Debatten im Gemeinderat um den Neubau für die Schorndorfer Stadtbücherei Foto: Stoppel/Archiv

Weil Schorndorf für Pflichtaufgaben tief in die Tasche greifen muss, wird wieder über den Neubau diskutiert.

Schorndorf - Vor ziemlich genau einem Jahr ist der Neubau der Stadtbücherei am Archivplatz beschlossen worden – nachdem der Gemeinderat viele Jahre um den richtigen Standort und den richtigen Entwurf gerungen hat. Trotzdem wäre das Projekt fast auf die Streichliste gerutscht: „Es wurden verschiedene Alternativen diskutiert, auch ein Verzicht der Realisierung. Der Gemeinderat hat sich jedoch bei seiner Sondersitzung ausdrücklich zu diesem Projekt bekannt“, sagte Thorsten Englert Ende Oktober in seiner Haushaltsrede.

4,7 Millionen für die Schulen

Der Grund, warum über die neue Stadtbücherei als „Kür“ überhaupt wieder diskutiert wurde, sind die vielen Pflichtaufgaben der Stadt: etwa die Sanierungen der Schulen, für die im kommenden Jahr allein 4,7 Millionen Euro eingeplant sind, oder den Ausbau der Kinderbetreuung. Noch gar nicht eingerechnet waren da die drei Millionen Euro, die nun für das Interimsquartier der Rainbrunnen Grundschule benötigt werden. Investiert werden soll in die Digitalisierung der Stadt und den Breitbandausbau. Hier gibt es einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen, dass die Stadtwerke in die Lage versetzt werden sollen, diesen selbst zu schultern – unter anderem mithilfe einer Eigenkapitalanlage in die Stadtwerke von jeweils einer Million in den kommenden drei Jahren. Des Weiteren soll bezahlbarer Wohnungsraum geschaffen werden. Rund 30 Millionen Euro sollen in diesen Bereich bis 2022 investiert werden. Und nicht zuletzt belastet die Remstal-Gartenschau den Haushalt.

Insgesamt sind im Entwurf des städtischen Haushalts rund 25 Millionen Euro für Investitionen eingeplant. Ohne Neuverschuldung lassen sich diese Summen nicht stemmen, „bei einem anderen Zinsniveau hätten wir Probleme“, sagte Thorsten Englert. Nach seiner Prognose liegt der Schuldenstand der Stadt Ende des Jahres bei rund 24,3 Millionen und steigt bis Ende 2019 auf 49,7 Euro.

Geschätzte Baukosten von knapp neun Millionen Euro

Thorsten Englert und OB Matthias Klopfer haben sich in ihren Reden trotzdem stark dafür gemacht, die Stadtbücherei wie geplant zu bauen – auch wenn der Finanzbürgermeister mittlerweile von Baukosten zwischen 8,7 und neun Millionen Euro ausgeht. Noch vor einem Jahr lag der Kostenrahmen bei 6,7 Millionen. Drei Punkte sprechen aus Sicht der städtischen Führungsspitze für das Projekt: weil es notwendige Frequenz in die Innenstadt bringt, weil die Zuschüsse des Landes in Höhe von 4,2 Millionen Euro jetzt gesichert sind und weil ein Vergabeverfahren gewählt werden soll, das Kostensicherheit garantiert. „Wir nehmen uns die notwendige Zeit für eine ausführliche Planung und verschieben den Baubeginn um ein Jahr auf 2021“, so lautete der Vorschlag von Thorsten Englert.

In den Haushaltsreden der Fraktionen wurde jedoch deutlich, dass es dazu unterschiedliche Meinungen gibt. Während die CDU den Vorschlag mitträgt, „um negative Schlagzeilen wegen explodierender Baukosten zu vermeiden“, wie Fraktionssprecher Hermann Beutel es formulierte, forderte die SPD eine Einhaltung des Zeitplans: „Wir brauchen dringend eine größere, gut ausgestattete Bücherei“, sagte Heidi Rapp. Auch die Fraktion der FW/FDP will das Projekt nicht schieben – im Interesse der Innenstadt –, und die Grünen sehen die Bücherei als vordringliche Aufgabe.

Dem kann Büchereileiterin Marianne Seidel nur zustimmen: „Wir haben ganz schlechte Bedingungen in unserem alten Haus, und je länger dieser Zustand anhält, desto mehr gehen unsere Besucherzahlen zurück“, betont sie. Das Team investiere viel Energie in Angebote für Kinder und Jugendliche, was sich letztendlich nur auszahle, wenn diese etwas Interessantes in der Bücherei vorfinden könnten – nicht nur in Bezug auf den Lesestoff, sondern auch in Bezug auf die Räumlichkeiten. Der Freundeskreis der Bücherei, berichtet Seidel, habe sich vor Kurzem die neu gebaute Bücherei in Heidenheim angeschaut: „Dort werden seit der Eröffnung jeden Monat etwa 20 000 Besucher verzeichnet. Das bestärkt uns in unserer Hoffnung, dass es einen solchen Effekt auch in Schorndorf geben wird.“