Auswärtige Nutzer der Gemeindehalle sollen eine höhere Miete zahlen. Foto: factum/Granville

Der Rathauschef, bald Finanzbürgermeister von Böblingen, will vor seinem Abschied noch den Etat für das nächste Jahr verabschieden. Aber das Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Er bittet die Bürger zur Kasse.

Schönaich - Der Schönaicher Bürgermeister Tobias Heizmann, der im November als Erster Bürgermeister nach Böblingen wechselt, will seinem Nachfolger ein bestelltes Feld hinterlassen. Das heißt: Er möchte vorher noch den Haushalt für das kommende Jahr unter Dach und Fach bringen. Tobias Heizmann peilt dafür die letzte Gemeinderatssitzung in seiner Amtszeit an: den 7. November. Das aber ist kein leichtes Unterfangen, denn Schönaich hat massive Etatprobleme.

Grundsteuer soll erhöht werden

Die Gemeinde ist finanziell in der Bredouille, weil die Gewerbesteuereinnahmen auf 1,9 Millionen Euro gesunken sind. In Spitzenzeiten waren mehr als sechs Millionen Euro verbucht worden. Für das nächste Jahr rechnet Heizmann mit 2,1 Millionen Euro. Manche Unternehmen haben ihren Firmensitz verlagert und Schönaich den Rücken gekehrt. Im Etat von rund 20 Millionen Euro droht nun ein Finanzloch, das gestopft werden muss.

Den ersten Schritt hat Heizmann jüngst unternommen. Mit den Mitgliedern des Finanzausschusses hat er mögliche Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung besprochen. An oberster Stelle stehen Steuer- und Gebührenerhöhungen, die im nächsten Jahr wirksam werden. Die Ausschussmitglieder stimmten zu, die Grundsteuer deutlich anzuheben. Die letzte Erhöhung ist schon lange her, sie erfolgte im Jahr 2010. Nun soll der Hebesatz der Grundsteuer A (für Land- und Forstwirtschaft) von 250 auf 310 steigen, der Hebesatz B (private Grundstücksbesitzer) von 320 auf 340 und der Hebesatz für die Gewerbetreibenden von 350 auf 370. Der Schultes hofft, das dadurch fast 200 000 Euro mehr in die Kasse kommen.

Geld fehlt an allen Ecken und Enden

Konsens herrschte auch bei den künftigen Gebühren für die Nutzung der Gemeindehalle. Auswärtige Nutzer sollen mehr bezahlen. Zu dem Bündel von Gebührenerhöhungen gehört auch das Nutzerentgelt für die Zehntscheuer. Auch beim Bestattungswesen sollen die Bürger tiefer in die Tasche greifen. Begründet wird das mit dem Kostendeckungsgrad, Bisher wurden durch die Gebühren 70 Prozent der Kosten gedeckt, künftig sollen es 85 Prozent sein. Zudem sollen auch die Hundesteuer angehoben werden und der Wasserzins steigen: Von 1,90 Euro auf 2,10 Euro pro Kubikmeter.

Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Eigentlich sollte angesichts der wachsenden Kinderzahl in der Kommune ein weiterer Hort eingerichtet werden. Ein neuer Kindergarten wurde für zwei Millionen bereits gebaut. Jedoch gibt es immer noch nicht genügend Plätze. Der Gemeinderat beschloss deshalb, das Jugendhaus zu schließen und es zu einem zweizügigen Kindergarten umzubauen. Derzeit ist Heizmann auf der Suche nach einem Ersatzdomizil für die Jugendlichen. „Das tut weh und ist nicht gewünscht“, erklärte Heizmann, „aber wir können nicht anders.“

Schulden steigen, Rücklagen schrumpfen

Sämtliche liquiden Mittel fließen derzeit in die Sanierung der Rohre und des Pflasters in der Gemeinde. In den nächsten zehn Jahren müssen rund zehn Millionen Euro investiert werden, weil die Wasserleitungen veraltet und marode sind. In der Großen Gasse sind neue Rohre und das neue Pflaster verlegt worden. Das allein hat 400 000 Euro gekostet. Weitere Vorhaben sollen noch folgen.

„Wo soll das Geld dafür herkommen“, fragt sich Heizmann, „viel einsparen können wir im Rathaus nicht.“ Die Personaldecke sei bereits „unter dem Mindestbestand“. In der Verwaltung der 10 200 Einwohner zählenden Gemeinde gibt es 28 Vollzeitstellen, „Wir können auch beim Bauhof nicht reduzieren, sonst müssen wir Aufträge extern vergeben“, sagt Heizmann.

Und die Schulden wachsen weiter – sie liegen jetzt bei rund 800 Euro pro Einwohner. Gleichzeitig schrumpfen die Rücklagen. Zurzeit hat Schönaich noch etwa zwei Millionen Euro auf der hohen Kante.

Der Wechsel im Rathaus

Dienstbeginn I:
Tobias Heizmann (Freie Wähler) tritt bereits am 10. November sein neues Amt als Erster Bürgermeister in Böblingen an. Der 40-Jährige wird Nachfolger von Ulrich Schwarz (Grüne), dessen Amtszeit Ende September vorüber ist. Heizmann übernimmt im Böblinger Rathaus das Dezernat für Finanzen, Sport und Soziales mit rund 600 Mitarbeitern. Er ist der Stellvertreter des Oberbürgermeisters Wolfgang Lützner (CDU). In Böblingen gibt es noch eine weitere Bürgermeisterin: Christine Kraayvanger (Freie Wähler), die Leiterin des Baudezernats.

Dienstbeginn II:
Spätestens im Januar soll der neue Schultes in Schönaich anfangen. Die Bürgermeisterwahl ist am 12. November. Der Termin für einen möglichen zweiten Wahlgang ist am 3. Dezember. Die Bewerbungsfrist endet am 16. Oktober. Bisher hat sich ein Kandidat gemeldet: Daniel Schamburek (31), seit zwei Jahren Ortsvorsteher von Sindelfingen-Darmsheim. Er ist Politik- und Verwaltungswissenschaftler und parteilos.