In Wernau sind die vereinigten Hästräger dem Schultes auf der Spur. Foto: Horst Rudel

Am Schmotzige Doorschdich wurden in Wernau und Neuhausen die Rathaushäuptlinge in die Wüste geschickt.

Esslingen - Die Fasnet hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von Ablegern bekommen – selbst in der tiefsten protestantischen Provinz juckt und zuckt unüberseh- und unüberhörbar das närrische Virus. Da ist es für die sogenannten Hochburgen im Kreis umso wichtiger, im Sinne des katholischen Vermächtnisses den Ruf stets hochzuhalten und entsprechend zu pflegen. In Neuhausen auf den Fildern und in der Neckarstadt Wernau war am Schmotziga Doorschdich wieder Gelegenheit, mit den Rathausstürmen das Renommee zu mehren und in einem Aufwasch den skandalösen Sumpf der Nichtstuer in den Verwaltungssilos auszutrocknen.

Dass gemäß dem philosophischen Einmaleins alles fließt, dafür gibt es in Wernau, unweit des Neckarknies gelegen, Anschauungsbeispiele zur Genüge. Und das beginnt schon im Verwaltungspalazzo Quadrium. „Dô wird et drialt, dô wird et pennt, vom Schaffa alloi ons dr Schwoiß na rennt!“, hält Schultes Armin Elbl dem Ankläger Till alias Siggi Großmann entgegen, als der gleich zum Auftakt der Abwatscherei diesen Befund kundtut: „Mir Bürger send total fruschdriert, auf dem Rathaus wird nur noch dahinvegetiert.“ Und: „So gôht des net weiter, mir machet endlich Schluss, für dia feudale Herra gibt’s eins auf die Nuss!“

Doch vor der Nuss bekommen die Rathausriege und ihr oberster Rädelsführer erst mal eine ganze Sündenlitanei, begleitet vom närrischen Schlachtruf „Hecka, Heala, hoi, hoi, hoi“, um die Ohren geschlagen: Erotik an städtischen Wellness-Gestaden samt Meerjungfrau-Kursen daselbst, und sogar ein nur schwer zu entschlüsselndes Wunder dronda am Necker. „Dia Rathaustussis kommet en Massa, ond lasset sich Schwanzflossa verpassa“, tönt der Till. Dazu Elbl, schneidig gewandet mit Dreispitz und Stiefeln zum roten Piratenwams, auf dem sich die Siegestrophäen drängeln: „Mir den denna Mädla im Schwimmbad ihr greschde Wünsche generiera, ond du fangsch glei a zom Halluziniera.“

Und auch einen angeblich wundersamen Gang übers Wasser lässt der Ankläger jäh ins Lächerliche stolpern: „Doch gucket au nâ, i kriag schier dr Heckr, statt Jesus kommt Amtsleiter Deginus über dor Neckr.“ Dr Schultes freilich lässt sich die Erleuchtung nicht so schnell vermiesa: „Rond om dui Sporthall, et weit weg vom Neckarknie, gibt’s Wonder, Schwingunga, a gar göttlicha Energie.“

Ganz ohne Mystik kommt Stadtchef Elbl indes bei der Erklärung der vom Till angesprochenen und zu erwartenden „fetten Babyschwemme“ in der Bodenbachkommune aus, die statt der drohenden Parkautomaten nach mehr Kitaplätzen schreie. Elbl ganz ungeniert: „Bei Ausfall im Bereich der Medien, lernat sich kennen nicht nur die Ledigen. Ohne Telefon ond Internet parkt mr gern amôl im Bett.“

Allein es half alles nix – der parkkundige Stadtschultheiß war Job und Amtsschlüssel los, kaum dass die narreten Häscher im Häs die Trutzburg gekapert hatten. Elbls letzte amtliche Message, ehe er mit Schoklad fürs darbende Narrenvolk aufgewogen wurde: „I leg mei Amt drei Tag auf Eis, machet selber eiren Scheiß. I gang ens Wellness ond dua sauniera , lass me a bissle erotisiera.“Vor der Entmachtung hatten Tanzvorführungen von Schülern und Lehrkräften, Einlagen der Guggenmusik à la Bodenbach-Symphonikern und das (geglückte) Aufstellen des Narrenbaums die Spannung am Köcheln gehalten.

Drüben und droben in der zweiten Fasnetshochburg Neuhausen auf den Fildern sind die Bewohner traditionell am „Schmotzigen“ von den Waschlappen-Glunkern in aller Herrgottsfrüh mit Pauken und Schalmeien auf den fastnetsseligen Endspurt eingestimmt worden. Für den Fleckenhäuptling Ingo Hacker hielt die Amtswürde bis zum Abend. Doch Punkt 19.11 Uhr war auch damit Schluss: Unter der Regie von Narrenbund-Präsident Ronald Witt eroberten Hexen und Rotenhäne über eine Hennenleiter das kommunale Machtzentrum und ließen Hacker keine Chance zum Tricksen oder gar Verduften.