Sabine Rathgeb weiß viele Geschichten aus dem Leben von Franziska von Hohenheim zu erzählen. Foto: factum/Weise

Franziska von Hohenheim alias Sabine Rathgeb führt Besucher durch das Schloss Solitude.

S-West - Eigentlich, das verrät Sabine Rathgeb alias Franziska von Hohenheim gleich zu Beginn, sieht es der Herzog Carl Eugen gar nicht gerne, wenn Bürgerliche sich im Schloss aufhalten. Doch der Reichsgräfin ist das einerlei: „Ich langweile mich immer so sehr, wenn der Herzog beim Ausreiten oder auf der Jagd ist. Da führe ich Sie gerne einmal durch die Räume“, begrüßt Rathgeb, die entsprechend der damaligen Mode gekleidet ist, die Besucher zur Sonderführung auf dem Schloss Solitude.

Ganz ohne höfische Etikette lässt sie aber die knapp zwei Dutzend Geschichtsinteressierten, die sich am Samstag im angenehm kühlen Gemäuer des Schlosses eingefunden haben, nicht davonkommen. „Der rechte Fuß zurück, den Kopf anmutig senken und mit aufrechtem Oberkörper in die Knie“, zeigt sie den Damen den korrekten Knicks zur Begrüßung. Die Herren müssen die Kopfbedeckungen abnehmen und sich galant verbeugen, bevor sie in die prunkvollen Räume des Schlosses eintreten dürfen.

Lorbeersaal im Garten ist doppelt so lang wie das

„Das Schloss selbst diente eigentlich nur Repräsentationszwecken“, erklärt Sabine Rathgeb. In den Wohnräumen innerhalb des Schlosses empfing der Herzog Gäste. Waren ihm diese im Rang untergeordnet, mussten sie im Vorzimmer, dem sogenannten Anti-Chambre, auf ihre Audienz warten. Waren sie von höherem Rang, holte der Herzog sie ab – den Markgraf von Baden etwa an der Treppe, den Sohn der russischen Zarin Katharina die Große holte man sogar an der Landesgrenze ab.

„Als der russische Thronfolger zu Gast war, wurde eine Woche lang jeden Tag auf einem anderen Schloss ein großes Fest gefeiert.“ Auch auf Schloss Solitude habe es wohl kaum einmal eine so prächtige Feier gegeben im September 1782. Dafür war selbst der weiße Saal, der größte Raum des Schlosses, nicht gut genug: „Gefeiert wurde im Lorbeersaal im Garten, der doppelt so lang wie das Schloss ist“, erzählt Rathgeb. Der Garten sei damals von 90 000 Öllampen erleuchtet gewesen, die 13 Kilometer lange Allee nach Ludwigsburg von unzähligen Fackeln. Das Fest hatte jedoch ein böses Nachspiel: „Friedrich Schiller nutzte diesen Abend, an dem die Stadt menschenleer war, um aus Stuttgart zu fliehen.“

Franziska von Hohenheim kam als Mätresse an den Hof

Schiller war der wohl berühmteste Schüler der Hohen Karlsschule, die von Herzog Carl Eugen gegründet wurde und anfangs auf dem Schloss Solitude untergebracht war. Dort wurden nicht nur Jungen ausgebildet. „Ich habe mich beim Herzog für eine Mädchenschule eingesetzt, die er in einem der Nebengebäude, in dem wir auch lebten, eröffnete“, sagt Rathgeb in ihrer Rolle als Franziska von Hohenheim.

Diese entstammte einer verarmten Adelsfamilie und kam als Mätresse des Herzogs an den Hof, bis der Herzog sie heimlich heiratete. Sich selbst und anderen Frauen wollte sie eine solide Ausbildung ermöglichen. Vielleicht wäre auch ihr Leben anders verlaufen, wenn sie eine gute Schule besucht hätte: Weil ihre Familie keine Mitgift aufbringen konnte, musste sie zunächst einen hässlichen, griesgrämigen Adligen heiraten, bevor der Herzog sie zur Mätresse machte.

Weitere Führungen mit Sabine Rathgeb sind am 1. September und 13. Oktober. Anmeldung unter der Nummer 69 66 99.