An manchen Stellen helfen keine baulichen Veränderungen, sondern nur Kontrollen. Foto: dpa/Jonas Güttler

Der gut frequentierte Schleichweg zwischen Stuttgart-Sillenbuch und Stuttgart-Rohracker dokumentiert, wie die Stadt bei einem auf den ersten Blick banalen Problem an ihre Grenzen stößt.

Sillenbuch - Auf den ersten Blick ist die Sache sowohl einfach als auch eindeutig: Das Sträßchen, das von Stuttgart-Sillenbuch aus den Buckel runter nach Rohracker führt, ist für den allgemeinen Verkehr gesperrt. Die Schilder erlauben hier nur landwirtschaftlichen Verkehr. Doch das ist ziemlich vielen ziemlich egal, was Zählungen der Stadt Stuttgart und Beobachtungen unserer Zeitung belegen.

Dieses auf den ersten Blick banale Problem beschäftigt die Stuttgarter Stadtverwaltung schon seit mindestens zwei Jahrzehnten. „Ich weiß, dass man sich hier schon richtig den Kopf zerbrochen hat“, sagt Birgit Wöhrle vom Ordnungsamt. Das Thema gebe es, „seit ich denken kann“, sagt sie. Und damit verbunden die Erkenntnis: Die Stadt stößt an Stellen wie diesen an ihre Grenzen. Sie bekommt die geltenden Regeln nicht durchgesetzt. Erwartet würde „die Eier legende Wollmilchsau“, sagt Wöhrle.

Die Route ist das perfekte Problem

Wer wissen will, was die Sache am Sillenbucher Hohlweg so kompliziert macht, muss dafür mit mehreren Stellen bei der Stadt telefonieren. Denn der Schleichweg ist in verwaltungsübergreifender Bearbeitung, und die Polizei ist obendrein im Spiel. Unter dem Strich und grob zusammengefasst sagen alle Hohlweg-Kenner: Die Route ist das perfekte Problem, für das es keine Lösung gibt, zumindest keine, gegen die sich kein Widerstand regt. „Egal was man tut, es kommt einer, der sagt: Das will ich nicht“, sagt Birgit Wöhrle.

So wie jetzt wieder. Man habe „eine schwer errungene Lösung“ gefunden, wie sie sagt. Der Hohlweg wird für ein Jahr testweise mit einem Poller gesperrt. Dieser Poller wird jeweils samstags entfernt, damit die Kleingärtner zu ihren Stückle fahren können. Nur samstags gärtnern? Das passt nicht allen, manche drohen jetzt mit ihrem Anwalt.

Wirklich beeindrucken lässt sich Birgit Wöhrle davon nicht. „Wir haben nicht vor, einen Rückzieher zu machen“, erklärt sie. Denn schließlich müsse man wissen: Genaugenommen dürften die Kleingärtner dort nämlich ebenfalls überhaupt nicht mit dem Auto fahren. „Landwirtschaftlicher Verkehr frei“ auf dem Schild meine lediglich Bauern. „Die Kleingärtner packen wir da in einer Art Großzügigkeit rein“, sagt Wöhrle.

Fahrversuche mit und ohne Anhänger

Jasmin Heller vom Stadtplanungsamt betont, dass man an diesem Gewohnheitsrecht für die Kleingärtner nicht grundsätzlich rütteln wolle. Immerhin pflegten manche Leute dort auch Obstbaumwiesen. Heller kennt das Gebiet bestens, mehrfach war sie vor Ort, ist die Wege abgelaufen, hat mit Kollegen Fahrversuche unternommen, mit und ohne Anhänger, um auszuprobieren, was alles möglich wäre. Sie haben eben an Lösungen fürs perfekte Problem getüftelt. Herausgekommen ist nun der Poller-Test. Davon verspricht sich Jasmin Heller was. Unter anderem Erkenntnisse dazu, ob sich nun neue Schleichwege bahnen, wie von vielen Anwohnern befürchtet.

Im Stuttgarter Stadtgebiet gibt es etwa ein Dutzend solcher Strecken, auf denen die Stadt die Regeln nicht durchgesetzt bekommt. Meist hilft nur eine bauliche Barrikade, als Stein, Poller oder Schranke. Doch nicht immer sei dies möglich oder kompliziert – wie in Sillenbuch. Warum stellt die Stadt in solch verzwickten Fällen eigentlich keinen Kontrolleur in Vollzeit für einen beliebten Schleichweg ab? Bei der Dichte an Verstößen müsste doch einiges an Bußgeld zusammenkommen. Wer erwischt wird, zahlt ein Verwarnungsgeld von 15 bis 20 Euro, bei hartnäckiger Zuwiderhandlung auch das Doppelte.

Stefan Praegert, der Leiter der Polizeibehörde beim Stuttgarter Ordnungsamt, winkt ab. Zum einen dürfe die Stadt so nicht vorgehen. Das hätte den Ruch der Abzocke, sagt Praegert. Zum anderen bezweifelt er, dass es sich rechnet. Man bräuchte um die vier Stellen, um die Schichten abzudecken. „Das ist leider nicht leistbar“, sagt er. Doch man habe die Kontrollfrequenz in Sillenbuch erhöht.

Zudem wird die Stadt Stuttgart nun in Sillenbuch und in Rohracker jeweils eine Sackgasse ausschildern, sagt Birgit Wöhrle. Ob das etwas bringt, bleibt abzuwarten. Denn die Ämter sind sich einig: Wer hier fährt, kennt die Gegend.