Klein, aber oho. Ein Schließfach für das Wichtigste im Leben Foto: Lichtgut/Archiv

Unspektakulär, aber wichtig: Eine Stiftung hat in Ludwigsburg eine Schließfachanlage für Obdachlose gespendet. Für die Betroffenen hat sie eine Bedeutung, die sich Otto-Normalbürger kaum vorstellen können.

Ludwigsburg - Für Otto-Normalbürger ist die neue Schließfachanlage im Garten der Wohnungslosenhilfe Ludwigsburg einfach eine Schließfachanlage. Für diejenigen, die sie nutzen dürfen, hat die Anlage eine viel größere Bedeutung: In den kleinen Boxen können sie all ihren Besitz unterbringen. Den Beutel mit den wichtigsten Papieren, die Tüten mit den Kleidern, die Isomatte oder was sonst nötig ist für das Überleben auf der Straße. Sind die Sachen in den Boxen verwahrt, müssen sich die Obdachlosen keine Sorgen mehr machen, dass ihnen ihr letzter Besitz beim Aufenthalt in der Stadt gestohlen wird. „Das ist eine super Sache“, sagt Heinrich Knodel, der Leiter der Ludwigsburger Wohnungslosenhilfe, wo die Anlage mit neun Fächern am Freitag offiziell eröffnet worden ist. Und super findet er die Sache nicht nur deshalb, weil die Taschen und Tüten nun nicht mehr in seinem Büro lagern.

Nächte in der Unterführung

Die gemeinnützige Einrichtung betreut in ihrer Tagesstätte in der Friedrichstraße aktuell 53 wohnungslose Menschen. Die Schließfächer sind für die Klienten, für die definitiv keine Unterkunft gefunden wird. Entweder weil die Betroffenen psychisch schwer krank oder alkoholabhängig sind und deshalb in keiner Unterkunft (mehr) aufgenommen werden. Oder weil sie keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen in Deutschland haben – also auch nicht auf einen Platz in einer Obdachlosenunterkunft. Zurzeit befinden sich sieben Männer in einer solch aussichtslosen Situation.

Fünf davon stammen aus Osteuropa, dürfen also offiziell nicht betreut werden. Sie versuchen, in Ludwigsburg Geld für den Lebensunterhalt in ihrer Heimat zu verdienen, indem sie die Straßenzeitung „Trottwar“ verkaufen oder indem sie betteln. In der Tagesstätte können sie sich und ihre Wäsche waschen und essen – doch die Nächte verbringen die Männer in Unterführungen oder Parks.

Häftlinge helfen Obdachlosen

Das Schlimmste am Leben auf der Straße, hat Knodel bei den vielen Gesprächen mit Betroffenen gelernt, ist die ständige Angst um den Verlust des Besitzes, etwa weil der Rucksack gestohlen wird. Das ist, übersetzt Knodel, wie wenn Otto-Normalbürgern die Wohnung weg genommen würde. Mit den neuen Fächern müssen Obdachlose sich zumindest diese Sorgen nicht mehr machen.

Die Anlage im Wert von rund 5000 Euro ist ein Geschenk der in Stuttgart beheimateten Möhler-Stiftung. Gefertigt wurde sie von Häftlingen in der JVA Heilbronn. Eine erste solche Anlage hat die Organisation, die Menschen in Notlagen helfen will, vor gut zwei Jahren der Caritas-Tagesstätte in der Stuttgarter Olgastraße gestiftet.