Beim ersten Schlossgeflüster im Bezirksrathaus ging es um die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern.
Stuttgart-Mühlhausen - Nicht einmal alle Kolleginnen von Petra Püchner wussten, dass es den „Equal Pay Day“ gibt. Und Püchner ist Geschäftsführerin der Steinbeis 2i GmbH, einem in der Stadtmitte gelegenen Ableger des Steinbeis Europa-Zentrums und als solcher mit „Innovationsmanagement und transnationalem Technologietransfer“ für mittelständische Unternehmen befasst: „Die wenigsten haben das auf dem Schirm“, sagte Püchner zu Beginn der Veranstaltung im Bezirksrathaus zum Equal Pay Day: seit 2008 deutschlandweit am 18. März begangen, wobei die Symbolik des Datums „Programm“ ist. Denn bis zu dem Tag, also 77 Tage im Jahr, arbeiten Frauen im statistischen Mittel quasi kostenlos, weil sie für gleiche Arbeit oft immer noch weniger Lohn bekommen als Männer.
Damit das nicht dauerhaft so bleibt, hat das Mühlhäuser Trio Heike Funk, Monika Kurfeß und Gabriele Walz vom Katholischen Deutschen Frauenbund das erste „Schlossgeflüster“ im Palmschen Schloss anberaumt. Eine Premiere, bei der der Hausherr und Bezirksvorsteher Ralf Bohlmann gleich eingangs dazu ermutigte, es „angesichts der Thematik nicht beim Geflüster zu belassen, sondern klare Aussagen zu machen“. Denn dank der Teilnahme von Karin Maag, Mitglied des Bundestages und dort Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Fraktion, könne das alles „mit in die Bundespolitik genommen“ werden. Erst einmal gab aber Claudia Busch, unter anderem Vorsitzende des Bezirksfrauenrates der Gewerkschaft Verdi, eine statistisch unterfütterte Standortbestimmung ab, die als „Einführung in die weibliche Verdienst- und Rentenlücke“ auch eindeutig ausgeflaggt war. Nicht minder eindeutig das Resümee der Darlegung: „Im Grunde werden Frauen bei der Entlohnung überall benachteiligt, sogar in Leitungsfunktionen – warum auch immer“, sagte Busch. Ein Ergebnis, das umso mehr erstaune, weil dies nicht mit mangelnder Qualifikation abgetan werden könne.
Frauen entscheiden sich häufiger für Berufe in sozialen Bereichen
Sowieso habe die Generation der heute 20- bis 34-jährigen Frauen „fünf Mal häufiger einen Hochschulabschluss als noch deren Mütter“, was auch einen starken Zuwachs des Anteils an akademischen Berufen nach sich ziehe. Und die Medizin sei „inzwischen ja fast ganz in weiblichen Händen“. Evident sei dennoch ein „Berufswahl-Problem bei Frauen“, die sich deutlich häufiger für Dienstleistungs- und soziale Bereiche entschieden. Und die werden deutlich schlechter entlohnt als zum Beispiel technische Berufe.
Damit war auch das Thema gegeben, an dem sich die Podiumsrunde mit Maag, Gabriele Walz vom Gesamtelternbeirat und Gloria Mangold aus dem Bezirksbeirat zeitweilig festbissen: „Vorne geht Blech rein, hinten kommt ein Auto raus“, sagte Maag, um den „Unterschied in der Wertschöpfung“ deutlich zu machen: „Im Vergleich dazu gibt es etwa bei einem Kind nach einem Jahr in der Kita die Wertschöpfung Null“. Beklagt wurde so die „Unterbewertung frauenspezifischer Berufe“ wie allgemein auch eine „falsche Gewichtung im Wert von Arbeit“. Mangold meinte aber auch, dass „Frauen sich zu viel gefallen lassen und sich bei Gehaltsverhandlungen zu wenig trauen“, worauf Walz entgegnete: „Mit dem Mut ist es spätestens dann zu Ende, wenn Frauen Kinder kriegen. Dann werden sie unsichtbar bei den Karrierechancen.“
Mit der Premiere des Schlossgeflüsters zeigte sich Heike Funk sehr zufrieden: „Es war eine hochkarätige Veranstaltung mit starker Beteiligung. Wir wollten das Thema ins Bewusstsein bringen und dabei auch die Vernetzung von Frauen im Bezirk stärken. Das ist gelungen.“ Im übrigen hätten „die Gespräche danach noch lange gedauert“. Es werde deshalb auf jeden Fall „weiteres Schlossgeflüster geben“.