Anwohner im Bereich des Möhringer Bahnhofs und des SSB-Depots klagen über zunehmenden Schienenlärm. Foto: Sandra Hintermayr

Vor allem seit Schienen und Schwellen erneuert worden sind, klagen Anwohner zwischen Möhringer Bahnhof und SSB-Depot über eine steigende Lärmbelastung. Unterstützung bekommen sie von ungewöhnlicher Seite.

Möhringen - Seit die Schwellen und Schienen ausgetauscht worden sind, sei die Lautstärke unerträglich geworden, berichtet Brunhilde Shaikh. Sie wohnt nahe des Probstsees, die Bahnen fahren auf dem Weg vom und zum Möhringer Bahnhof an ihrer Wohnung vorbei. „Der Lärm ist immens mehr geworden“, sagt die Möhringerin. Auf ihrem Balkon mit Blick auf den See und ebenso im Laubengang müsse man Gespräche unterbrechen, wenn eine Bahn komme, weil man sein eigenes Wort nicht mehr verstehe. Bei den Shaikhs sind die Fenster nur zweifach verglast. „Man hört die Bahnen auch in der Wohnung bei geschlossenen Fenstern“, berichtet Brunhilde Shaikh. In der Kurve, sagt sie, gäben einige Bahnfahrer noch einmal extra Gas, um dann kurz vor dem Bahnhof stark zu bremsen. All das verursache unnötigen Lärm.

Vor allem seit der Erweiterung des Schienennetzes und eben den Gleisbauarbeiten im vergangenen Jahr seien die Fahrgeräusche unerträglich laut geworden. Damals wurden die alten Holzschwellen durch Betonschwellen ausgetauscht und damit nach Aussagen der Anwohner der Krach erheblich verschlimmert. „In den Stoßzeiten und nachts ist es besonders schlimm“, sagt Shaikh. Alle drei Minuten etwa rausche eine Bahn durch die Kurve.

Ein normales Leben sei nicht mehr möglich

Auch südlich der Vaihinger Straße werden Klagen über den zugenommenen Bahnlärm laut. In der Bezirksbeiratssitzung im April sprachen einige Bürger das Thema an. Die Situation sei „unmenschlich“, die „Grenze des Erträglichen erreicht“, klagten sie. Heidrun Cargnelli sagt, die Situation habe sich seit 2018 stark verschlechtert. „Ein Leben auf Terrasse oder Balkon ist nur noch in den Minuten zwischen den Bahnen möglich, nachts schlafe ich teilweise mit Oropax, was auch nicht gerade angenehm ist, um morgens nicht wie gerädert aufzuwachen“, berichtet die Anwohnerin des Gebiets Kauslerweg. Es könne nicht sein, dass so viele Menschen aufgrund des Lärms nicht mehr normal leben könnten. Der Frust der Anwohner sei groß.

Im vergangenen Jahr hat Cargnelli eine E-Mail und einen Brief an die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) geschickt. Darin beschreibt sie den Krach, der die Anwohner seit Fertigstellung der Gleisbauarbeiten belastet. „33 Jahre schlafen wir Richtung Süden und konnten auch wirklich schlafen, obwohl wir die Stadtbahn und den Verkehrslärm wahrnehmen, aber es geht. Man kann nicht an der Straße wohnen und meinen, es müsste leise sein“, schreibt sie und weiter: „Was wir allerdings seit ein paar Wochen – und zwar exakt nach der Erneuerung des Gleisbettes – erleben, ist unbeschreiblich. Zum Quietschen der Räder auf den Gleisen, was vielleicht noch etwas besser wird und nicht bei allen Bahnen beobachtet werden kann, kommt ein donnerndes Grollen, und zwar jeder einzelnen einfahrenden Bahn.“ Eine Antwort der SSB habe Heidrun Cargnelli bis heute nicht bekommen. Das Thema auf sich beruhen lassen möchte sie aber nicht. „Es kann nicht sein, dass so viele Menschen darunter leiden müssen“, sagt Cargnelli.

Unterstützung kommt von ungewohnter Stelle

Auch Brunhilde Shaikh ist daran gelegen, den Anwohnern Gehör zu verschaffen, sowohl bei den SSB als auch bei der Stadt. Sie möchte sich dafür einsetzen, dass in Möhringen Lärmmessungen durchgeführt werden. „Mit diesem Ergebnis könnte man auf die SSB zugehen“, sagt die Möhringerin. Denn mit belastbaren Zahlen könnten vielleicht Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden. Eine einvernehmliche Lösung müsse gefunden werden, die sowohl die Anwohner als auch die SSB zufriedenstelle. „Ich bin auch gerne bereit, mir eine Nacht um die Ohren zu schlagen und die Leute mit ihren Messgeräten in unsere Wohnung zu lassen“, so Shaikh.

Unterstützung bekommen die lärmgeplagten Möhringer derweil von ungewöhnlicher Stelle: dem TÜV. „Wir sind gerne bereit, Lärmmessungen zu unterstützen“, sagt Björn Eislechner, Niederlassungsleiter der TÜV Süd Industrie Service GmbH mit Sitz in Filderstadt. Voraussetzung sei, dass die Stadt den Auftrag zur Messung gebe. Die Modalitäten müssten entsprechend mit der Stadt geklärt werden, zum Beispiel, wo und wie lange die Messgeräte aufgestellt werden und Daten erfassen sollen. „Unsere Aufgabe ist es, den Menschen vor Einflüssen aus Umwelt und Technik zu schützen“, begründet Eislechner die Bereitschaft des TÜV, die Möhringer Bürger bei Bedarf in Sachen Lärmmessung zu helfen.