Je mehr Bahnen eine Strecke befahren, desto mehr Belastung bedeutet das für die Gleise. Um sie instandzuhalten, werden sie regelmäßig geschliffen. Foto:  

Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) schleifen regelmäßig Schienen im Stadtgebiet. Warum ist das nötig? Und was bringt das Schleifen?

Filder - Tags und nachts sind die Mitarbeiter der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) an den Gleisen unterwegs. Mit eigenen und externen Fahrzeugen schleifen sie die Schienen im gesamten Stadtbezirk. Im Jahr 2018 wurden somit insgesamt etwa 170 Kilometer Gleislänge bearbeitet, sagt Junes Baharvandi, Leiter der Dienststelle Oberbauwerkstatt und Technischer Fuhrpark bei der SSB. Ziel der Schleifarbeiten sei es, „die Sollgeometrie des Schienenkopfes wiederherzustellen sowie Schienenfehlern vorzubeugen und diese zu beseitigen“.

Wodurch werden Schienenfehler verursacht?

Die Gleise werden stark beansprucht, etwa durch das Eigengewicht der Stadtbahnen, Brems- und Beschleunigungsvorgänge, aber auch durch die Temperatur. „Diese Kräfte wirken sich teilweise negativ auf das Verschleißverhalten des Schienenmaterials aus“, erklärt Baharvandi. Der Fachmann spricht dann von Schienenfehlern. Werden diese nicht behandelt, könne das zur Ermüdung des Stahls und der Befestigungsmittel führen, da diese durch die bei Schienenfehlern entstehenden Vibrationen stark beansprucht und im Laufe der Zeit sogar lose werden könnten.

Warum ist die Bahn auf manchen Streckenabschnitten besonders laut?

Außerdem können sich Schienenfehler auf die Geräuschentwicklung auswirken. Aber: „Generell hängt das von verschiedenen Faktoren ab. Ein zentraler Faktor, der die Geräuschentwicklung beeinflusst, ist die Frequenz, mit der ein bestimmter Streckenabschnitt befahren wird. Je mehr Kräfte auf die Schienen einwirken, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Schienenfehler bilden können“, sagt Baharvandi. Ein Beispiel dafür ist der Möhringer Bahnhof. An dieser Schnittstelle verkehren fünf verschiedene Stadtbahnlinien, beinahe im Minutentakt hält an einem der Bahnsteige ein Zug. Fahren die Bahnen durch die Kurve am Bahnhof, machen sie besonders viel Krach, kritisieren die Anwohner. Vor allem, seit dort die Holzschwellen gegen Betonschwellen ausgetauscht wurden, sei es lauter geworden.

In Kurven und auf Steigungsstrecken fielen grundsätzlich mehr Schleifarbeiten an als auf geraden Strecken, bestätigt der SSB-Dienststellenleiter. „Dies ist auf physikalische Gegebenheiten zurückzuführen. Aber auch Umweltfaktoren können von Bedeutung sein. So wirken sich Witterung und Temperatur – insbesondere sehr warmes und trockenes Wetter – stark auf die Lautstärke der Fahrgeräusche aus.“ Durch das Schleifen werden Unebenheiten in den Gleisen beseitigt. Das kann auch den Lärm, den die Bahnen beim Darüberfahren erzeugen, mindern.

Was tut die SSB gegen die Abnutzung und die Lärmentwicklung?

Die SSB verfolge eine „präventive Schleifstrategie“, sagt Baharvandi. „Das bedeutet, dass Schienen idealerweise geschliffen werden, bevor größere Schienenfehler auftreten.“ Es gibt zwei verschiedene Verfahren, die beide bei der SSB Anwendung finden: Das Schleifen mit Rutscherstein und mit rotierenden Schleifsteinen. „Die SSB verfügt über einen Schleifzug mit Rutscherstein. Das Fahrzeug ist zu Betriebszeiten werktags unterwegs. Es befreit die Schienen von Schmutz und kleinen Unreinheiten“, erklärt Baharvandi. „Zielsetzung ist es, innerhalb einer Woche das gesamte Streckennetz der SSB zu schleifen.“ Zwei externe Dienstleister ergänzen die Arbeiten. Diese verfügten über Schleiffahrzeuge mit rotierenden Schleifscheiben und fahren über das ganze Jahr in den nächtlichen Betriebspausen und können mehr Material abtragen als der SSB-Schleifzug. Wenn im Bereich von Weichen Arbeiten nötig sind, kommen zudem Handschleifgeräte zum Einsatz. „Um einzuschätzen, ob die Schleifarbeiten erfolgreich waren, werden nach Beendigung eines jeden Schleifvorgangs der Abtrag und die Oberflächenrauigkeit gemessen. Hierzu werden Kontrollpunkte auf der Strecke festgelegt. Vor sowie nach dem Schleifen wird das Schienenprofil gemessen, um den Abtrag festzustellen.“

Warum schleift die SSB an manchen Stellen öfter als an anderen?

Einige Bereiche werden in der Schleifplanung der Stuttgarter Straßenbahnen besonders berücksichtigt, sagt der Dienststellenleiter. „Gründe hierfür können zum Beispiel eine besonders hohe Taktung, enge Bögen oder besondere topografische Verhältnisse sein“, so Baharvandi. Auch im Bereich rund um den Möhringer Bahnhof führe die SSB regelmäßig Schleifarbeiten durch, „um wieder ein angemessenes Schienenprofil zu erzeugen und die Geräuschentwicklung zu minimieren“, sagt der Fachmann.