In München sind bei einer Schießerei mehrere Menschen getötet worden. Foto: dpa

Soll die Bundeswehr bei außerordentlichen Katastrophen- oder Bedrohungslagen auch auf dem Boden der Bundesrepublik eingesetzt werden können? Die Schießerei in München holt diese Frage zurück auf die Agenda.

Berlin - Am Freitagabend war der Polizei-Einsatz noch im vollen Gange, und die Frage nach Täter und Hintergründe noch im Nebel der Spekulationen – da begann bereits eine innenpolitische Debatte über den Einsatz der Bundeswehr im Innern. Losgetreten hatte sie der Münchner CSU-Bundestagsabgeordnete Florian Hahn. Der hatte sich mit dem Hinweis über Twitter zu Wort gemeldet, „zur Herstellung der Sicherheit“ brauche man „für nächste Tage“ die Bundeswehr.

Hahn nimmt dabei ein Thema auf, dass seit langem ein Anliegen weiter Teile der Union ist. Soll die Bundeswehr in Fällen außerordentlicher Katastrophen- oder Bedrohungslagen auch auf dem Boden der Bundesrepublik eingesetzt werden können? Vorsichtige Zustimmung erntete Hahn beim Innenexperten der Bundestagsfraktion Armin Schuster (Lörrach). Schuster sagte unserer Zeitung, in sehr engen und genau definierten Grenzen erlaube das Bundesverfassungsgericht den Einsatz im Innern bereits heute schon. Er wäre möglich, wenn die bayerische Landesregierung die Gewalttaten als Terroranschlag katastrophalen Ausmaßes klassifiziere. Man müsse aber genau darauf achten, was die Bundeswehr überhaupt tun könne. Schuster hielt in der gegenwärtigen Lage „Objektschutz, das Zeigen öffentlicher Präsenz, allenfalls noch Verkehrsregelung im Einzelfall“ für möglich. Schuster zog aber auch eine scharfe Grenze: „Was gar nicht geht ist das Betrauen von Soldaten mit hoheitlichen polizeilichen Aufgaben“, sagte er. „Polizeiliche Verhältnismäßigkeit kennen die Soldaten eben nicht, weil sie dafür nicht ausgebildet sind.“

Gauck zeigte sich bestürzt

Eine schroffe Ablehnung, die auch in der Formulierung noch die Anspannung der gestrigen Nacht verrät, kam dagegen vom SPD-Wehrexperten Burkhard Lischka. Er nannte die Diskussion „angesichts eines laufenden Einsatzes, bei dem wir alle hoffen, dass es nicht zu weiteren Opfern kommt, absolut instinktlos und von wenig Sachkenntnis geprägt“.

Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich bestürzt. „Der mörderische Angriff in München entsetzt mich zutiefst. In Gedanken bin ich bei allen Opfern und bei allen, die um einen geliebten Menschen trauern oder fürchten. Und ich fühle mich allen verbunden, die im Einsatz sind, um Menschen zu schützen und Leben zu retten.“

Die Bundesregierung hielt sich zunächst einmal bedeckt. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) war nach dem Axt-Attentat aus dem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt. Am Freitag war er auf dem Weg nach New York, als das Attentat von München passiert. Eine Krisensitzung im Kanzleramt wurde vorbereitet.