Welche Pracht! Hofmaler Carlo Carlone lädt die Gäste in die Barockgalerie. Foto: Staatliche Schlösser und Gärten

Das Heidelberger Schloss hat bei den Besucherzahlen erneut die Millionengrenze geknackt, in Ludwigsburg wurde ein Rekordjahr von der Wahl unter die drei schönsten deutschen Residenzen gekrönt: Zum Start in die neue Saison sehen sich die Schlösser und Gärten im Südwesten weiterhin auf Erfolgskurs.

Ludwigsburg - Den Schwaben wird nachgesagt, dass sie ihr Licht allzu oft unter den Scheffel stellen. Bei den Schlössern und Gärten allerdings hat sich durch die stetig wachsende Gunst des Publikums durchaus ein gewisses Selbstbewusstsein entwickelt. „Wir sind der größte Tourismusanbieter im Südwesten“, freut sich Andreas Falz,Vizechef der Landestochter, über die imposanten Besucherzahlen. 3,6 Millionen Menschen haben im vergangenen Jahr einen Ausflug zu den 60 historischen Monumenten gemacht.

Spitzenreiter Heidelberg:
Den Platz an der Sonne hat bei Besucherzahl und Bekanntheitsgrad das Heidelberger Schloss. Mehr als eine Million verkaufte Eintrittskarten und Touristen aus aller Welt sind Beleg für die Anziehungskraft der romantischen Ruine. Auf Platz zwei folgt Schwetzingen mit mehr als 700.000 Gästen, den dritten Rang hat Ludwigsburg inne. Exakt 327.003 zahlende Besucher hatte die Barockresidenz im vergangenen Jahr. Allerdings: Rechnet man die 515.000 Tagestickets fürs Blühende Barock hinzu und nimmt bei den fast 39.000 Dauerkarten einen Mehrfachbesuch an, überspringt auch das Schlossensemble in Ludwigsburg locker die Millionenmarke. Das Kloster Maulbronn übrigens lockt pro Jahr etwa 200.000 Menschen an.

Mehr Gäste als im Jubeljahr:
Bemerkenswert ist an den Ludwigsburger Zahlen, dass Schlossverwalter Ulrich Krüger stetig einen Zuwachs zu verzeichnen hat, 2012 erneut um 4,2 Prozent. Zum Abschluss der umfangreichen Sanierungsarbeiten waren selbst im Jubiläumsjahr 2004 nur 284.000 Besucher gekommen – jetzt sind es mehr als 40.000 Menschen mehr. „Das ist das beste Ergebnis, seit ich als Schlossverwalter im Einsatz bin“, kommentiert er die Bilanz. Krüger führt die beachtlichen Steigerungsraten nicht nur auf die Zugkraft von Modemuseum und Barockgalerie, sondern auf die vielen Führungen zurück. Auch 2013 sind 205 feste Termine zu 21 Themen im Programm.

Vorreiter im Kostüm:
Bei den Ideen für ein abwechslungsreiches Führungsprogramm gilt Ludwigsburg ohnehin als Musterknabe. Neu im Angebot ist ab dieser Saison etwa eine Kostümführung, bei der Wolfgang Oexle als Hofmaler Carlo Carlone über seine Erlebnisse in Ludwigsburg berichtet. Die Reise in die Zeit von Herzog Eberhard Ludwig klingt im Gasthof Waldhorn mit der Leibspeise des Künstlers – Würstchen in einer Champagner-Sauce und Tomatenkrapfen – aus. Die Gäste erfahren nicht nur, dass in dem historischen Ort schon Goethe,Mozart und Casanova genächtigt haben. Der Hofmaler plaudert auch aus dem Nähkästchen. Wie etwa Sonderwünsche des Regenten die Arbeit am Deckenfresko immer wieder verzögert haben. Auf Interesse stoßen dürfte auch eine Führung mit Hermann Mack, der in Schlosskirche und Ordenskapelle die Bestattungs-rituale im Hause Württemberg unter Lupe nimmt – auf dem Alten Friedhof geht es im Schein der Taschenlampen dann in die Gruft des Grafen Zeppelin und zum Grab von König Wilhelm II.
Kindergeburtstag im Schloss:

Das erklärte Ziel, mehr Kinder und Jugendliche für das historische Erbe des Landes zu begeistern, haben die Schlösser und Gärten aus Sicht von Andreas Falz im vergangenen Jahr eingelöst. In Ludwigsburg buchten allein 869 Schulklassen eine Führung, unterm Strich sind das gut 21.500 Pennäler. Außerdem wurden das Kinderreich im Schloss und andere Räume für 248 Geburtstagsfeiern genutzt – mit knapp 3000 kleinen Gästen.

Die Highlights der Saison:
Auf Werbung kann eigentlich verzichtet werden, wenn der Graf im Schlosshof auf die Bühne steigt – beim dritten Music Open der Kreissparkasse gastiert die eben zum zweifachen Echo-Preisträger gekürte Band Unheilig am 28. Juli. Am Vorabend hat der Songwriter Philip Poisel, übrigens gebürtiger Ludwigsburger, seinen Auftritt. In Kooperation mit den Schlossfestspielen gibt es im Mai und September zwei Familienkonzerte, bei denen Kinder und Jugendliche freien Eintritt haben. Und im Oktober steht erneut das „Klingende Schlosserlebnis“ mit Concerto Ludwigsburg an. Außerdem ist das Schloss im Mai zum zweiten Mal Schauplatz der wichtigsten Tourismus-Fachmesse GTM – auf dass die Besucherzahl auch künftig wachse.

Ende einer Ära:
Seinen Schlüsselbund für die mehr als 400 Räume gibt Ulrich Krüger im Sommer ab. Der seit mehr als vier Jahrzehnten amtierende Chef der Schlossverwaltung tritt mit 63 Jahren in den Ruhestand. Über einen Nachfolger ist intern zwar schon gesprochen worden, Namen wollen die Schlösser und Gärten aber noch nicht nennen. Die Ludwigsburger Verwaltung ist auch für die Grabkapelle auf dem Rotenberg, Schloss Solitude, Wäschenbeuren und das Kloster Lorch verantwortlich. Die Krönung seiner Amtszeit hat Krüger im vergangenen Jahr erlebt: Zum einen war Schloss Ludwigsburg mit dem 50. Jahrestag der Rede Charles de Gaulles und dem Staatsakt mit Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande weltweit in den Medien. Zum anderen wurde die barocke Residenz von der ARD nach den Märchenschlössern Neuschwanstein und Hohenzollern auf den dritten Platz gewählt. „Das kann man nicht mehr toppen“, räumt Krüger ein. Den nahenden Abschied sieht er durchaus mit einem weinenden Auge: „Ich habe schließlich länger hier gewohnt als jeder Herzog.“

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