Ein Güterzug fährt auf der Rheintalstrecke an Bad Krozingen vorbei. Die Strecke soll von Karlsruhe bis Basel ein drittes und viertes Gleis sowie mehr Lärmschutz bekommen. Foto: dpa

Grün-Rot würde das Schienennetz in Baden-Württemberg gerne für rund zehn Milliarden Euro ausbauen. Dochso viel Geld wird es vom Bund nicht geben. Was also tun?

Stuttgart - Alle 15 Jahre wird der Bundesverkehrswegeplan neu aufgestellt. 2015 ist es wieder mal so weit. Die Landesregierung hat deshalb jetzt ihre Vorstellungen nach Berlin übermittelt. Es geht um eine gigantische Summe: Die Projekte, die Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) angemeldet hat, haben ein Gesamtvolumen von zehn Milliarden Euro.

Das Problem: Viele Projekte stehen bereits im laufenden Bundesverkehrswegeplan. Sie sind aber noch gar nicht oder nur teilweise umgesetzt. Allein der Ausbau der Rheintaltrasse mit einem dritten und vierten Gleis und die 2012 begonnene Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm verschlingen zusammen acht Milliarden Euro. Dazu kommen weitere internationale Projekte wie der Ausbau und die Elektrifizierung der Südbahn (Ulm–Lindau) oder der Bau von Doppelspurabschnitten auf der Gäubahn (Stuttgart –Zürich). Diese beiden Vorhaben kosten zusammen knapp 400 Millionen Euro.

Wirklich neu angemeldete Projekte gibt es auch: Mit ihnen sollen Lücken bei der Elektrifizierung geschlossen und das Schienennetz in ländlichen Regionen ausgebaut werden. So ist geplant, die Strecke von Tübingen nach Kißlegg (Zollernbahn) vollständig zu elektrifizieren und zwischen Tübingen und Albstadt mit einer Doppelspur auszubauen. Kostenpunkt: 210 Millionen Euro. Für 180 Millionen soll die Murrbahn zwischen Backnang und Schwäbisch Hall (Hessental) zweigleisig erweitert werden.

Pläne „dramatisch unterfinanziert“

Hermann nennt den Ausbau der Schieneninfrastruktur „ein zentrales Anliegen der Landesregierung“. Er weiß aber auch, dass die Pläne „dramatisch unterfinanziert sind“. Bester Beleg: In den vergangenen 20 Jahren wurden in Deutschland 32,6 Milliarden Euro in die Bundesschienenwege investiert. Auf Baden-Württemberg entfielen 1,6 Milliarden Euro. Das sind weniger als fünf Prozent der Mittel, die der Bund zur Verfügung stellt. Dabei beträgt der baden-württembergische Anteil am deutschen Schienennetz zehn Prozent. Hermann fordert deshalb: „Nach den notwendigen Jahren des Aufbaus Ost brauchen wir jetzt einen Aufbau Südwest.“ Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann betont: „Der Ausbau ist bedeutend für uns als Wirtschaftsstandort.“

Ohne zusätzliche Einnahmen wird es aber nicht gehen. Das ist den beiden Grünen-Politikern klar. Wie weitere Geldquellen für die Verkehrsinfrastruktur erschlossen werden sollen, erarbeitet derzeit eine Kommission unter Leitung des früheren Bundesverkehrsministers Kurt Bodewig. In dieser Kommission sitzt auch Hermann. Grundsätzlich, so sagt der Minister, zeichnen sich drei Maßnahmen ab. Erstens: Die Grundfinanzierung muss weiterhin durch den Staat gewährleistet bleiben. Zweitens: „Eine größere Nutzerfinanzierung wird eine Rolle spielen!“ Das heißt im Klartext: Nach der Bundestagswahl wird wohl auch eine Pkw-Maut kommen, in welcher Form auch immer. Drittens: Da Verkehrsinfrastrukturprojekte 20 bis 30 Jahre dauern, sollen sie künftig nach Schweizer Vorbild finanziell abgesichert werden. In der Schweiz werden die Kosten der Projekte vor Baubeginn realistisch errechnet und dann durch Fonds finanziell auf lange Sicht abgesichert. „Bei uns dagegen“, klagt Hermann, „ist bisher nichts richtig durchfinanziert“.

Falls die Mittel für die geplanten Schienenprojekte nicht ausreichen, sind für den Minister bei der Personenbeförderung auch die günstigeren Busse eine Alternative. „Sie sind ökologisch absolut konkurrenzfähig mit der Bahn“, sagt Hermann. Für ein Projekt wie die Rheintalschiene taugen allerdings auch Busse nicht. „Hier werden künftig im Drei-Minuten-Takt Güterzüge rollen“, so der Minister. Das dritte und vierte Gleis sind deshalb zwingend notwendig.