Jaques Vagheni von dem kongolesischen Radio- und Fernsehverbund Coracon und Alexei Wenediktow, Chef des verbotenen russischen Radiosenders Echo Moskwy Foto: Gottfried Stoppel

Der Schorndorfer Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit geht an einen kongolesischen Fernseh- und Radioverbund sowie einen russischen Radio-Chefredakteur. Die Journalisten setzen sich durch ihre Arbeit großen Gefahren aus.

Sie sind in völlig unterschiedlichen Kulturkreisen und an unterschiedlichen Orten der Welt tätig, doch sie eint ein Ziel: Menschen sollen sich dank ihrer Recherchen selbst eine Meinung bilden können, sollen Zugang zu unabhängigen Informationen, Nachrichten und zu verschiedenen Sichtweisen erhalten. Für ihren Einsatz dafür sind am Sonntag der russische Journalist Alexei Wenediktow und der kongolesische Radio- und Fernsehverbund Coracon in Schorndorf mit dem Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit ausgezeichnet worden.

Unbedingter Glaube an die Veränderbarkeit

Coracon, ein Verbund von mehr als 40 lokalen TV- und Radiostationen, setze der im Ostkongo herrschenden brutalen Gewalt und Armut „den unbedingten Glauben an die Veränderbarkeit der Zustände durch Information, Aufklärung und Bildung entgegen“, heißt es in der Begründung des Kuratoriums der Palm-Stiftung. Seine Journalistinnen und Journalisten setzten dafür täglich ihr Leben aufs Spiel. Das bestätigte auch Judith Raupp, ehemalige Politik-Redakteurin der „Süddeutschen Zeitung“, die sich als Journalistenausbilderin in dem Land engagiert, das seit vielen Jahren von politisch- gesellschaftlichen Verwerfungen, Gewalt, Epidemien und Naturkatastrophen gebeutelt wird. Sie hielt die Laudatio auf den Lokaljournalistenverbund Coracon, der durch seinen Koordinator Jaques Vagheni vertreten war. Der Preis zolle den Kollegen dort Respekt und Anerkennung und sei hoffentlich geeignet, auf eine schon lange andauernde, aber weithin vergessene humanitäre Krise aufmerksam zu machen. „Ein Krieg ist schlimm“, sagte Judith Raupp, „aber er ist besonders schlimm, wenn er von der Welt ignoriert wird.“ Jaques Vagheni schloss denn seinen Dank für die Preisverleihung auch mit den Worten: „Helfen Sie uns mit, die Verantwortlichen anzuprangern.“

Verleumdung als Auszeichnung

Alexei Wenediktows Nominierung für den Palm-Preis ist nicht unumstritten gewesen. Schließlich habe sein Radiosender Echo Moskwy auch Kontakte in den Kreml gepflegt. Dass dieser nur eine Woche nach Beginn des Kriegs in der Ukraine verboten und er und seine Mitstreiter zu ausländischen Agenten erklärt wurden, zeige eindeutig, wo der langjährige Chefredakteur, der als guter Journalist in alle Richtungen recherchiert habe, wirklich gestanden habe, betonte der frühere Moskauer Botschafter Rüdiger von Fritsch, der die Laudatio auf Wenediktow hielt. Diese Verleumdungen trügen Wenediktow und seine Kollegen, die über andere Kanäle weiter aus Russland berichten, nun wie einen Ehrentitel, so von Fritsch. „Er und sein Team verteidigten die Prinzipien eines unabhängigen Journalismus gegen die Propaganda des autokratischen Regimes. Mit ihrer kritischen Grundhaltung bewegten sie sich oft hart am Rande dessen, was gerade noch sagbar war – und darüber hinaus“, so das Kuratorium in seiner Begründung.

Ursprünglich hatte dieses gemeinsam mit Wenediktow auch das Institute of Mass Information (IMI) aus der Ukraine auszeichnen wollen – gewissermaßen als Brückenschlag zwischen den Konfliktparteien. Doch die unabhängige Nichtregierungsorganisation, die schon längere Zeit Projekte zur Stärkung des positiven Einflusses der Medien auf die Gründung der Zivilgesellschaft in der Ukraine durchführt, signalisierte, den Preis nicht annehmen zu wollen. Er bedaure das sehr, sagte Wenediktow in Schorndorf, aber „ich verstehe sehr gut, dass sie hier nicht neben mir stehen wollen. Schließlich ist es meine Regierung, die ihr Land mit Bomben bewirft.“

Johann-Philipp-Palm-Preis

Person
Der 1766 in Schorndorf geborene Johann Philipp Palm veröffentlichte im Verlag seiner Buchhandlung, die er in Nürnberg betrieb, ein gegen Napoleon gerichtetes Pamphlet mit dem Titel „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung“, eine Reaktion auf die Besetzung Nürnbergs durch die französischen Truppen. Dafür wurde er verhaftet, zum Tode verurteilt und schließlich 1806 in Braunau am Inn hingerichtet.

Preis
Der mit 20 000 Euro dotierte Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit wird seit 2002 alle zwei Jahre vom Kuratorium der Palm-Stiftung verliehen. Zuletzt war er der jemenitischen Aktivistin und Buchautorin Bushra Al-Maktari sowie dem chinesischen Buchautor und Verleger Gui Minhai zugesprochen worden.