Die Gräfin Claudine Rhedey und der württembergische Prinz Alexander sind im Jahr 1835 gegen alle Widerstände ein Paar geworden. Ihr Glück währte nur kurz. Davon erzählen ein Bild und ein Tagebuch.
Kirchheim/Stuttgart - Elegant lehnt die junge Frau am Sims. Prachtvolle Locken, verträumter Blick, rosige Wangen. Das Bild allein verzaubert. Mehr aber noch zieht die Geschichte in den Bann, die es erzählt. Eigentlich sind es drei Geschichten.
Da ist zuerst ihre Geschichte, die von Claudine Rhedey. Sie spielt in der Wiener Gesellschaft des frühen 19. Jahrhunderts. Viele Male sei sie nun schon um ihre Hand gebeten worden, vertraut die Schönheit im Jahr 1831 ihrem Tagebuch an. Jedes Mal hat sie dankend abgelehnt. „Ich konnte mich nicht entschließen, die Hand ohne Herz zu geben“, schreibt sie.
Für den Prinzen heißt Liebe Verzicht
Erst Prinz Alexander von Württemberg, den sie bei einem Ausritt kennengelernt hat, gewinnt Herz und Hand der jungen Frau. Doch zwischen der Landadligen aus Transsylvanien und dem Neffen von König Friedrich liegen Welten. Für Alexander heißt die Liebe Verzicht. Verzicht auf den Prinzentitel, auf sein Erbe und auf seine Apanage. „Titel sind oberflächlicher Tand, mit dem man nicht glücklich wird“, schreibt Claudine in ihr Tagebuch.
1835 heiraten die beiden über alle Standesgrenzen hinweg. Ihnen sind nur wenige glückliche Jahre vergönnt. Im Alter von 28 Jahren, mit dem vierten Kind schwanger, wird Claudine von einem Pferdetritt schwer verletzt. Sie hatte ihren Mann, den Cavallerieoffizier, bei einer Truppenübung überraschen wollen. Claudine erleidet eine Fehlgeburt und stirbt an deren Folgen. Ihr Prinz wird nie wieder heiraten.
Die zweite Geschichte spielt zu Beginn des Jahres 2017. Die für das Schloss Kirchheim zuständige Konservatorin, Patrizia Peschel, stößt bei der Durchsicht der aktuellen Online-Kataloge auf ein Gemälde von Johann Nepomuk Ender. Es wird vom Wiener Auktionshaus Dorotheum als Bildnis von Pauline, Gräfin von Württemberg, angeboten. Kann nicht sein, sagt sich Patrizia Peschel. Und tatsächlich ist es Claudine, die Gemahlin des im Kirchheimer Schloss aufgewachsenen Prinzen Alexander. Erkannt – gekauft. „15 000 Euro, ein Schnäppchen“, sagt die Konservatorin. Immerhin handelt es sich bei Claudine um die Ururgroßmutter von Queen Elizabeth von England.
Königshaus kommt nicht zum Zug
Und hier schließt sich die dritte Geschichte an. Von dem Bild gibt es ein Foto. Es stammt aus einem Auktionskatalog von 1905 und wird im Archiv des Schlosses Windsor aufbewahrt – versehen mit der handschriftlichen Notiz ihrer königlichen Hoheit, Queen Mary: „Meine Großmutter väterlicherseits“. Das englische Königshaus kam damals wohl nicht zum Zug. „Und wir haben es jetzt“, freut sich Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten. Nach den Sommerferien wird es im Sommersalon des Kirchheimer Schlosses aufgehängt.
Dort wird es seine Geschichte weitererzählen, die durch das im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aufbewahrte persönliche Tagebuch noch an Tiefe gewonnen hat. „Selbst als Wissenschaftlerin konnte ich mich gegen die Emotionalität nicht wehren“, sagt Patrizia Peschel. So hat es zumindest aus Sicht der Wissenschaft ein Happy-End gegeben.