Die Schlossfestspiele sind gut gestartet. Doch das Finale am Monrepos wird es wohl zum letzten Mal geben – für Intendanten Lucas Reuter ein Image-Verlust für Stadt und Land.
Wie sind die Ludwigsburger Schlossfestspiele gestartet? Und wie sehr wird das Festival durch das Verbot des Feuerwerks zum Monrepos Open Air durch das Regierungspräsidium Stuttgart beeinträchtigt? Darüber haben wir mit dem neuen Intendanten Lucas Reuter gesprochen.
Herr Reuter, nach einer relativ kurzen Vorlaufzeit für Sie als neuem Intendanten haben Ende Mai „Ihre“ ersten Schlossfestspiele begonnen. War es ein guter Auftakt?
Lucas Reuter: Es war ein fulminanter Auftakt, die Festspiel-Eröffnung im Forum mit Giorgi Gigashvili, dem Konzerthausorchester Berlin und Joana Mallwitz war ausverkauft und musikalisch sehr eindrucksvoll. Zuvor gab es ja erstmals eine Prélude mit dem jungen französischen Kammerorchester „Les forces majeures“, die zu zwei musikalischen Fahrradtouren von Schloss zu Schloss und in die Alte Kelter Bietigheim eingeladen haben. Auch da waren die Besucher und Teilnehmer begeistert.
Nun waren Sie ja als Intendant mit der Hypothek belastet, dass sich etliche Mitglieder des Festspiel-Teams gegen Ihre Wahl ausgesprochen haben. Hatte das Auswirkungen und wie läuft heute die Zusammenarbeit?
Wir arbeiten alle in der und an der Kunst, da gehören inhaltliche Diskussionen immer dazu. Seit meiner Wahl haben zwei Personen das Team verlassen, was aber im Bereich Musik und Theater nichts Ungewöhnliches ist. Beim Wechsel einer Intendanz kommt es immer wieder vor, dass sich manche mit dem bisherigen künstlerischen Konzept stark identifizieren, sodass sie gehen, wenn sich inhaltlich etwas ändert. Das habe ich in meiner beruflichen Laufbahn auch so gemacht. Aktuell haben wir eine gute Zusammenarbeit, und die Größe des Teams ist mit 15 Personen ebenfalls konstant.
Sie haben sich ja unter anderem dafür entschieden, mehr auf die historischen Spielstätten in den Schlössern zu setzen. Wie kommt das bei den potenziellen Gästen an?
Sehr gut. Viele der Konzerte sind jetzt schon ausverkauft, was aber natürlich auch daran liegt, dass die kleinen Schlösser Monrepos und Favorite nicht so viel Platz für das Publikum haben. Die Veranstaltungen im Schloss Favorite sind komplett ausgebucht, für die im Schloss Monrepos gibt es nur noch wenige Restkarten, ebenso für die Aufführungen von Mozarts Oper Zaide im Schlosstheater. Auch im Ordenssaal des Residenzschlosses sind viele Konzerte schon ausverkauft, für die Kammermusikkonzerte mit Arabella Steinbacher und Giorgi Gigashvili gibt es aber noch ein paar Karten. Außerdem haben wir uns ein Pfingstgeschenk einfallen lassen: wer sowohl das Konzert des Belcea Quartet im Ordenssaal am 20. Juni als auch das Richard-Strauss-Fest am 21. Juni im Forum besuchen möchte, bekommt einen Kombi-Rabatt von 30 Prozent. So kann man mit ganz verschiedenen Produktionen wunderbar in die Festspiele eintauchen. Die Kartenkombination ist persönlich vor Ort im Kartenbüro, schriftlich per E-Mail oder über unser Kartentelefon buchbar.
Gibt es Veranstaltungen, die besonders gut laufen, und andere, die auf weniger Resonanz treffen?
Nein, querbeet ist alles sehr gut gefragt. Stand jetzt sind rund 30 Veranstaltungen – einschließlich derjenigen, die bereits stattgefunden haben – ausverkauft, und wir haben schon fast unser Soll erreicht. Luft haben wir noch bei Anne-Sophie Mutter im Schlosshof und beim Monrepos Open Air, was aber natürlich daran liegt, dass im Schlosshof rund 4500 Plätze zur Verfügung stehen und am Monrepos etwa 8000.
Stichwort Monrepos: Was bedeutet es für Sie und die Festspiele, dass das Regierungspräsidium Stuttgart das traditionelle Feuerwerk verboten hat, um die streng geschützten Nachtreiher, die auf der Amorinsel im See brüten, nicht zu stören?
Das ist eine dramatische Wendung, die wir nicht erwartet haben. Um eines klarzustellen: Uns sind der Arten- und Naturschutz und der Nachtreiher nicht egal, wir denken nur, dass das Feuerwerk und das Wohlergehen der Vögel durchaus kompatibel wären. Wir haben uns vor dem Verbot mehrfach zu Gesprächen und Vor-Ort-Terminen getroffen und ein Konzept mit verschiedenen alternativen Abschussorten für die Feuerwerkskörper vorgelegt. Aber leider wurden alle Alternativen abgelehnt. Das Monrepos Open Air ist in dieser Form und künstlerischen Ausgestaltung deutschlandweit einzigartig und profilgebend für die Schlossfestspiele – und es ist ein Besuchermagnet für ganz viele verschiedene Menschen. Es funktioniert so aber nur im Zusammenspiel von Feuerwerk, Musik und der einmaligen Kulisse. Wenn es nicht mehr stattfindet, ist das ein Verlust für die Festspiele, für den Kultursommer in Ludwigsburg – aber auch für das Land Baden-Württemberg.
Nun wurden die seltenen Vögel ja offenbar schon 2022 zum ersten Mal gesichtet. Wissen Sie, warum das Verbot erst jetzt kommt?
Laut dem Landratsamt wurde 2023 festgestellt, dass die Tiere auf der Amorinsel brüten. Gesichtet wurden sie schon im Jahr zuvor. Und da gab es am Monrepos noch ein Technofestival, außerdem war die Frequenz am See durch den Bootsverleih höher als jetzt. Dennoch hat gemäß der Datenbank der Ornithologen die Zahl der Nachtreiher auf der Insel seit 2022 zugenommen und von 2023 auf 2024 zumindest nicht abgenommen. Hinzu kommt: Die Nachtreiher, die übrigens Zugvögel sind, waren in der warmen Jahreszeit laut dem renommierten Ornithologen Claus König zuerst im Naturschutzgebiet Pleidelsheimer Wiesental zu Hause. Weil der See zunehmend verlandet und das Land Baden-Württemberg ihn immer noch nicht saniert hat, sind die Nachtreiher von dort verschwunden und haben sich nun wohl am besser gepflegten Monrepos-See niedergelassen.
Sie stellen mit dem Verbot des Feuerwerks die Zukunft des gesamten großen Orchesterkonzerts am Monrepos infrage. Warum?
Das Problem ist, dass die Argumentation des Regierungspräsidiums Stuttgart nicht auf einem Nachweis beruht, dass die Vögel tatsächlich gestört werden, sondern dass es heißt, es könnte so sein.
Die Begründung ist so vage, dass wir nicht ausschließen könnten, dass vielleicht auch wegen der Musik noch ein Verbot ausgesprochen wird. Und bei einem Konzertformat in dieser Dimension brauchen wir Planungssicherheit.
Die Ludwigsburger Schlossfestspiele
Entstehung
Der Ursprung der Ludwigsburger Schlossfestspiele liegt fast hundert Jahre zurück. 1932 veranstaltete die ein Jahr zuvor gegründete Mozartgemeinde erstmals sogenannte Schlosskonzerte, die allerdings auf wenige Kammerkonzerte beschränkt waren. Damit sind die Ludwigsburger Schlossfestspiele eines der ältesten Festivals im deutschsprachigen Raum. Seit 1980 tragen sie zudem den Titel „Internationale Festspiele Baden-Württemberg“. Unter dem Intendanten Wolfgang Gönnenwein wurde das Programm deutlich auf fast hundert Veranstaltungen ausgeweitet, heute ist es noch gut die Hälfte. Gönnenwein hatte auch die Idee, die Domäne Monrepos mit Seeschloss, Festinwiese und Park als einzigartige Kulisse für ein Klassik-Konzert mit genau darauf abgestimmtem Feuerwerk zu nutzen.
Monrepos Open Air
1995 fand das Monrepos Open Air erstmals statt. Bis heute gilt es für viele als Highlight der Schlossfestspiele. Bis zu 8000 Gäste werden alljährlich dazu erwartet, wobei die Besucherzahlen naturgemäß auch ein wenig vom Wetter abhängig sind. Wegen des großen Aufwands – unter anderem für den Bühnenbau und die Technik – ist das Monrepos Open Air zwar rein finanziell gesehen trotz der großen Besucherzahl ein Verlustgeschäft, seitdem die Preise der Dienstleister sich zum Teil verdoppelt haben. Doch andererseits sind die Strahlkraft und der Imagegewinn für Stadt und Land dabei nicht zu unterschätzen.