Szene aus Woody Allens Film „Café Society“ mit Kristen Stewart. Foto: dpa

Kristen Stewart spielt die Hauptrolle in Woody Allens nostalgischer Tragikomödie „Café Society“. Ein Gespräch über Allens Arbeitsweise, die Meinung anderer und Comicverfilmungen.

Los Angeles - Selten hat eine Schauspielerin so spielend das Image des Teenie-Stars abgeschüttelt wie Kristen Stewart. Nur wenige Jahre nach dem Ende der „Twilight“-Reihe, hat sich die heute 27-jährige US-Amerikanerin zum Liebling des Independent-Kinos entwickelt. Nun stand sie für Woody Allens nostalgische Tragikomödie „Café Society“ vor der Kamera.

Frau Stewart, die übliche Frage an jeden Woody-Allen-Neuling zu Anfang: Was ist Ihr Lieblingsfilm dieser Kinolegende?
Meine Antwort ist leider nicht sonderlich originell, denn am liebsten mag ich eigentlich nach wie vor seinen Klassiker „Der Stadtneurotiker“ mit Diane Keaton. Wobei ich gestehen muss, dass ich den erst ziemlich spät gesehen habe. Irgendwann saß ich mit meiner besten Freundin, die sich auch um meine Pressearbeit kümmert, im Flugzeug und entdeckte den Film im Bordprogramm. Meine Freundin konnte nicht fassen, dass ich den Film noch nicht kannte und bestand darauf, dass ich ihn mir ansehe. Und natürlich war ich auf Anhieb begeistert. Auch wenn es natürlich einem solchen Meisterwerk nicht gerecht wird, es auf einem Flugzeug-Bildschirm zu sehen.
Was macht Woody Allen als Regisseur aus?
Er hat einfach eine einzigartige Perspektive, die mir sehr liegt. Er behandelt in seinen Filmen ja durchaus ernste Themen, doch er tut das auf eine sardonische, manchmal süffisante Weise. Dieser neurotische Witz, der bei ihm immer Einzug hält, ist Gold wert, denn ohne ihn könnten seine Geschichten schnell viel zu bedrückend und deprimierend werden. Woody kreiert eine Leichtigkeit, die nicht viele so hinbekommen. Abgesehen davon macht es Spaß, sich in seiner Gegenwart aufzuhalten.
Wieso das?
Weil die Gespräche mit Woody eigentlich genau so sind, wie seine Filme: fundiert, leichtfüßig, witzig und wahrhaftig.
Schauspieler staunen ja angeblich immer wieder darüber, dass Woody nur so wenige Aufnahmen dreht. Hat Ihnen das gefallen?
Seltsam ist es schon, selbst wenn man sich darauf eingestellt hat, weil man ja immer davon liest. Kaum hat man das erste Mal fehlerfrei seine Sätze gesagt, ist für ihn die Szene auch schon im Kasten und es geht weiter zur nächsten. Das ist schon eine Umstellung zu anderen Regisseuren, die immer noch eine und noch eine Wiederholung drehen. Aber genau durch diese Arbeitsweise entsteht wahrscheinlich die Leichtigkeit seiner Filme.
Sie drehen bevorzugt mit Independent-Filmemachern die jenseits des Mainstreams arbeiten. Nach „Café Society“ folgen in den kommenden Monaten Filme von Olivier Assayas, Ang Lee und Kelly Reichardt. Verfolgen Sie einen bestimmten Karriereweg?
Kein bisschen, und ich würde auch nicht aus Prinzip eine große Comicverfilmung oder etwas ähnliches ablehnen. Aber ganz besonders interessieren mich natürlich Regisseure, die eine wirklich einzigartige Vision haben. Leute, die ihren Filmen eine ganz eigene Handschrift verleihen und mit Herzblut bei der Sache sind. Ich drehe Filme, seit ich neun Jahre alt bin, und ich habe früh gemerkt, dass das Ergebnis der Arbeit am Ende am besten ist, wenn man wirklich mit Leidenschaft für die Geschichte brennt. Das gilt für mich genauso wie für die Person hinter der Kamera.
Sehen Sie eigentlich eine Art roter Faden, der sich durch alle Ihre Rollen zieht?
Der rote Faden bin ich! (lacht) Das meine ich ernst. Ich bin keine dieser sogenannten Charakterdarsteller, die immer zu Protokoll geben, wie gerne sie sich selbst hinter sich lassen und in den Figuren aufgehen oder sich dahinter verstecken. Im Gegenteil finde ich meine Arbeit immer dann am stimulierendsten und erfüllendsten, wenn ich in einer Rolle bei mir selbst ankomme.
„Café Society“ ist nach „Adventureland“ und „American Ultra“ bereits Ihr dritter Film mit Jesse Eisenberg. Er hat gerade zu Protokoll gegeben, Sie würden ihm mit Ihrer Selbstsicherheit Angst machen. . .
So ein Quatsch. Früher war ich es, die Angst hatte vor ihm. Denn der Kerl ist unglaublich schlau. Manchmal ist er ob seiner Intelligenz fast vom Leben überwältigt, denn sein Hirn funktioniert auf eine Art und Weise, die selbst vermeintliche Alltagssituation für ihn zu einem Überfluss an Reizen machen können. Damit kann ich auch heute noch nicht mithalten. Aber über die Jahre ist eine Wärme zwischen uns entstanden, durch die ich mich in seiner Gegenwart einfach wohl fühle. Dass wir im Grund verschieden sind, daran besteht kein Zweifel.
An der Sache mit der Selbstsicherheit ist aber etwas dran, oder? Sie wirken zumindest so, als sei Ihnen herzlich egal, was andere von Ihnen denken.
So stimmt das aber nicht. Mir ist es sehr wichtig, was andere Menschen denken. Ich bin Schauspielerin, also will ich verstanden werden und etwas transportieren, was das Publikum auch erreichen soll. Wenn ich das Gefühl habe, dass mir das nicht gelungen ist, bin ich durchaus verunsichert. Aber das ist etwas anderes, als sich den Kopf zu zerbrechen, wenn jemandem ein Talkshow-Auftritt von mir nicht gefallen hat.
Können Sie das noch etwas präzisieren?
Meine eigene Persönlichkeit und der Eindruck, den andere von mir haben, sind einfach nicht das Gleiche. Das Bild, das Sie sich von mir machen, ist einzig und allein Ihres. Das speist sich aus Filmen und Bildern, Interviews und anderen Auftritten und kann gar nicht falsch sein, denn es ist ja vollkommen subjektiv. Aber ich selbst habe natürlich eine vollkommen andere Wahrnehmung. Und nur wenn ich in der direkten Interaktion das Gefühl habe, missverstanden zu werden, ist das etwas, worauf ich Einfluss nehmen kann.