Was plagt die Mann+Hummel-Mitarbeiter? Gewerkschafter versuchen vor den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber, mit Beschäftigten zu reden. Foto: factum/Granville

Auch wenn es das Unternehmen anders darstellt, stehen die Verhandlungen über die Schließung des Werks in Ludwigsburg und die Zukunft von 400 Mitarbeitern aus der Produktion erst am Anfang.

Ludwigsburg - Der Mann quält sich ein Lächeln ab. Auf dem Schild, das er in die Kamera hält, steht: „Seit 1980 bin ich ein Teil der Mann+Hummel-Familie, und ich hoffe noch auf viele weitere Jahre.“ Ob die Hoffnung berechtigt ist? Wenn es nach dem Management des Automobilzulieferers geht, dann nicht. Ende Juli hatten die Ludwigsburger angekündigt, dass die Produktion am Stammsitz eingestellt wird. Das Werk sei seit Jahren defizitär, bei einem Umsatz von 80 Millionen Euro – gerade mal zwei Prozent des Konzernumsatzes – habe man zuletzt ein Minus von 20 Millionen Euro verbucht, begründete Geschäftsführer und Arbeitsdirektor Hanno Höhn die Schließung. Betroffen sind rund 400 Mitarbeiter. Ludwigsburg soll aber Firmensitz bleiben und auch Forschung und Entwicklung sollen hier bleiben.

Pläne das Werk zu schließen, gibt es schon lange

Nach der Ankündigung hatte das Management versprochen, zügig in Gespräche mit dem Betriebsrat zu treten – passiert ist bislang laut dem Vorsitzenden Ralph Kraut aber reichlich wenig. „Es ärgert mich maßlos, dass trotzdem so getan wird, als wären die Verhandlungen schon weit fortgeschritten“, sagte Kraut am Dienstag bei einer Veranstaltung der IG Metall vor dem Werk. Die Gewerkschaft wollte den Mitarbeitern die Möglichkeit geben, Fragen, Ängste und Ideen zu äußern, die in die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber einfließen sollen. Laut Kraut, der seit 1999 im Unternehmen ist, stehen die Gespräche erst ganz am Anfang. Der Betriebsrat hat ein Institut für Moderation beauftragt, das einen Fragenkatalog ausgearbeitet hat. Ihn soll das Management beantworten.

„Wir wissen zum Beispiel bis heute nicht, wo unsere Produkte künftig produziert werden sollen“, sagt Kraut. Mann+Hummel mit seinen weltweit 22 000 Mitarbeitern, davon momentan etwa 1500 in Ludwigsburg, steht vor einem tief greifenden Wandel. Noch besteht das Geschäft des Filterspezialisten hauptsächlich aus Teilen für Autos, Lastwagen sowie Fahrzeugen für die Land- und Bauwirtschaft – etwa 90 Prozent der Filter werden in Verbrennern verbaut. Auch die meisten Produkte, die aus Ludwigsburg kommen, wie Kraftstoff-, Öl- und Luftfiltersysteme. Das Portfolio soll sich ändern, hin zu elektrisch betriebenen Fahrzeugen, und auch für Digitalisierungsprojekte brauchen die Ludwigsburger Geld.

Aus unserem Plus-Angebot: Zeitenwende für die Zulieferindustrie

Die Pläne von Mann+Hummel passen ins Bild. Derzeit gibt es überall in der Region große Umwälzungen in der Zulieferbranche. Im Kreis Ludwigsburg schließt Bosch AS in Bietigheim die Produktion, und seit vergangener Woche ist das Aus für die Fertigung von Standheizungen des Zulieferers Eberspächer in Esslingen besiegelt. Trotz dieser Entwicklungen hat Matthias Fuchs, Geschäftsführer der IG Metall Ludwigsburg, den Produktionsstandort noch nicht ganz aufgegeben. Auch weil er seine Geschichte kennt. Es habe in den vergangenen 17 Jahren immer wieder Bestrebungen gegeben, das Werk zu schließen. Ein Teil der Belegschaft durfte aber stets bleiben. Vor fünf Jahren wurde 133 Mitarbeitern betriebsbedingt gekündigt. Das zu vermeiden, ist oberstes Ziel von Betriebsrat und IG Metall.

Der Altersdurchschnitt im Werk ist relativ hoch

„Einige Mitarbeiter haben wirklich Angst“, sagt Gewerkschaftssekretärin Susanne Thomas. „Es muss in den Verhandlungen klar sein, dass es um Existenzen geht.“ Mann+Hummel teilte am Dienstag auf Nachfrage mit, dass der Stellenabbau „so sozial verträglich wie möglich“ gestaltet werden soll. Weil das Durchschnittsalter im Werk in Ludwigsburg relativ hoch ist, hofft Ralph Kraut, dass Lösungen gefunden werden, mit denen für möglichst viele Mitarbeiter die Zeit bis zur Rente gut überbrückt werden kann.

Die Schließung der Produktion von Mann+Hummel, die seit 1954 besteht, sei „für die betroffenen Mitarbeiter und den Wirtschaftsstandort Ludwigsburg ein Schlag“, sagt Oberbürgermeister Matthias Knecht zu den Veränderungen in der Weststadt. Die Stadt hätte gerne geholfen, „das liegt aber außerhalb unserer Möglichkeiten als Stadtverwaltung“, so Knecht. Der OB sieht aber Entwicklungspotenzial an der Stelle. Es gehe nun auch darum, die frei werdenden Flächen möglichst gut zu nutzen.