Im Ranking „Erreichbarkeit von Bus und Bahn“ hat der Kreis Esslingen unter allen deutschen Landkreisen Platz drei belegt. Doch Nähe ist nicht alles.
Der Kreis Esslingen hat in einem bundesweiten Ranking den dritten Platz belegt. Nur im Main-Taunus-Kreis (Hessen) und im Landkreis Fürstenfeldbruck (Bayern) wohnen mehr Menschen so nahe an Bus- und Bahnhaltestellen wie zwischen Neckar und Alb. Die Liste wurde vom Verband Allianz Pro Schiene veröffentlicht, die Daten dafür stammen vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und sind aus dem Jahr 2020. Der Südwesten ist dabei stark vertreten. Auch der Kreis Böblingen schneidet mit Platz fünf sehr gut ab, genau wie der Landkreis Tübingen auf Rang acht.
Gemessen wurde dabei der Anteil der Bevölkerung, der maximal 600 Meter Luftlinie von der nächsten Haltestelle oder maximal 1200 Meter vom nächsten Bahnhof entfernt wohnt. An den Stationen müssen mindestens 20 Fahrten pro Tag abgehen, um gezählt zu werden. Vor zwei Jahren entsprach dieser Wert im Kreis Esslingen 99,29 Prozent. Das ist beinahe die gesamte Bevölkerung. Beim führenden Main-Tauber-Kreis beträgt der Anteil 99,47 Prozent, im Kreis Böblingen 99,25 und Tübingen 98,95 Prozent.
Gutes Netz ist nicht alles
„Ich freue mich, dass drei Landkreise aus Baden-Württemberg unter den Top-Ten liegen und unser Landkreis dabei ist“, sagt Matthias Gastel (Grüne), der für den Wahlkreis Nürtingen im Bundestag sitzt und Mitglied des Verkehrsausschusses ist. Ein dichtes Netz aus Haltestellen und Bahnhöfen sei eine Voraussetzung für ein gutes Bus- und Bahnangebot. „Wir sind nicht hervorragend“, sagt der Politiker mit Regionalbüro in Filderstadt, „aber gut, und besser als viele andere. Wichtig sei, weiter voranzukommen. „Denn gut ist auch bei uns im Kreis Esslingen nicht überall gut genug.“
Um die Platzierung richtig einzuordnen muss man sich die Umstände näher ansehen. So zählt der Kreis Esslingen zu den am dichtesten besiedelten Landkreisen in Deutschland. Zudem bedeutet die schnelle Erreichbarkeit einer Haltestelle nicht gleich, dass man gut an den ÖPNV angeschlossen ist. Ob das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln gut ist, hänge nicht nur vom Netz an Haltestellen und Bahnhöfen ab, erklärt Gastel, sondern auch wesentlich von der Taktfrequenz, also der Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Fahrten. Bus und Bahn müssten auch frühmorgens und abends sowie an Wochenenden fahren. „Sie müssen zudem aufeinander abgestimmt sein, sodass zuverlässig und ohne zu lange Wartezeiten umgestiegen werden kann“, sagt der Verkehrspolitiker.
Auf dem Land braucht es mehr als Schulbusse
Insgesamt seien die Menschen in der Region Stuttgart aber gut an den ÖPNV angebunden. „Es wurde ja auch viel getan“, sagt Gastel. So wurden Strecken ausgebaut, Busse und Bahnen fahren häufiger. Neben der Zuverlässigkeit, an der es häufig hapert, sieht Gastel vor allem in den ländlichen Gebieten Handlungsbedarf. „Auch dort muss der öffentliche Nahverkehr aus mehr als Schulbussen bestehen“, sagt er. Es brauche ein Grundangebot, damit niemand vom eigenen Auto abhängig sei.
Im Erreichbarkeitsranking der Allianz Pro Schiene stehen auf den fünf letzten Plätzen Landkreise aus Bayern. So erreichen im Kreis Dingolfing-Landau nur 29,1 Prozent der Bevölkerung in der festgelegten Distanz eine Haltestelle oder einen Bahnhof. Der Bundesschnitt liegt bei 91,4 Prozent – knapp acht Prozent hinter dem Kreis Esslingen.