Die Ehe ist zerrüttet, das kommt in den besten Familien vor, aber wie kann man gut durch die Scheidung kommen, was ist zu beachten? Foto: Im/Andrey Popov

Wer die Scheidung möchte, hat viele Fragen. Wo reicht man sie wann und wie ein? Gibt es noch das Trennungsjahr? Was ist mit Unterhalt? Braucht es einen Anwalt? Wichtige Fragen und Antworten.

Die Ehe ist gescheitert, ein Zusammenraufen nicht mehr möglich, nicht mehr gewünscht, und was kommt dann? Wer sich scheiden lassen möchte, hat viele Fragen und muss einiges beachten. Wir haben hier die wichtigsten zusammengetragen.

Wann kann man die Scheidung einreichen?

Das ist dann möglich, wenn die Ehe gescheitert ist. Juristen sprechen von der Zerrüttung einer Ehe oder dem Zerrüttungsprinzip – das bedeutet, wenn die Eheleute getrennt sind und anzunehmen ist, dass sie nicht mehr zusammenkommen werden. Eine Scheidung ist nicht sofort nach der Trennung möglich. Davor müssen Paare in den meisten Fällen das sogenannte Trennungsjahr einhalten. In der Praxis wird es von den Gerichten oftmals geduldet, wenn ein bis zwei Monate vor Ablauf des Trennungsjahres der Scheidungsantrag eingereicht wird. Die Scheidung kann aber auf keinen Fall vor Ablauf des Trennungsjahres vollzogen werden.

Wo reicht man die Scheidung ein?

Die Scheidung muss bei einem Familiengericht von einem Rechtsanwalt eingereicht werden.

Ist das Trennungsjahr für alle verpflichtend?

Ulrich Preuß, Diplom-Pädagoge, systemischer Familientherapeut und Mediator bei Pro Familia Waiblingen, erklärt: „Es gibt selten mal die Situation, dass Paare es sehr eilig haben, wenn sich beide einig sind.“ Sie spielen dann mit dem Gedanken anzugeben, bereits seit einiger Zeit getrennt zu sein, und datieren das zurück. Doch der Stuttgarter Rechtsanwalt Frank Störmer sagt: „Das ist illegal. Davon kann ich nur abraten.“

Wo bekommt man erste Informationen nach einer Trennung?

Beratungsstellen wie Pro Familia oder die Caritas bieten das an, ebenso Rechtsanwälte. Eine juristische Beratung oder eine Mediation kann sinnvoll sein. In der Mediation geht es darum, eine schriftliche, gerichtsverwertbare Vereinbarung zu treffen, die belegen kann, was vereinbart wurde.

Was ist, wenn einer der Partner der Scheidung nicht zustimmt?

„Das kann bewirken, dass das Ganze sich zieht wie Kaugummi“, kann Ulrich Preuß berichten. Das Scheidungsverfahren kann dann schon mal sehr lange dauern, im schlimmsten Fall auch mal mehrere Jahre. „Die Scheidung kann aber in den allermeisten Fällen nicht einseitig verhindert werden“, sagt Rechtsanwalt Frank Störmer.

Was kostet eine Scheidung?

Es gilt: Je einvernehmlicher, desto billiger, je weniger Rechtsstreit, je weniger extra Sachen verhandelt werden müssen, desto günstiger. Wenn beide kein Geld haben, keine Immobilien, dann rechnet Ulrich Preuß meist mit einer Untergrenze von etwa 2000 Euro an Gerichts- und Anwaltskosten, die für eine Scheidung veranlagt werden müssen. Nach oben ist alles offen. „Wenn um alles gestritten wird, kann das auch schnell vierstellig oder sogar fünfstellig werden.“

Zahlt der, der die Scheidung eingereicht hat, mehr?

Der, der die Scheidung einreicht, muss neben den Gerichts- auch die Anwaltskosten bezahlen. Die Gerichtskosten werden später hälftig geteilt, die Anwaltskosten nur dann, wenn die Eheleute das vorher eindeutig so vereinbart haben, erklärt Frank Störmer. Aber Vorsicht: Es gibt keinen „gemeinsamen Anwalt“ der Eheleute, die sich scheiden lassen wollen.

Welche Unterlagen braucht man für die Scheidung?

Man braucht die Personalausweise, Einigungspapiere, die man eventuell in einer Mediation erstellt hat, den Antrag auf Scheidung, Geburtsurkunden der Kinder, erklärt Ulrich Preuß. „Auf jeden Fall sagt der Rechtsanwalt genau, was wann wo gebraucht wird.“ Ist vor Gericht der Unterhalt streitig, dann ist zum Beispiel noch ein Überblick über Lohnzettel nötig, um zu schauen, wer verdient wie viel, wie viel Einkommen gibt es in dieser Ehe. „Der Richter muss so entscheiden können, was er recht und gerecht findet.“

Geht eine Scheidung komplett ohne Anwalt?

Ganz ohne geht es nicht. „Werbeannoncen von Online-Scheidungen sollte man nicht nachgehen“, rät Ulrich Preuß. Es braucht einen Rechtsanwalt, der die Scheidung einreicht, und es braucht einen Richter, der das Paar dann auch offiziell scheidet.

Wie lange dauert es im Schnitt, bis man geschieden ist?

Ulrich Preuß sagt, durchschnittlich dauert das ein Jahr. Meist muss ein Rentenausgleich gemacht werden, der sogenannte Versorgungsausgleich. Der soll den Eheleuten eine gleichberechtigte Teilhabe an der in der Ehezeit betriebenen Altersvorsorge ermöglichen. „Das dauert manchmal eine Weile, bis die Rentenversicherung das zurückmeldet.“

Wer muss Unterhalt zahlen und wofür?

Wenn Kinder im Spiel sind, ist der Kindesunterhalt verpflichtend. Der Kindesunterhalt richtet sich nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle. Diese orientiert sich am Einkommen des Ehepartners, der nicht mit den Kindern zusammenlebt. Die Düsseldorfer Tabelle gibt es seit 1962, sie wird immer wieder angepasst, von 2023 an gilt: Der Mindestunterhalt für Kinder bis zum fünften Lebensjahr beträgt 437 Euro, für Kinder zwischen dem sechsten und elften Lebensjahr sind es 502 Euro, und Kinder zwischen dem 12. und dem 17. Lebensjahr erhalten 588 Euro. Dabei ist dann noch das Kindergeld zu berücksichtigen. Ulrich Preuß erklärt: „Das alles geht davon aus, dass das Kind bei dem einen Elternteil lebt und derjenige, also das ist meistens die Mutter, dann betreuungsunterhaltspflichtig ist, und der Mann wäre barunterhaltspflichtig.“

Muss der Barunterhaltspflichtige auch dem anderen Partner was bezahlen?

Aber es gibt auch den sogenannten Trennungsunterhalt, der wird bezahlt vom Moment der Trennung bis zur Scheidung. Dafür wird das gesamte Einkommen angeschaut und durch zwei geteilt. Der nacheheliche Unterhalt regelt, was nach der Scheidung bezahlt werden muss, das legt der Richter in der Verhandlung auf Antrag fest. Der nacheheliche Unterhalt geht mittlerweile oft stufenweise zurück – aber „nicht zwingend“, sagt Frank Störmer. „Grundsätzlich ist jeder für sich selbst verantwortlich. Soweit jemand – vor allem wegen Umständen, die ihre Ursache in der Ehe haben – nicht in vollem Umfang für den eigenen Lebensunterhalt sorgen kann, regelt das Unterhaltsrecht, dass der geschiedene Ehegatte für den bedürftigen Ehegatten aufkommen muss.“ Je länger die Scheidung zurückliegt, je kürzer die Ehe von Dauer war, desto eher tritt das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit in den Vordergrund.

Muss auch im Trennungsjahr schon Unterhalt gezahlt werden?

Ja. „Das wissen vor allem Männer oft nicht, sie denken, ab dem Zeitpunkt, an dem man sich trennt, gehört alles ihnen – besonders dann, wenn die Frau die Trennung ausgesprochen hat“, sagt Ulrich Preuß. Früher galt: Wer verschuldet, der muss schauen, wie er klarkommt. Aber das ist heute nicht mehr so. „Heute gilt für die Scheidung das Recht der Zerrüttung“, sagt Preuß. Für das Unterhaltsrecht bedeutet der Wegfall des Verschuldensprinzips, dass in der Regel nach der Bedürftigkeit der Ehegatten geschaut wird. „An dem Teil des Einkommens, der den Ehegatten früher gemeinsam zum Leben zur Verfügung gestanden hat, steht auch nach der Trennung in der Regel jedem die Hälfte zu“, so Frank Störmer.

Was, wenn der eine dann einfach nicht zahlt?

Dann kann die Partnerin oder der Partner zum Jobcenter gehen. „Sie oder er kann Arbeitslosengeld II beantragen, wenn sie kein Geld hat oder nicht genug, um selber durchzukommen“, sagt Preuß. „Und das Arbeitsamt holt sich das aber wieder von dem anderen Partner, drum herum kommt er nicht, zugleich kann die Frau ihm auch nicht mit der Pistole das Geld aus der Tasche ziehen. Also das Scheidungsrecht versucht da zu vermitteln.“