Die Polizei sichert das Gebäude im Boxberger Stadtteil Bobstadt. Foto: SDMG/Kohls

In Boxberg wird ein Haus wegen illegalen Waffenbesitzes durchsucht. Es fallen Schüsse, ein Beamter wird verletzt. Der Schütze soll zur Reichsbürger-Szene gehören und schwer bewaffnet gewesen sein.

Bei einem Polizeieinsatz in Boxberg (Main-Tauber-Kreis) zwischen Heilbronn und Würzburg ist am Mittwochmorgen ein Polizeibeamter angeschossen worden. Er wurde am Oberschenkel getroffen, erlitt nach Angaben einer Polizeisprecherin aber keine lebensgefährlichen Verletzungen. Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) sollte ein Haus im Stadtteil Bobstadt wegen des Verdachts des illegalen Waffenbesitzes durchsuchen. Dabei stießen die Beamten auf massiven Widerstand. Ein Mann habe sich der Festnahme widersetzt und „mehrere Schüsse abgegeben“, teilt die Polizei mit.

Nach Informationen unserer Zeitung wurden die Beamten minutenlang beschossen. Die Polizisten sollen nur durch ihre Schutzwesten vor Schlimmerem bewahrt worden sein. Auch Einsatzfahrzeuge sollen geradezu durchlöchert worden sein. Den Einsatz einer vollautomatischen Waffe durch den mutmaßlichen Täter wollte eine Sprecherin auf Anfrage „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht bestätigen. Der Mann wurde schließlich festgenommen.

Haus brennt ab

Kurze Zeit nach der Schießerei geriet das Anwesen in Brand. Mehrere weitere Personen, die sich dort aufhielten, konnten widerstandslos und unverletzt festgenommen werden. Da „eine Gefährdung der Einsatzkräfte und Anwohner wegen des Brandes, möglicherweise im Haus befindlicher Munition sowie frei laufender Hunde“ nicht ausgeschlossen werden konnte, waren Löscharbeiten zunächst nicht möglich, teilte die Polizei mit. Man habe das Gebäude deshalb kontrolliert abbrennen lassen.

Der Stadtteil Bobstadt wurde vorübergehend abgeriegelt. Die Anwohner wurden gebeten, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Das Haus sollte zeitnah von Entschärfern des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg durchsucht werden. Parallel dazu ermittle man umfangreich zu den Hintergründen der Vorfälle.

Aus Polizeikreisen verlautet, dass der Tatverdächtige zur sogenannten Reichsbürger-Szene gehört. Offiziell bestätigt worden ist das zunächst nicht. Man könne einen politisch motivierten Hintergrund der Tat aber nicht ausschließen, so die Sprecherin der Heilbronner Polizei, die nun gemeinsam mit dem LKA weiter ermittelt.

3300 Reichsbürger im Land

Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, sagte: „Seit Jahren beschäftigt die Polizei die zunehmende Gefahr, die von „Reichsbürgern“ ausgeht.“ Die Tötung eines SEK-Beamten 2016 in Bayern komme in Erinnerung und zeige, mit welchem Gefahrenpotenzial man zu rechnen habe. Immer da, wo Waffen im Spiel seien, müssten die Alarmglocken läuten.

„Es liegen Hinweise vor, dass der mutmaßliche Täter der Reichsbürgerszene nahesteht oder ihr angehört“, sagte am Nachmittag Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl. Dieser „brutale Schusswaffen-Angriff“ belege, wie wichtig „unser sehr konsequentes Vorgehen gegen jegliche Extremisten, darunter auch die Reichsbürger, in Sachen Schusswaffen ist“, so Strobl. Wer die Regeln des Zusammenlebens derart verachte und sich gegen den Staat militant auflehne, müsse „mit aller Härte des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen werden“.

Laut dem Verfassungsschutz gibt es etwa 3300 Personen in dieser Szene in Baden-Württemberg. „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und Staatsbediensteten die Legitimation ab und verstoßen immer wieder gegen Gesetze.