Solche Bündel mit Glasfaserkabeln sollen in den kommenden Monaten in vielen Landkreisen im Boden verschwinden. Foto: dpa/Uli Deck

Die Landesregierung gibt die Rekordsumme von 93 Millionen Euro für den Breitbandausbau aus. Die Landräte wollen noch in diesem Jahr beginnen Glasfaserleitungen zu verlegen.

Stuttgart - Schnelles Internet selbst in den abgelegensten Kommunen zu schaffen ist nicht kostengünstig. Für den Breitbandausbau sind grundsätzlich die Telekommunikationsunternehmen zuständig, für diese ist das Glasfaserverlegen aber nicht überall gleich wirtschaftlich. Im ländlichen Raum stockte der Ausbau, die Menschen können nicht einmal kurze Videoclips ohne Unterbrechung ansehen, auch für Landwirte und Unternehmen hat dies Nachteile. Kommunen und Landkreise wollten selbst Geld in die Hand nehmen, das geht allerdings nur, wenn eine Unterversorgung besteht – das Internet also langsamer als 30 Mbit pro Sekunde ist – oder die Netzbetreiber sich voraussichtlich in den kommenden drei Jahren nicht engagieren wollen.

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Deshalb lag Baden-Württemberg beim Ausbau des Glasfasernetzes zurück. Innenminister Thomas Strobl, zuständig für Digitalisierung, wurde deshalb häufig von der FDP im Landtag angegriffen. Mit der Breitbandstudie, die das Ministerium 2018 veröffentlichte, ist der Knoten geplatzt. Aus den Daten ging hervor, dass bei gleichbleibend niedriger Landesförderung – jährlich 100 Millionen Euro – das Ziel vom flächendeckenden Gigabit-Ausbau erst 2039 erreicht wäre. Etwa 2,1 Milliarden aus Landesgeldern seien nötig, so der Tüv Rheinland. Doch es gibt noch den Bundesfördertopf, der mit elf Milliarden Euro bis 2021 gefüllt ist.

Ein Fünftel aller Anträge beim Bund stammt aus dem Südwesten

Man arbeitete also daran, die Förderprogramme von Bund und Land besser miteinander zu verzahnen. Mit dem Ergebnis, dass bis zu 90 Prozent der Kosten für ein Glasfaserprojekt künftig aus Fördermitteln finanziert werden können – das Land hatte dazu die Mittel auf 40 Prozent aufgestockt. Baden-Württemberg ist nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) der größte Antragsteller beim Breitbandausbau, ein Fünftel aller Anträge stammt aus dem Land. Allerdings gab es bundesweit einen enormen Anstieg zum Jahresende 2019. Aus dem Bundesförderprogramm Breitband sind für das Land 527,2 Millionen Euro bewilligt, allerdings sind bis Ende Januar 2020 erst 30,6 Millionen ausgezahlt worden, so das BMVI.

Bei der Übergabe der Förderbescheide an diesem Freitagvormittag greift erstmals die Kofinanzierung. Bewilligt wurden insgesamt 146 Anträge mit einem Volumen von 92,8 Millionen Euro: Ein Rekord, noch nie ist eine größere Summe aus Landesgeldern bewilligt worden. Insgesamt werden damit 63 Projekte in 28 Stadt- und Landkreisen realisiert. „Das Land ergänzt den Ausbau der privaten Telekommunikationsunternehmen dort, wo der Markt nicht funktioniert. Bis 2021 investieren wir insgesamt mehr als eine Milliarde Euro“, merkt Strobl an.

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Drei Landkreise können besonders viel investieren, jeweils ein zweistelliger Millionenbetrag fließt nach Schwäbisch Hall, Biberach und in den Neckar-Odenwald-Kreis. Landrat Achim Brötel (CDU) beschreibt die Gegebenheiten: „Es wird kein schnelles Internet bis zur allerletzten Milchkanne geben, aber wir wollen alle 69 Gewerbegebiete im Kreis mit Glasfaser anbinden, alle Schulen bis zur kleinsten Dorfgrundschule sowie die Ortsrandbereiche und Weiler.“ 12,6 Millionen Euro Landesförderung stehen im Neckar-Odenwald-Kreis zur Verfügung.

Landräte befürchten Verzögerungen

Ausschlaggebend für die Antragsflut sei klar die Harmonisierung von Bundes- und Landesförderprogrammen, sagt Brötel. In den Kreis Biberach fließen über 13 Millionen Euro, dort sollen 600 Kilometer Leitungen verlegt werden, die Kosten belaufen sich auf 32 Millionen Euro, davon fließen 15,5 Millionen aus den Fördertöpfen. „Die Gemeinden übernehmen dann den innerörtlichen Ausbau, der bereits geplant ist“, sagt Landrat Heiko Schmid (parteilos). Schätzungsweise würden durch die Anstöße aus Bund und Land Investitionen von 300 bis 500 Millionen Euro in den Breitbandausbau ausgelöst.

Die größere Herausforderung für die Landkreise sei jetzt, „jemanden zu finden, der Angebote auf unsere Ausschreibungen abgibt“, sagt Achim Brötel. Für den Ausbau braucht es die Netzbetreiber wie die Telekom – dort gebe es bereits Engpässe – ebenso wie bei Baufirmen, die die Aufträge ausführen können. Der Odenwald-Landrat will in der zweiten Hälfte dieses Jahres starten. Auch Heiko Schmid will rund um Biberach jetzt mit dem Leitungsverlegen beginnen.