Rainer Schrägle steht vor einem Zaun, um den er genauso gut herumlaufen könnte. Welchen Sinn hat er dann? Foto: Caroline Holowiecki

Das Naturschutzgebiet Eichberg in Musberg (Leinfelden-Echterdingen) lockt seit einiger Zeit mit einem neuen Hingucker. Irgendjemand hat scheinbar sporadisch Absperrungen in die Natur gesetzt – und sich dabei auch tatsächlich etwas gedacht. Nur was?

Musberg - Nein, es erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Drei Meter Zaun hier, dann wieder zehn und etwas weiter rund 20 Meter. Seit April ist das Naturschutzgebiet Musberger Eichberg eingezäunt. Oder zumindest ein bisschen. Denn die massiven Holzabsperrungen stehen nur sporadisch. Ab und an verbietet im Namen des Regierungspräsidiums Stuttgart ein Schild den Durchgang. Aber wer auch immer abgehalten werden soll, er könnte theoretisch einfach drumherumgehen.

Rainer Schrägle schüttelt jedes Mal den Kopf, wenn er hier mal wieder im Grünen unterwegs ist. Der Mann aus Leinfelden ist seit mehr als 25 Jahren mehrmals wöchentlich am Eichberg. „Das ist meine Joggingrunde“, erklärt er. Als Agraringenieur hat er ein besonderes Auge auf das Areal. Und dass beispielsweise irgendwelche Personen querfeldein über Magerrasenflächen oder Streuobstwiesen stapfen, will er noch nie beobachtet haben. „Die Leute sind auf den Wegen“, sagt er. Warum also die Zaunstückchen? „Die Sinnhaftigkeit erschließt sich mir nicht“, sagt er. Vielmehr ist nach dem Geschmack des 56-Jährigen das 14,4 Hektar große Naturschutzgebiet optisch „ohne Not verunstaltet“ worden. „In Leinfelden-Echterdingen gehört das zu den schönsten Perspektiven“, sagt er, während er oberhalb des Wanderparkplatzes den Blick übers Tal schweifen lässt.

Wo die einen Trampelpfade sehen, sehen andere unberührte Wiesen

Im Mai bereits hat er sich deswegen schriftlich an den Regierungspräsidenten Wolfgang Reimer gewandt und um eine Stellungnahme gebeten. Auf eine Antwort wartet er bis heute. Auf Nachfrage wird dort die Situation anders geschildert. Saskia Becker, eine Sprecherin des Regierungspräsidiums (RP), teilt mit, dass der Eichberg ein beliebtes Naherholungsziel sei, und „vor allem an den Wochenenden lastet ein hoher Besucherandrang auf dem Gebiet. Dabei wurden in den vergangenen Jahren die offiziellen Wege zunehmend verlassen und die Wiesen, Raine und Obstwiesen als Wege benutzt“.

Entgegen der Beobachtung Rainer Schrägles berichtet sie von Trampelpfaden, von Müll und Hundekot. „Gemeinsam mit der Stadt Leinfelden-Echterdingen wurden deshalb die Zäune als Maßnahme zur Besucherlenkung angebracht. Dies sind die Stellen, an denen die Wege besonders häufig verlassen wurden und die daher für naturschutzfachlich notwendig erachtet wurden“, sagt die RP-Sprecherin.

„Man will ja nicht das ganze Gebiet mit Zäunen einpacken“, fügt Gisela Fechner hinzu. Sie ist die Sprecherin der Stadtverwaltung und bestätigt: „Die Leute laufen kreuz und quer.“ Der ehrenamtliche Naturschutzwart des Landkreises habe deswegen mehrfach Spaziergänger ermahnen müssen. Und um Flora und Fauna zu schützen, von knapp 140 Pflanzen-, 40 Falter- und mehr als 63 Vogelarten spricht die Stadt auf ihrer Homepage, habe man eben handeln müssen.

Aber Gisela Fechner räumt ein: Der Lücken-Zaun könnte auf den einen oder anderen Betrachter zunächst skurril wirken. Immerhin sind die unvollständigen Abschrankungen nicht als Dauerlösung gedacht. Saskia Becker betont: „Sobald sich das Gebiet erholt hat, können auch die Zäune komplett entfernt werden.“