Mit einem größeren Platzangebot und einer besseren Infrastruktur sollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV weiter gesteigert werden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Land, Region, Stadt Stuttgart und die Kreise setzen sich im ÖPNV-Pakt für mehr Fahrten mit Bahnen und Bussen ein. Nach den ständigen Weichen- und Signalstörungen verlangen sie von der Bahn wirksame Maßnahmen.

Stuttgart - Das Land, die Region, die Kreise und die Stadt Stuttgart erhöhen angesichts der anhaltenden Misere bei der S-Bahn den Druck auf die Deutsche Bahn. Das Schienennetz im Ballungsraum müsse besser funktionieren, die Infrastruktur zügig saniert und ausgebaut werden, fordern die seit dem Jahr 2014 im ÖPNV-Pakt zusammengeschlossenen politischen Ebenen nach einer Lenkungskreissitzung am Montagabend. Damit soll das Ziel erreicht werden, bis 2025 die Zahl der ÖPNV-Fahrgäste gegenüber 2012 um ein Fünftel zu erhöhen.

„Wir haben ein gemeinsames Interesse, dass es besser wird“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), „und auch bei der Bahn wird zunehmend begriffen, dass es so nicht weitergehen kann“. Mit dem Land sei nun ein Partner an Bord, den die Bahn nicht so leicht abwimmeln könne. Bisher hatten vier vom Verband Region Stuttgart organisierte S-Bahn-Gipfel keine grundlegenden Verbesserungen bewirkt.

In vier Schritten wollen die Beteiligten das Ziel erreichen. Ihre Beschlüsse richten sich vor allem an die für die Schieneninfrastruktur zuständige DB Netz AG. In einer ersten Stufe soll die bestehende Infrastruktur saniert und verbessert werden – das betrifft vor allem die ständigen Störungen an Weichen, Stellwerken und Oberleitungen, die tagtäglich S-Bahnen und Regionalzüge ausbremsen, Unmut bei den Fahrgästen auslösen und kaum zum Umstieg in den ÖPNV einladen. Die DB Netz AG soll nun im Rahmen einer Task Force wirksame Maßnahmen mit Land und Region aufzeigen und umsetzen, um einen verlässlichen Nahverkehr in der Region zu sichern.

In der zweiten Stufe soll bis zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21, die laut Bahn frühestens 2021, aber wohl auch Jahre später erfolgen kann, die S-Bahn-Infrastruktur ergänzt werden. Dazu gehören der Regionalbahnhalt in Stuttgart-Vaihingen, den das Land finanziert, aber auch zusätzliche Weichen und Gleise in Bad Cannstatt und Feuerbach, die den S-Bahn-Betrieb erleichtern und verlässlicher machen.

Die dritte Stufe betrifft die unterirdische S-Bahn-Stammstrecke zwischen Hauptbahnhof und Schwabstraße, die mit der neuen Signaltechnik ETCS ausgestattet werden soll. Damit ließe sich der heutige 2,5-Minuten-Takt verlässlicher fahren und sogar ein 2-Minuten-Takt umsetzen, sagte Hermann. Mit den Planungen für das European Train Control System soll die Bahn beginnen, wenn geklärt ist, wie die Kosten von 50 Millionen Euro finanziert werden. Auch hier sei eine Umsetzung mit S 21 anzustreben.

In der vierten Stufe geht es um langfristige Maßnahmen, die erst nach S 21 greifen werden. Als zentraler Punkt gilt dabei die künftige Nutzung der Panoramabahn zwischen Stuttgart-Vaihingen und dem Nordbahnhof. Experten können sich hier zusätzliche Verbindungen vorstellen, ohne die Stammstrecke nutzen zu müssen. Dafür sollen mögliche Varianten untersucht werden. Aber auch eine bessere Verbindung von der Filderstrecke ins Neckartal ist auf dem Plan. Durch S 21 öffne sich ein „historisches Fenster zur Optimierung des ÖPNV“, sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne): „Das müssen wir nutzen.“

Diesen Prozess sollen zwei neue Gremien forcieren. So soll eine Umsetzungskommission gegründet werden, in der Fachleute des Verkehrsministeriums, der Region und der Stadt sowie von DB Netz und DB Station & Service die Projekte vorbereiten. Beschlossen werden sie von einem hochrangig besetzten Entscheiderkreis mit Vertretern von Land, Stadt, Region und Bahn. Auch wenn finanziell die Bahn in der Pflicht sei, wie Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) und Hermann betonten, kündigte zumindest der Minister an, dass die Beteiligten bereit seien, „auch einen eigenen Beitrag zu leisten.“

„Ich bin froh, dass das Land an unserer Seite ist, um uns bei der Bahn für deutliche Verbesserungen und massive Investitionen einzusetzen“, sagte Bopp. Die Kosten für den Ausbau des ÖPNV seien gut investiertes Geld, meinte Ludwigsburgs Landrat Rainer Haas als Vertreter der Kreise rund um Stuttgart. In Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr würden die Buslinien massiv ausgebaut.

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