Im Marmorsaal feierte Herzog Karl Eugen seine ausschweifenden Feste. Foto: Nina Ayerle

Blick hinter die Pracht: Hermann Mack führt auf verborgenen Wegen durch Schloss Solitude. Die Teilnehmer erfahren zum Beispiel, wo sich Herzog Karl Eugen, bekannt für zahllose Affären, mit seinen Mätressen getroffen hat.

S-West - Politisch galt Karl Eugen als wenig erfolgreich. Die Kernkompetenzen des einstigen Herzogs von Württemberg lagen ganz offensichtlich in anderen Bereichen. 78 Söhne hat Karl Eugen anerkennen lassen, manch einer redet aber gar von 200 unehelichen Kindern. Zweimal war er verheiratet, rund 20 seiner Mätressen sind namentlich bekannt. „Wenn einer den Namen Landesvater verdient hätte, dann er“, sagte Hermann Mack. Oder wie ein Teilnehmer es schlicht ausdrückte: „Ha, der war ein wahrer Frauenfan.“

Rund eineinhalb Stunden führte Mack am Freitagabend rund 20 Teilnehmer aus der Region Stuttgart durch das Schloss Solitude und zeigte, welche Geheimnisse sich hinter der von 1763 bis 1769 erbauten Rokokoanlage verbergen. Passend zu seinem ausschweifenden Lebensstil ließ sich der Schwerenöter Karl Eugen nämlich gerne prächtige Lustschlösser erbauen. Das Neue Schloss in Stuttgart, das Seeschloss Monrepos in Ludwigsburg und das Schloss Hohenheim gehen auf ihn zurück.

Bei den Festen suchte sich der Herzog die Damen aus

Als eines seiner liebsten Schlösser galt jedoch das vergleichsweise kleine Solitude. Das elegante Schlösschen nutzte der Herzog für ausschweifende Feste. Mack gewährte bei seiner Tour mit dem Titel „Dem Herzog aufs Dach gestiegen“ auf verborgenen Wegen Einblicke in die Räume hinter den Prachtfassaden. Er erklärte, wie das Gebäude beheizt wurde, woher das Wasser kam und natürlich, was genau in diesem Lustschlösschen alles so passierte. Vorbei ging es deshalb zunächst an den Heizschächten außerhalb des Schlosses. Mit diesen gelang es den Dienern, den Weißen Saal zu beheizen, ohne dass die Herrschaften innen etwas davon mitbekamen. Eine enge Wendeltreppe daneben führt hinauf zum Holzlager. Für Erwachsene war die eindeutig nicht gedacht. „Die Arbeit haben Kinder verrichtet“, sagte Mack.

Die Kuppel mochte er am liebsten

Eine große Rolle spielten bei den Festen die „Kabinette“ hinter dem Saal. Die auserwählte Dame entschlüpfte durch eine unauffällige Tür in die miteinander verbundenen Hinterräume. Der Herzog folgte ihr. Während die Einfädelung des Stelldicheins im Verborgenen stattfand, waren die Damen seiner Gunst im Nachhinein recht leicht zu erkennen. „Sie durften sich fortan mit blauen Seidenschuhen schmücken“, wusste der Schlossführer.

Des Herzogs Lieblingsplatz in seinem Schloss aber war die Kuppel. Nach dem Frühstück soll er seine Damen gerne mit hinauf genommen haben. Etwa 120 schmale Stiegen führen in dem engen Treppenhaus aufs Dach. Für den anstrengenden Aufstieg wird man aber mit einem spektakulären Ausblick über die Region sowie auf die vom Herzog eigens angelegte 13 Kilometer lange Allee nach Ludwigsburg belohnt. „Unser Ländle isch scho schee“, entfuhr es da einer Teilnehmerin.

Unterwegs lohnt sich eine Pause auf Höhe der Metalltreppe und ein Blick in den Weißen Saal. Dort kann man übrigens auch standesamtlich heiraten. Vielleicht nicht gerade in blauen Seidenschuhen.