Die Aufrüstung in Stuttgart geht schleppend voran: Nur 0,64 Prozent der deutschen Datenleitungen bestehen aus Glasfaserkabeln, die die besten Voraussetzungen für schnelles Internet mitbringen. Foto: dpa

Weil auch in der Region Stuttgart zahlreiche Gewerbegebiete nicht für das Breitbandinternet gerüstet sind, lässt der Regionalverband jetzt ein Konzept für den ganzen Ballungsraum erstellen.

Stuttgart - Der Verband Region Stuttgart will den raschen Ausbau des Ballungsraums mit Glasfaserkabeln für schnelles Internet forcieren. Dafür lässt er zunächst einmal für rund 25 000 Euro eine grobe Planung aus einer Hand anfertigen.

Der Vortrag von Professor Jürgen Anders von der Hochschule Furtwangen hielt für manchen Regionalrat im Wirtschaftsausschuss am Mittwoch einige Überraschungen parat. So berichtete Anders anhand von neuen Zahlen aus dem Jahr 2014, dass Deutschland mit einem Anteil der Glasfaserkabel an allen Datenleitungen von 0,64 Prozent auf dem letzten Platz aller Mitglieder der Europäischen Union liege. Alle EU-Mitglieder zusammen verfügten im Durchschnitt immerhin schon über einen Anteil von 5,88 Prozent.

„Wir sind nicht nur das Schlusslicht, sondern haben auch das geringste Wachstum“, sagte Anders. Der Datentransfer in der ansonsten so hoch entwickelten Bundesrepublik erfolge quasi ausschließlich über Kupferkabel und Funksignale. Das Problem dabei: Auch wenn die Deutsche Telekom die Verteilerkästen in den Kommunen aufrüste und weitere Anstrengungen unternehme, um den Datentransfer in die Haushalte zu stärken, wird „die bestehende Infrastruktur dem wachsenden Bedarf nicht mehr lange standhalten“, sagte Anders und geht von rund fünf Jahren aus. Das schafften nur Glasfaserkabel, „die 1000- bis 10 000-mal so gut sind“.

"Eine Sache für die nächsten 20 Jahre“

Hielt man die Unterversorgung der Siedlungsgebiete bisher in erster Linie für ein Problem des ländlichen Raums, so ist inzwischen offenbar, dass auch viele Gewerbegebiete im Ballungsraum Stuttgart schlechte Raten für die Datenübertragung von weniger als 50 oder sogar 25 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) haben. „Das ist eine Folge des liberalisierten Telekommunikationsmarktes“, sagte Jürgen Anders, der teure Ausbau der Datenleitungen lohne sich für die Unternehmen nicht. Mehrere Landkreise haben deshalb bereits eigene Glasfaserplanungen in die Wege geleitet, voran der Kreis Göppingen, der dabei am weitesten ist.

Regionaldirektorin Nicola Schelling berichtete der Runde, dass das Ministerium für den Ländlichen Raum dem Verband Region Stuttgart ein Modellprojekt angeboten hat, in dem er planen soll, wo die Haupt-Glasfaserleitungen verlaufen müssten, um alle Kommunen für die Zukunft zu rüsten. Dabei sollen auch die Voraussetzungen dafür geklärt werden, wie einzelne oder mehrere Kommunen den Ausbau später konkret ausschreiben können.

Voraussetzung für das Modellprojekt: Alle Landkreise – egal, wie weit sie mit der eigenen Planung sind – müssen mit von der Partie sein. Die Feinplanung kostet laut Infrastrukturdirektor Jürgen Wurmthaler noch einmal 50 000 Euro pro Landkreis – damit ist aber noch keine Leitung verlegt. Dafür brauche es Zuschüsse von Bund und Land .

Johannes Züfle von den Freien Wählern, die ebenso wie CDU und FDP Anträge zum Thema gestellt hatten, warnte vor allzu großen Erwartungen: „Das ist eine Vision für die Zukunft, eine Sache für die nächsten 20 Jahre.“ Der Esslinger OB Jürgen Zieger befürchtete gar, dass man Wünsche wecke, die dann kein anderer finanziere, weshalb sich seine SPD-Fraktion enthielt. Alle anderen hofften, dem Thema mit einer Planung aus einem Guss einen Schub geben zu können.