Karin Eckstein hat als Kinderkrankenpflegerin im Stuttgarter Olgahospital angefangen. Jetzt hat sie für ihre „Familienherberge Lebensweg“ den Schorndorfer Barbara-Künkelin-Preis erhalten.
Es hat unter den bisher 20 Frauen oder Frauengruppen, die seit 1984 mit dem Barbara-Künkelin-Preis bedacht wurden, schon viele gegeben, die Großartiges geleistet haben. Ein Nebeneffekt war, dass das jeweilige Vorhaben dadurch noch ein wenig mehr Schub erhielt und die öffentliche Wahrnehmung gesteigert wurde.
Noch mehr Wertschätzung und Aufmerksamkeit verdient auf jeden Fall jenes Projekt, das die heute 60-jährige Karin Eckstein vor mehr als zehn Jahren als ihre Lebensaufgabe initiiert hat und für das sie am Sonntag in der Barbara-Künkelin-Halle ausgezeichnet wurde. Die frühere Kinderkrankenschwester, die im Stuttgarter Olgahospital ausgebildet wurde, ist Gründerin der „Familienherberge Lebensweg“. Diese liegt im Enzkreis in Illingen-Schützingen, wie Schorndorf also rund 30 Kilometer von Stuttgart entfernt, aber eben im Nordwesten der Landeshauptstadt.
Die „Herberge“ wurde 2018 eröffnet
Das einstige landwirtschaftliche Anwesen ihrer Familie wurde abgerissen beziehungsweise umgebaut. Seit 2018 ist dieser Rückzugsort in Betrieb und soll Familien mit pflegebedürftigen Kindern ermöglichen, zur Ruhe zu kommen oder Urlaub zu machen. Die Kinder mit Behinderung und deren Familien werden durch pflegegerecht ausgestattete Kurzzeitwohnplätze und eine fürsorgliche Rundum-Betreuung unterstützt, damit diese Herberge für Eltern und Geschwisterkinder ein Ort der Entspannung, ja eine Oase werden kann.
Welche Bedeutung dieses Haus hat, erläuterte Leslie Klitzke in ihrer Laudatio aus eigenem Erleben. Sie ist Leiterin der Elterngruppe Stuttgart des Vereins „Mein Herz lacht“, zu der 70 Familien mit kranken Kindern gehören. Ihre Tochter Philippa ist mehrfach behindert, berichtete Leslie Klitzke in ihrer Rede, was eine intensive Rundumbetreuung samt Sauerstoffgerät erforderlich macht. Und oft komme auch die Frage: „Habe ich noch Kapazitäten für unsere drei jüngeren Mädchen?“
Für sie steht fest: „Ohne die Familienherberge Lebensweg hätte ich bestimmt nicht die Kraft, hier zu stehen.“ Die Einrichtung unterstütze die vielen „stillen Helden“, die Mütter und Väter, die sich „im Vollstress“ um die Pflege ihrer Kinder kümmern – und das seien viele. „Denn es sind 190 000 Familien in Deutschland, die ein schwerstkrankes oder behindertes Kind haben.“ Doch während die Pflege erwachsener, älterer Menschen oft diskutiert werde, gelte die Pflege junger Menschen oft „als Randnotiz“.
„Das Wunder hinter dem Dorf“
Klitzke erwähnte auch das Buch von Klaus André Eickhoff über das Projekt in Schützingen. Titel: „Das Wunder hinter dem Dorf“. Dieses Wunder „gedeiht nun seit sieben Jahren“, erläuterte die Laudatorin – als eine „Oase zum Kraftschöpfen“, als „Ort, an dem man einfach mal rauskommen, abschalten, durchatmen kann“.
Klitzke wie auch die anderen Redner am Sonntagvormittag zitierten immer wieder Karin Ecksteins Leitmotto: „Wenn wir nicht klein anfangen, wird das Große nicht passieren.“ Die Geehrte selbst, die während ihrer Dankesrede ein paar Tränen der Rührung nicht verbergen konnte, ging auf die mit dem Barbara-Künkelin-Preis verbundene Skizzierung ein, es würden „rebellische und mutige Frauen“ geehrt: Ihre Eltern hätten sie sicher ähnlich beschrieben, nämlich als „dickköpfig“ und „immer die Klappe offen“.