenn sich die Einführung der neuen Regeln für Schornsteinfegerarbeiten zum zehnten Mal jährt. Der Schornsteinfegermeister Peter Gsandner aus Ditzingen hat von Berufs wegen Erfahrung mit beiden Phänomenen.

Jetzt stehen sie wieder in den Konditoreien und Bäckereien: die winzigen Schweinchen, die vierblättrigen Kleeblätter, manchmal ein paar Marienkäfer, Hufeisen und oft die Miniatur-Schornsteinfeger – als Kuchenschmuck oder aus Marzipan. Die Verwendung eines Berufsstandes als Glücksbringer zum Jahreswechsel kommt daher, dass der klassische Schornsteinfeger gewissermaßen qua Amt Glück in der Variante Abwesenheit von Unglück brachte, indem er durch seine Reinigungstätigkeit die Hausbewohner vor Ruß- und Hausbrand oder dem Erstickungstod bewahrte: „Er hat dafür gesorgt, dass die Häuser und Städte nicht abgebrannt sind“, sagt Peter Gsandner (56), Schornsteinfeger seit 40 Jahren und zugleich Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Ditzingen.

Der Schornsteinfeger als Glücksbringer ist weniger gefragt

Es komme immer noch manchmal vor, dass Passanten auf seine traditionelle Rolle als Glücksbringer reagierten, erzählt Gsandner, „aber sehr, sehr wenig“. Nur noch selten würden ihm Leute über die Schulter spucken wollen oder dem schwarz gewandeten Dienstleister gegenüber bekunden: „Ich muss Sie anfassen, dann habe ich Glück!“ Die Zeiten haben sich geändert: „Vor 40 Jahren, als ich in die Lehre gekommen bin, war das noch anders. Da sind Leute gekommen und haben gesagt: ,Au, jetzt brauche ich einen Knopf und muss an meinem Knopf drehen und dann bringt mir’s Glück.‘ Das hat nachgelassen.“

Wobei sich das Erscheinungsbild des Ditzinger Schornsteinfegermeisters vor allem zum oberen Ende hin signifikant von der Anmutung des Konditoreien-Schornsteinfegers unterscheidet: „Schwarze Kleidung: ja. Koller und schwere Hose. Ich bin seit 40 Jahren Schornsteinfeger, habe einen Zylinder, aber habe bei der Arbeit noch nie einen Zylinder getragen.“ Dagegen führt Peter Gsandner gleich zwei gute Gründe an: „Mit Zylinder wäre ich weit über zwei Meter, und dann müsste ich überall den Kopf einziehen. Und der Zylinder ist im Sommer sehr, sehr warm.“ Die Konsequenz: „Wir tragen Baseballkappen.“ Ein Meisterschul-Kollege von Gsandner bei Offenburg trage hingegen nur Zylinder.

Mit einem Zylinder müsste er den Kopf einziehen

Völlig unabhängig von ihrer Kopfbedeckung markiert der kommende Jahreswechsel für Schornsteinfeger ein Jubiläum. Denn am 1. Januar 2013 traten hierzulande neue Regeln für Schornsteinfegerarbeiten in Kraft. Vor zehn Jahren wurde das sogenannte Kehrmonopol in weiten Teilen aufgehoben. Hausbesitzer sind seither für die meisten einschlägigen Arbeiten nicht mehr an den Bezirksschornsteinfeger gebunden, Schornsteinfeger für die meisten einschlägigen Arbeiten nicht mehr an die Gebührenordnung.

Eine Folge für Peter Gsandner: „Wenn ich damals Ende Dezember nicht alle Gebäude in meinem Kehrbezirk abgearbeitet hätte, dann wäre ich in der Verantwortung gewesen. Inzwischen ist der Kunde in der Verantwortung, dass er die Termine, die auf dem Feuerstellenbescheid gesetzt werden, einhält.“

„Schlechter geworden ist es nicht“

Als Bezirksschornsteinfeger führt Gsandner weiterhin die sogenannten hoheitlichen Tätigkeiten durch: „In sieben Jahren zweimal die Feuerstellenschau und die Bauabnahme. Dafür gibt es eine Gebührenordnung. Aber Kehr- und Überprüfungstätigkeiten können wir inzwischen frei kalkulieren. Und es gibt Kunden, die mehr Dienstleistung wollen und bereit sind, dafür zu zahlen.“

Bei der Einführung vor zehn Jahren habe er die neuen Regeln „ein bisschen skeptisch gesehen“, so erinnert sich Gsandner, „bei uns war ja alles geregelt.“ Nach einem Jahrzehnt bilanziert er: „Schlechter geworden ist es nicht.“ Früher seien den Bezirksschornsteinfegern etwa Nebentätigkeiten untersagt gewesen, nun könne er zum Beispiel auch Rauchmelder verbauen.

Dazu kommt: „Wenn ein Kunde mit seinem Schornsteinfeger nicht kann, hat er heute die Möglichkeit, sich seinen Schornsteinfeger selbst auszusuchen. Wenn ich mit einem Kunden nicht unbedingt kann, kann ich ihm sagen: ,Sie haben das Recht, sich einen Schornsteinfeger auszusuchen.‘ Früher hat man als Schornsteinfeger den Kunden bedienen müssen, ob er einem gefallen hat oder nicht.“ Gsandner wartet freilich nicht, bis der Kunde anruft, sondern hängt wie früher seine „Zettele“ mit Terminvorschlag hin, „und der Kunde sagt ja oder nein“.

Damit möglichst viele ja sagen, muss er zum Jahreswechsel keine Glücksbringer verschenken: „Wir verschenken das ganze Jahr über kleine Schornsteinfeger an die Kundschaft, vor allem an Kinder, so Plastikdinger.“