Im Prozess wegen des Schusswechsels im September letzten Jahres in Esslingen-Mettingen sagten Zeugen aus. Sie schildern Szenen wie aus einem Fernseh-Krimi. Vier junge Männer müssen sich wegen des Verdachts der Tatbeteiligung vor dem Landgericht verantworten.
Es ist ein Szenario wie aus einem TV-Krimi. Ein Gastronom hält sich im Gästebereich seines Lokals an der Obertürkheimer Straße im Esslinger Stadtteil Mettingen auf. Plötzlich hört er laute Geräusche. Sie klingen fast wie Feuerwerkskörper. Doch einer seiner Kollegen warnt: „Da stimmt etwas nicht. Da ist etwas passiert.“ Geistesgegenwärtig schließt der Gastronom die Eingangstür seines Lokals ab und bringt sich mit seinem Team in der Küche in Sicherheit. Etwa 20 Minuten später steht die Polizei vor der Tür. Es hat eine Schießerei gegeben. Hat er etwas gesehen? Hat er eine Sicherheitskamera? Ist seinen Kollegen etwas aufgefallen? Der Gastronom konnte wenig Angaben zum Aussehen oder zur Identität der Täter machen. Er habe vor allem sich und sein Team in Sicherheit bringen wollen, sagt er im Zeugenstand aus. Denn es ist eben kein TV-Krimi. In der Nacht des 5. September vergangenen Jahres sind in Mettingen mehrere Schüsse abgegeben worden. Vier junge Männer müssen sich dafür seit Mitte März vor dem Landgericht Stuttgart verantworten.
Ein weiterer Zeuge berichtete von einer ähnlich filmreifen Erfahrung. Der Polizeibeamte war an diesem Abend privat unterwegs. Mit Freunden hatte er in der Esslinger Innenstadt ein Restaurant besucht, danach wollte er sich mit seinem Roller auf den Heimweg nach Fellbach machen. Doch das Fahrzeug sprang nicht an. Bis Mettingen hat er es geschoben. Dann ließ er es stehen. Plötzlich hörte auch er Geräusche – laut, schnell hintereinander, ähnlich wie Böller. Mindestes dreimal habe es geknallt. Dann fuhr ein blaues Auto mit vier Insassen schnell an ihm vorbei – ohne Licht, obwohl es bereits dunkel war. Und ein VW-Bus fiel dem Beamten in Zivil auf. Auch aus diesem Fahrzeug soll späteren Erkenntnisse zufolge geschossen worden sein.
Denn es waren eben keine Böller, sondern halb automatische Waffen, die in Mettingen abgefeuert wurden. Zwei Banden sollen laut Anklageschrift aneinandergeraten sein. Das Mitglied einer Gruppe soll im Verlauf des Streits so stark geschlagen worden sein, dass es ein blaues Auge davontrug. Mitglieder seiner Gang, darunter mutmaßlich die vier Angeklagten, wollten wohl den Angegriffenen rächen. Sie sollen den Verursacher des blauen Auges gestellt und in seine Richtung geschossen haben. Außerdem wurden Schüsse in die Umgebung abgegeben. Die Bande des so Attackierten soll mit Schüssen aus einem VW-Bus geantwortet haben. Später wurden auch Projektile in einer Hauswand gefunden. Verletzt wurde aber niemand.
Die an der Schießerei Beteiligten waren vor dem Eintreffen der Polizei geflohen. Doch die vier der Tat verdächtigen Angeklagten wurden später festgenommen. Ihre Verteidiger prangerten am zweiten Verhandlungstag die Art der Beweisführung an. Ermittelnde Beamte hätten die Dashcam, eine Videokamera am Rückspiegel, aus dem Wagen der Mutter eines der Angeklagten wegen eines Autounfalls ausgewertet und seien dabei auf eine Aussage gestoßen, die einen weiteren Angeklagten der Mittäterschaft bezichtigte. Mit der Dashcam seien Gespräche der Wageninsassen aufgezeichnet worden, so die Verteidiger. Durch das Abhören der Dashcam durch Beamte seien Persönlichkeitsrechte, Privatsphären und Grundrechte der Sprechenden verletzt worden. Als Beweis sei der Mitschnitt somit rechtswidrig. Das Gericht möchte über die Zulassung im Mai entscheiden. Der Prozess wird fortgesetzt.