Nach dem Gutachten eines Beratungsunternehmens stehen in der Herrenberger Klinik große Veränderungen an. Wir haben bei Lokalpolitikern nachgefragt, wie sie zu dem Vorschlag stehen.
Die Krankenhausreform im Kreis Böblingen sieht vor allem in Herrenberg tiefe Einschnitte vor. 24-Stunden-Betrieb und gynäkologische Abteilung samt hebammengeführtem Kreißsaal sollen einem zentralisierten Angebot in Böblingen weichen. Lokalpolitiker aus Herrenberg zeichnen ein kompliziertes Bild: Das Herz hängt zwar am Herrenberger Krankenhaus-Standort, doch klar ist auch, dass der Kreis Böblingen nicht vor Veränderungen in der Gesundheitsversorgung gefeit ist.
„Das Gutachten ist ja nicht aus der Luft gegriffen“
Eine bittere Pille ist das Gutachten für den Herrenberger Oberbürgermeister Thomas Sprißler. Doch der Rathauschef will die geänderten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen nicht außer Acht lassen: „Das Gutachten ist ja nicht aus der Luft gegriffen“, sagt er. Vor allem im Hinblick auf die finanzielle Lage der Kliniken, dem Personalmangel und der bundesweiten Krankenhausreform, die ins Haus steht, müsse das Medizinkonzept dringend auf die aktuelle Situation angepasst werden. „Dabei wird es nicht bei kleineren Veränderungen bleiben“, sagt Sprißler. Nach Veröffentlichung des Gutachtens müssten nun die Beteiligten Diskussionen führen und analysieren, ob der Vorschlag der Gutachter so umgesetzt wird. In einem Punkt ist der Oberbürgermeister aber deutlich: Zu lange warten, würde er mit einer Entscheidung nicht. „Es ist wichtig, dass alle Beteiligten wissen, wie es weitergeht“, sagt er.
„Eine endgültige Entscheidung haben wir noch nicht getroffen“, sagt Annegret Stötzer-Rapp, die Kreisrätin für die Grünen aus Herrenberg ist und im Aufsichtsrat der Klinikverbund Südwest GmbH sitzt. Die Vorschläge, die für Herrenberg auf dem Tisch liegen, hätten sie nicht gefreut, sagt sie auf Nachfrage unserer Zeitung. Nicht zuletzt, weil zwei Herzen in ihrer Brust schlügen: Auf der einen Seite das Herz einer Herrenberger Lokalpolitikerin und Mutter von vier Kindern, die die Klinik selbst in Anspruch genommen hat. Auf der anderen Seite zieht sie als Kreispolitikerin aber auch in Betracht, was für den Klinikverbund am Besten wäre. Während sich Annegret Stötzer-Rapp anfangs nicht vorstellen konnte, in der Herrenberger Klinik solch tiefe Einschnitte vorzunehmen, sieht sie das mittlerweile anders: „Im Gesamtkonzept des Klinikverbunds ist es die zukunftsfähigste Entscheidung“, sagt sie. Oberstes Ziel sei, das Herrenberger Krankenhaus zu behalten und zukunftsfähig aufzustellen. Um eine tragfähige Entscheidung zu treffen, müsste noch einige Zeit ins Land ziehen, sagt die Politikerin. Eigentlich hätte eine endgültige Entscheidung noch vor dem Sommer getroffen werden sollen. Doch dies wurde nun in den Herbst verschoben. „ Ich habe ein großes Interesse daran, alle, die an der Entscheidung teilhaben, gut mitzunehmen“, sagt sie. Dafür brauche es allerdings Zeit.
Dieter Haarer, der für die CDU sowohl im Herrenberger Gemeinderat sitzt als auch im Kreistag, ist von den Veränderungen, die in Herrenberg anstehen, ebenfalls hin und her gerissen. Sorge hat er vor allem bei der Notfallversorgung, die mit dem neuen Modell in Herrenberg nicht mehr geleistet werden könne. „Das an die Bevölkerung zu vermitteln, könnte schwierig werden“, sagt er. Hier sei noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
Tobias Brenner, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion und Mitglied im Aufsichtsrat des Klinikverbunds, sieht in der Diskussion um das Herrenberger Krankenhaus vor allem die Personalfrage als entscheidend: Es bringe nichts, ohne Fachpersonal Standorte aufrechtzuerhalten. „Da kann es unter Umständen besser sein, zu zentralisieren“, sagt er. Krampfhaft Strukturen zu erhalten, die personalmäßig nicht besetzt werden können, findet er alles andere als sinnvoll. „Man kann nicht alles so lassen wie es ist, wenn sich die Welt ändert“, lautet sein Statement.