Die Anwohner klagen über den zunehmenden Lärm entlang der Stadtbahngleise in Möhringen. Foto: privat

Lärmgeplagte Anwohner fordern einen besseren Lärmschutz entlang der Stadtbahngleise in Stuttgart-Möhringen und Stuttgart-Vaihingen. Nun haben sie sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen.

Möhringen/Vaihingen - Fast im Minutentakt rumpelt eine Bahn am Haus des Ehepaars Beck an der Leinenweberstraße vorbei. Zwischen der Haltestelle Vaihinger Straße und dem Möhringer Bahnhof ist viel los: Über die Verkehrsdrehscheibe auf den Fildern fahren fünf Stadtbahnlinien, dazu kommen Bahnen, die ins Depot fahren. Selbst bei geschlossenen Fenstern sind die Bahnen deutlich zu hören, draußen ist eine Unterhaltung kaum möglich. „Alle paar Minuten mussten wir im Sommer die Gespräche auf der Terrasse unterbrechen, weil es zu laut war“, berichtet Jürgen Häberle. Der Vaihinger ist einer der zwölf Mitbegründer der im Juli ins Leben gerufenen Bürgerinitiative Reduzierung Stadtbahnlärm. Bei den Becks treffen sich ein Dutzend Bürger alle vier Wochen, um sich zu besprechen.

Irmgard Beck kämpft seit 2014 für einen besseren Lärmschutz. Die Korrespondenzen mit der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) füllen mittlerweile zwei Ordner. „Irgendwann habe ich aufgegeben, weil ich die Hoffnung verloren hatte, dass etwas getan wird“, berichtet Beck. Denn geändert hat sich bislang nur eines: Es ist noch lauter geworden, seit die SSB 2018 die Holz- gegen Betonschwellen ausgetauscht hat. Die Ausweitung der Linien und der Einsatz von Langzügen habe den Krach in den vergangenen Jahren ebenfalls ansteigen lassen. „Der Lärm macht einen mürbe“, sagt Häberle.

Die SSB als Verbündete

Mit dem Zusammenschluss wollen die Bürger bei der Stadt und der SSB endlich Gehör finden. Auch Irmgard Beck hat wieder Hoffnung. „Ich bin dankbar für die Bürgerinitiative“, sagt sie. Die Ziele sind klar definiert: Die Anwohner sollen deutlich und dauerhaft vor Lärm und Erschütterungen durch die Stadtbahn geschützt werden, ein Runder Tisch, an dem die Anwohner regelmäßig mit SSB, Verwaltung und Politik ins Gespräch kommen, soll geschaffen werden. Der Runde Tisch ist angelehnt an das Zukunftsbündnis Schiene (ZBS) des Bundesumweltministeriums. Dort werde argumentiert, dass der Ausbau des Schienenangebots nur mit Beteiligung der Betroffenen erfolgen kann, um deren Akzeptanz zu erreichen, erklärt die Bürgerinitiative. Die Mitglieder fürchten, dass der Lärm mit dem Ausbau des ÖPNV noch zunimmt, dass die Bahnen irgendwann rund um die Uhr durchfahren. „Dann ist es mit der Nachtruhe ganz vorbei“, sagt Häberle. Die Mitglieder sind mit ihrem Anliegen bereits an die Stuttgarter Gemeinderatsfraktionen, den Bezirksbeirat und die Möhringer Bezirksvorsteherin Evelyn Weis herangetreten.

Wichtig ist den Mitstreitern zu betonen, dass sie keine ÖPNV-Gegner sind. Sie nutzten selbst die Bahnen und stünden dem Ausbau positiv gegenüber. Nur müsse sich eben der Lärmschutz verbessern. Zudem sehe man die SSB keinesfalls als Gegner. „Wir sehen die SSB als unsere Verbündete“, sagt Häberle. Das Nahverkehrsunternehmen müsste aber mehr Geld für Lärmschutzmaßnahmen genehmigt bekommen. Zwar schleift die SSB regelmäßig die Schienen, „das ist aber kein Allheilmittel“, sagt Wolfgang Beck. Das Schleifen schaffe nur für eine kurze Zeit eine Besserung, „aber nach zwei Wochen ist der Lärm wieder so laut wie davor“.

Betroffene können sich an Bürgerinitiative wenden

Die Anwohner fordern, dass die Stadt beziehungsweise die SSB mehr tut als nur die „Standardmaßnahmen“. In anderen Städten etwa seien die Stadtbahnen „tiefer gelegt“ – der Corpus näher am Boden. „Der Lärm entsteht zwischen Bahn und Gleisen, bei Niederflurbahnen ist er geringer“, sagt Häberle. Anderswo würden die Bahnen die Schienen bewässern, das reduziere das Quietschen beim Darüberfahren. „Man könnte auch über eine Geschwindigkeitsbegrenzung nachdenken, zumindest für die Nacht“, sagt Häberle.

Die Bürgerinitiative möchte Anwohner in ganz Stuttgart ansprechen und von ihnen wissen, wo die Lärmbelastung an Stadtbahngleisen besonders hoch ist. Unter der E-Mail-Adresse stadtbahnlaerm-stuttgart@online.de können sich Bürger an die Initiative wenden. Sie bekommen dann einen Fragebogen geschickt, der der Erfassung der Probleme dient.