Im vergangenen Jahr hatten etwa 16.000 Schüler im Land den Kommentar „wurde nicht versetzt“ in ihrem Zeugnis stehen – das entspricht einer Quote von ungefähr 1,5 Prozent. Foto: dapd

Wenn der Ferienbeginn überschattet wird: Auch viele Promis haben mal eine Ehrenrunde gedreht.

Stuttgart - Vor dem Beginn der Sommerferien stand noch ein Ereignis an, das nicht für jeden der etwa 1,2 Millionen Schüler im Land sonderlich erfreulich verlaufen sein dürfte: Die Zeugnisvergabe. Im vergangenen Jahr hatten etwa 16.000 Schüler den Kommentar „wurde nicht versetzt“ in ihrem Zeugnis stehen – das entspricht einer Quote von ungefähr 1,5 Prozent.

Die Enttäuschung der Eltern und Schüler hat meist unterschiedliche Gründe. Während die Schüler eher den Verlust der Klassengemeinschaft bedauern oder Scham empfinden, stehen bei den Eltern meist Sorgen um die berufliche Zukunft des Kindes und Zweifel an der Erziehung im Vordergrund.

Um ein wenig Mut zu machen, sei an dieser Stelle mal ein Blick auf andere Sitzenbleiber geworfen. Die nicht versetzten Schüler befinden sich nämlich in prominenter Gesellschaft. So drehten zum Beispiel auch Otto von Bismarck, Winston Churchill und Hermann Hesse in ihrer Schulzeit die eine oder andere Ehrenrunde.

Auch Harald Schmidt hat sich hochgearbeitet

Davon kann auch Rüdiger Gamm ein Lied singen. Der Kopfrechenkünstler aus dem Rems-Murr-Kreis mit einem IQ von über 200 gilt als eines der größten Rechengenies unserer Zeit. Während seiner Schulzeit blieb er mehrfach wegen Mathe sitzen oder musste die Schule wechseln. „Es ist natürlich kein schönes Gefühl, sitzen zu bleiben“, meint er heute. Aber letztendlich habe es ihn angespornt, sich „von ganz unten hochzuarbeiten“. Sein Tipp an die Sitzenbleiber von heute: „Man sollte sich auf keinen Fall entmutigen lassen, sondern kontinuierlich lernen; auch wenn viele Jugendliche die Bedeutung der Schule nicht abschätzen können. Jeden Tag 15 bis 30 Minuten zu lernen, trainiert das Gehirn und bringt viel Freizeit.“ Auch Harald Schmidt hat sich hochgearbeitet. Der Entertainer aus Neu-Ulm blieb seinerzeit mit fünf Fünfen sitzen – er wiederholte die Klasse wegen Mathe, Physik, Latein, Biologie und Französisch. Heute ist er ein fester Bestandteil der deutschen Fernsehlandschaft.

Und sogar Winfried Kretschmann musste vor kurzer Zeit erst in einem Interview zugeben, die 11. Klasse wiederholt zu haben. Zeugnisse seien wichtig, aber nicht zu überbewerten, so der Ministerpräsident. Seine Prioritäten haben zu der Zeit nicht beim Lernen gelegen. Daher würden Noten auch nichts über den Lebensweg eines Menschen aussagen, sondern viel mehr über dessen derzeitigen Lernzustand. Sehr wichtig sei nach dem Sitzenbleiben auch, „dass die Vernunft einkehrt und man wieder hochkommt. Ausdauer hat in meinem Leben sehr geholfen.“

Es gibt also Hoffnung für die Sitzenbleiber in Baden-Württemberg. Wer trotzdem entmutigt in die Ferien geht, kann sich an die Schulpsychologische Beratungsstelle wenden. Dort nehmen sich Psychologen und Beratungslehrer der Schüler sowie deren Eltern an. Eine von ihnen ist Nurcan Bilen. Die Schulpsychologin rät Eltern und Schülern stets zur größtmöglichen Gelassenheit. Ein positiver Blickwinkel auf die zweite Chance verringert die Belastung der Schüler.

Harald Schmidt sieht das Sitzenbleiben auch nicht übertrieben theatralisch. Sein Rat für alle Sitzenbleiber lautet: „Bei mir war’s eine schöne Zeit. Genießt es!“