Dieses Luftbild aus dem Jahr 1948 soll zusammen mit dem Hinweis auf die verschiedenen Personengruppen an dem Gedenkstein angebracht werden. Foto: privat

25 Jahre lang gab es ein Lager auf der Schlotwiese, in dem tausende Menschen aus verschiedensten Gründen eingesperrt beziehungsweise untergebracht waren: Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Vertriebene, Flüchtlinge, „Displaced Persons“ (Heimatlose). Nun soll endlich ein Gedenkstein errichtet werden.

Zuffenhausen - Ein Vierteljahrhundert gab es auf der Schlotwiese ein Lager, in dem zwischen den Jahren 1942 und 1967 tausende Menschen aus den verschiedensten Gründen eingesperrt beziehungsweise untergebracht waren: Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Vertriebene, Flüchtlinge, „Displaced Persons“ (Heimatlose). Fast genauso lang, nämlich 23 Jahre, dauert es mittlerweile, dem Ort und den damit verbundenen Schicksalen eine würdige Erinnerung zu geben. Wie es aussieht, wird die Wartezeit in diesem Jahr enden. Der Historiker Mathias Beer, Geschäftsführer und stellvertretender Leiter des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde (IdGL) in Tübingen, stellte im Bezirksbeirat die Planungen für einen Gedenkstein vor. Er erläuterte, dass man einen Platz schaffen wolle, an dem an viele verschiedene Menschengruppen erinnert werde: „Solch einen Ort gibt es noch nicht in Stuttgart.“

80 Zentimeter breit, 80 Zentimeter lang und drei Meter hoch, so sieht der Sandsteinquader aus, den die Mitglieder der „Arbeitsgemeinschaft Erinnerungsort Lager auf der Schlotwiese“ ausgesucht haben. Er stammt aus einem Steinbruch in Eppingen und wird vom Zuffenhäuser Steinmetzbetrieb Schäffer bearbeitet. „Der Stein soll im Wesentlichen unbehandelt bleiben und so an die existenzielle Situation der Lagerinsassen erinnern“, erläuterte Beer den Bezirksbeiräten. Auf dem Stein angebracht werden sollen ein Luftbild des ehemaligen Lagers aus dem Jahr 1948 sowie ein kurzer Text. Als Standort ist eine Wegkreuzung in der Nähe des Badstübles angedacht. Dort stand bis 1967 das letzte Steingebäude des Lagers. Die Kosten von 8000 Euro wird die Firma Porsche tragen. Die Pflege des Steins und des umgebenden Geländes übernimmt die Stadt, die auch das Fundament bezahlt. Die Stadt wird auch Eigentümer des Steins sein, zudem stellt sie das Gelände zur Verfügung.

Die 8000 Euro für den Gedenkstein bezahlt die Firma Porsche

„Wir unterstützen das Projekt ausdrücklich“, sagte CDU-Sprecher Hartmut Brauswetter. Auch alle anderen Fraktionen stellten sich hinter das Vorhaben. Lucia Ströbele von der SPD sprach von einem „unglaublich wertvollen Beitrag für die Erinnerungskultur“, Susanne Bödecker aus der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-Plus dankte allen Beteiligten für deren „wertvolle Arbeit“. Zeitzeuge Karlheinz Schmid von der FDP erinnerte kurz an seine persönlichen Erlebnisse: „Für uns war es damals nicht einfach, mit den Bewohnern zurechtzukommen.“ Immer wieder habe es Auseinandersetzungen gegeben, die beim ihm nicht ohne Blessuren geblieben seien.

Die Geschichte des Lagers startete im Jahr 1942. Damals wurden Baracken für 3000 sowjetische Kriegsgefangene errichtet, der Standort wurde bald entlang der Hirschsprungallee erweitert, Zwangsarbeiter aus zahlreichen europäischen Ländern wurden dort einquartiert. Nach Kriegsende 1945 zogen Heimatvertriebene, Versprengte und so genannte „Displaced Persons“, also Menschen ohne Heimat, in die Baracken. Erst 1967 verließen die letzten Bewohner das Areal.

1994 hatten Beer und das IdGL zusammen mit dem Haus der Geschichte die Ausstellung „Fremde Heimat – das Lager auf der Schlotwiese nach 1945“ organisiert. In deren Folge hatte der Historiker den Vorschlag gemacht, direkt am Ort des Geschehens an die Geschichte des Lagers zu erinnern. 1995 hatte der Zuffenhäuser Bezirksbeirat dann beschlossen, eine Gedenktafel an der damals geplanten Ballspielhalle anzubringen. Da beide Vorhaben miteinander verknüpft worden waren, tat sich zwei Jahrzehnte nichts. 2015 schließlich legte die Stadt das Hallen-Projekt endgültig ad acta. Bald darauf wurde, nicht zuletzt auf Betreiben des ehemaligen Bezirksvorstehers Wolfgang Meyle, eine Arbeitsgemeinschaft ins Leben gerufen, die sich des Themas annahm. Seitdem wurden die Pläne ständig vorangetrieben. Überzeugungsarbeit musste vor allem auch in Richtung Stadt geleistet werden, die zunächst nicht so recht mitziehen wollte.

Nun ist nur noch eine Hürde zu nehmen: Im März entscheidet der Gemeinderat über das Vorhaben. Sollten die Stadträte grünes Licht geben, könnte der Gedenkstein laut Beer noch in der ersten Hälfte 2018 eingeweiht werden.