Im Netz Gäu-Murr verkehren ab 2017 Züge in einheitlichem Landesdesign Foto: MVI

Die Überraschung ist gelungen: Im europaweiten Ausschreibungsverfahren des Landes für die Murrbahn und die Gäubahn hat sich die Bahn gegenüber den Konkurrenten durchgesetzt. Sie wird die Strecken bereits ein Jahr früher als geplant – im Dezember 2017 – mit hochmodernen Zügen betreiben.

Stuttgart - Das Land hat eine der wichtigsten Bahnlinien in Baden-Württemberg neu vergeben: Die Murrbahn zwischen Stuttgart und Crailsheim sowie die Gäubahn zwischen Stuttgart und Freudenstadt/Konstanz sind nach der Ausschreibung jetzt allerdings wieder an die Bahn gefallen.

Dies ist das Ergebnis des Vergabeverfahrens im sogenannten Ausschreibungsnetz 3 b (Gäu-Murr), wie das Verkehrsministerium am Montag mitgeteilt hat. Damit stehe ein weiteres Vergabeverfahren im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) unmittelbar vor dem Abschluss. Das Ministerium beabsichtigt, der DB Regio AG den Zuschlag am 21. August zu erteilen und hat die unterlegenen Bieter am Montag darüber informiert.

Wie viele Mitbewerber es gab, behält das Ministerium unter Verschluss. Und auch eine Aussage darüber, wie viel künftig der Bahnkilometer auf der Strecke kostet, gibt es vorerst nicht. Noch könnten die Konkurrenten zehn Tage lang Widerspruch einlegen, teilte ein Sprecher des Ministeriums unserer Zeitung am Montag zur Begründung mit. Im Ministerium herrscht offenbar allerdings Feierstimmung über den Abschluss: „Unsere ökonomischen Erwartungen wurden vollständig erfüllt, und der Landeszuschuss liegt deutlich unter dem des Großen Verkehrsvertrags“, so Uwe Lahl, Amtschef von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne).

Kredite für die Unternehmen

Der Große Verkehrsvertrag läuft Ende 2016 aus. Das Land schreibt deshalb derzeit sukzessive die einzelnen Netze mit insgesamt 40 Millionen Bahnkilometern neu aus. Um den Wettbewerb anzukurbeln und auch kleinere Betreiber zu ermuntern, sich zu bewerben, hat das Land das sogenannte BW-Modell eingeführt – ein Kreditmodell zur Fahrzeugfinanzierung, das jetzt tatsächlich zu regem Wettbewerb geführt habe: „Die Vergabestrategie des Ministeriums war somit auf der ganzen Linie erfolgreich“, so der Sprecher der Behörde.

Bei dem jetzt vergebenen Netz handelt es sich um die Murrbahn mit der Hauptstrecke Stuttgart–Schwäbisch Hall-Hessental und weiter mit weniger Zügen bis Crailsheim, außerdem um die Gäubahn mit den Hauptstrecken Stuttgart–Freudenstadt sowie Stuttgart–Rottweil und weiter mit weniger Zügen bis Konstanz. Zusammen sind das 2,1 Millionen Zugkilometer pro Jahr. In diesem Netz 3 b liegen auch die Metropolexpresslinien um Stuttgart auf der Gäu- und Murrbahn von Horb über Stuttgart und Schwäbisch Hall-Hessental bis Crailsheim.

Die DB Regio wird das Netz ein Jahr früher als geplant schon im Dezember 2017 in Betrieb nehmen. Dem Unternehmen und dem Land spielt dabei in die Hände, dass es bei den Herstellern freie Kapazitäten gibt. Denn Teil des neuen Vertrags ist, dass der neue Betreiber hochmoderne Züge einsetzen muss. Die alten Modelle, zum Teil sind das 40 Jahre alte sogenannte Silberlinge, werden ausrangiert. Auf der Strecke verkehren dann vierteilige Fahrzeuge der Baureihe Talent 2 von Bombardier mit jeweils 215 Sitzplätzen. Sie fahren erstmals in einheitlichem Landesdesign. Die Wagen sind barrierefrei, haben großzügige Sitzabstände und 30 Fahrradstellplätze pro Fahrzeug. Außerdem gibt es WLAN für drahtlosen Internetzugang.

Kritik aus der Opposition

Nicole Razavi, verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, begrüßt den funktionierenden Wettbewerb, übt aber Kritik an der Landesregierung: „Was jetzt erreicht wurde, wäre mit einem gut geplanten Ausschreibungsverfahren bis Ende 2016 zu erreichen gewesen. Das Land hätte also Geld gespart und die Reisenden viel früher von einem besseren Angebot profitiert.“ In anderen Netzen würden die Verbesserungen, wie der neue Vergabekalender des Verkehrsministeriums beweise, bis nach 2020 auf sich warten lassen. Dass mehrere Verkehrsunternehmen ein Angebot bei der Ausschreibung für das Teilnetz 3 b, Gäu-Murr, abgegeben hätten und die DB AG nun mit einem guten Preis den Zuschlag erhalte, begrüßt Razavi: „Das zeigt, der Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr ist möglich, die baden-württembergischen Netze, vor allem im Stuttgarter Raum, sind attraktiv für Eisenbahnverkehrsunternehmen.“

Die Grünen im Landtag begrüßen das verbesserte Verkehrsangebot auf der Gäu- und Murrbahn. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz sagte: „Mit dem neuen Verkehrsvertrag ist das Ende der veralteten, unkomfortablen Silberlinge in Sicht.“ Der intensive Wettbewerb, mit dem Grün-Rot den Monopolvertrag der CDU ablöse, führe zu deutlich geringeren Landeszuschüssen pro Zugkilometer als bisher – bei deutlich höherem Komfort für die Fahrgäste. „Damit hat sich die sorgfältige Vorbereitung der Ausschreibung durch das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur gelohnt“, sagte Andreas Schwarz am Montag. „Schließlich musste in Baden-Württemberg erst eine Wettbewerbskultur geschaffen werden, die mehrere Unternehmen als Bieter ins Land lockt.“