Die Arbeiten in der oberen Bahnhofstraße neigen sich dem Ende zu – sie dauern länger als geplant. Foto: factum/Bach

In den nächsten zehn Jahren müssen in Schönaich rund zehn Millionen Euro in die Sanierung von Wasserrohren investiert werden. Das Geld fehlt in der Gemeindekasse – zumal die Einnahmen bei der Gewerbesteuer eingebrochen sind.

Schönaich - Schönaich im Kreis Böblingen drücken enorme Altlasten. Das Wasserleitungsnetz ist marode. Immer wieder kommt es zu Rohrbrüchen. Das wäre nicht so schlimm, wenn genügend Geld in der Gemeindekasse wäre und die Sanierung der Leitungen vorangetrieben werden könnte. Die Gewerbesteuereinnahmen sind eingebrochen. Die Einnahmen sanken von 3,6 auf 1,9 Millionen Euro. Unter anderem, weil Unternehmen ihren Firmensitz verlegt haben. Bei einem Etat von rund 20 Millionen Euro tut sich nun ein Loch auf. Eigentlich sollte angesichts der wachsenden Kinderzahl in der Kommune ein weiterer Hort eingerichtet werden. Stattdessen fließen die liquiden Mittel in die Rohrsanierung und in Pflastersteine.

Keine anderen Bauvorhaben möglich

„Wir haben bereits einen neuen Kindergarten gebaut“, sagt Sonntag. Dieser habe mehr als zwei Millionen Euro gekostet. Doch die Plätze reichen immer noch nicht. Im Gespräch ist ein Waldkindergarten mit wenigstens einer Kindergruppe. Und vielleicht gibt es die Möglichkeit, Räume anzumieten oder in einem städtischen Gebäude eine geeignete Unterkunft für die Kleinen zu finden.

„Wir haben so ziemlich alles zurückstellen müssen“, sagt Wolfram Sonntag, der Ortsbauchef. Das gelte auch für die Kanalsanierung. Nur das dringend notwendige werde gemacht. In den nächsten zehn Jahren müssten wohl rund zehn Millionen Euro investiert werden. In der Großen Gasse gibt es bereits neue Leitungen, das neue Pflaster ist verlegt. Kostenpunkt: 400 000 Euro.

Ärgernis Stolperfallen

Die Verantwortlichen waren sich zunächst sicher, den Stein der Weisen gefunden zu haben. Eine Bepflasterung, die gleich drei Probleme löst. Zum einen soll damit das Regenwasser wieder ins Erdreich sickern können, zum andern sind die Pflastersteine wieder rasch entfernt, wenn erneut irgendwo eine Leitung leck ist. Eine Asphaltdecke müsste nicht aufgerissen und wieder geflickt werden. Und zudem sollten in der Großen Gasse auch sämtliche Stolperfallen entfernt sein.

Doch die Praxis sieht im Alltag – zumindest was die Begehbarkeit anbetrifft – anders aus. Denn der Belag macht vor allem gehbehinderten Menschen mit einem Rollator und Rollstuhlfahrern zu schaffen. „In der Großen Gasse haben wir ein breites Fugenfeld, die Steine eine abgerundete Kante. Dadurch gibt es die Schwierigkeiten, problemlos über das Pflaster zu rollen“, räumt Wolfram Sonntag ein.

Die Betroffenen sammelten Unterschriften und wandten sich an den Gemeinderat. Im oberen Teil der Bahnhofstraße wird nun ein etwas anderer Belag verlegt. „Die Steine haben scharfe Kanten und die Fugen verringern wir auf drei Millimeter“, erläutert Sonntag, „jetzt dürfte es beim Drüberfahren nicht mehr so rumpeln“. Die Arbeiten in der Großen Gasse dauern bereits seit Oktober. Die Fertigstellung des fast eine 750 000 Euro teuren Vorhabens hat sich verzögert. Der Teufel liegt wie so oft im Detail. Die etwa 1500 Quadratmeter große Fläche wird neu gestaltet, mit neuen Bordsteinen und neuen Parkflächen. Die Bushaltestellen soll barrierefrei werden. Manche Leitungen mussten anders als geplant verlegt werden. Ursprünglich sollten die Bauarbeiten in den Pfingstferien abgeschlossen sein, nun wird es wohl Anfang Juli werden, bis die Durchgangsstraße wieder geöffnet werden kann.

Wohl erst Anfang Juli ist Durchgangsstraße wieder offen

Danach drohen den Schönaichern weitere Baustellen. Und die kommunale Kasse wird weiter strapaziert. Die meisten Kosten verursacht der Austausch der alten Rohre. Gespart werden könne eigentlich nur am Belag. „Wir nehmen günstige Betonsteine von einem Hersteller aus der Region“, erläutert Sonntag. In der Bahnhofstraße komme man mit 30 000 Euro aus. „Als nächstes ist die Max-Eyth- Straße an der Reihe“, kündigt der Ortsbauchef an.

Schönaich gilt als finanzschwache Gemeinde

Haushalt: Im Verwaltungsetat für dieses Jahr stehen 22,3 Millionen Euro zu Buche, im Vermögenshaushalt 3,1 Millionen Euro. Der endgültige Abschluss für das vergangene Jahr ist noch in Arbeit.

Zuwendungen: Als finanzschwache Gemeinde erhält Schönaich seit Jahren Zuweisungen aus dem Ausgleichsstock des Landes. Über die Bewilligung entscheiden Verteilungsausschüsse, die bei jedem der vier Regierungspräsidien eingerichtet sind.

Rücklagen: Auf der hohen Kante hat die Gemeinde Ende 2016 noch rund 400 000 Euro – den Mindestbestand, der bei Rücklagen vorgeschrieben ist.

Einnahmen: Die Grundsteuer soll im kommenden Jahr erhöht werden. Die Sätze für die Gewerbe- und die Vergnügungssteuer dagegen sollen nicht erhöht werden.

Schulden: Die Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinde betrug Ende 2015 rund 760 Euro, der Schuldenstand lag bei sieben Millionen Euro.