Erlebnistour im Land des Ex-Weltmeisters: insgesamt bleiben die Kicker von der namibischen Fußball-Akademie (links, hier im Spiel gegen den Karlsruher SC) für zwei Wochen in Deutschland. Foto: Günter Bergmann

Am Scharr-Nations-Cup des SV Vaihingen haben vierzig Jugendmannschaften aus 21 Ländern teilgenommen, darunter erstmals Gäste aus Namibia. Deren Trainer spricht von einem „einmaligen Erlebnis“.

Vaihingen - Elf Stunden beträgt die Flugzeit von Namibia nach Deutschland. Diese lange Reise haben die E-Junioren-Mannschaften der Fußball-Akademie Athletic Club F. A. auf sich genommen – um im Land ihrer Idole Neuer, Müller und Kroos Fußball zu spielen. Zwei Wochen bleiben sie, die Kicker aus dem Südwesten Afrikas und ihr Trainer Claus Deckenbrock. „Für die Jungs ist das ein einmaliges Erlebnis. Viele von ihnen haben Namibia zum ersten Mal verlassen oder sind zum überhaupt ersten Mal geflogen“, sagt Deckenbrock. Am Wochenende hieß die Station nun Stuttgart. Beim Scharr-Nations-Cup des SV Vaihingen waren die Weitgereisten der wohl exotischste Gast. Insgesamt nahmen an dem Jugendturnier vierzig U-11-Mannschaften aus 21 Nationen und von drei Kontinenten teil, darunter prominente Namen wie der FC Porto, aber auch Außenseiter aus Kanada, Lettland, Weißrussland oder eben Namibia.

Die beiden Organisatoren Aurel Irion und Johannes Felderer hatten die achte Auflage der Veranstaltung mit einem 70- bis 80-köpfigen Helferteam seit rund einem Jahr geplant. „Im Prinzip beginnen schon jetzt die Vorbereitungen für nächstes Jahr“, sagt Irion, der hauptberuflich Geschäftsführer der MTV-Allianz-Bundesliga-Volleyballerinnen ist. Der Koordinationsaufwand ist dabei enorm. Die Teilnehmer kommen während ihres Aufenthaltes größtenteils bei Gastfamilien unter. Ernesto Baschny, der diesen Teilbereich verantwortet, weiß, was an Arbeit dahintersteckt. „In meinem Postfach tummeln sich um die 1000 E-Mails nur für die Abstimmung der Unterkünfte“, sagt Baschny.

Mit Manchester und Co. wird’s schwierig

Einige wenige Mannschaften wie der FC Porto wohnen in Hotels. „Die Kosten dafür übernehmen wir“, sagt Felderer. Das Turnier finanziert sich aus Sponsoren, Spenden und den Einnahmen an den Wettbewerbstagen. „Im Normalfall bleibt immer was übrig“, weiß Irion. „Das wird dann hier in Vaihingen in die Infrastruktur reinvestiert.“ Ganz wichtig ist den Organisatoren, kein rein kommerzielles Fußballturnier zu veranstalten. „Wir haben nicht den Gedanken, damit Geld zu machen“, betont Irion. Deshalb seien, ergänzt Felderer, auch eher selten die ganz großen Teams wie zum Beispiel Manchester United am Start. „Die schicken nach einer Einladung dann schon mal ein mehrseitiges Vertragswerk mit zig Anforderungen“, sagt Felderer – und beim SV Vaihingen winkt man ab.

Der Kontakt zu den Jungs aus Namibia ergab sich durch einen anderen Turnierveranstalter. Der Coach Claus Deckenbrock musste nicht lang überlegen. Er freut sich über die Chance, sich mit Gegnern aus Europa zu messen. „Fußball ist in Namibia Nationalsport, richtige Strukturen gibt es aber keine“, erzählt er. Deshalb hat er 2017 mit ein paar Kollegen die Akademie Athletic Club F. A. gegründet, mit der sie ein Zehn-Jahres-Ziel verfolgen. „Wir haben festgestellt, dass es riesigen Nachholbedarf gibt“, sagt Deckenbrock und fügt an: „Wir wollen ein wettbewerbsfähiges Team aufstellen.“

Am Limit angelangt

Die Qualität der Spiele beim Scharr-Nations-Cup ist in den vergangenen Jahren immer besser geworden; das wird von den Beteiligten sehr geschätzt. Viele Vereine kommen daher schon von sich aus auf die Vaihinger Verantwortlichen zu. Einige regionale Interessenten, die gerne mitgekickt hätten, mussten von den Machern abgewiesen werden. „Mit den 40 Teams sind wir am Limit; mehr geht nicht“, sagt Irion.

Dass es für die namibischen Gäste vor allem ums Lernen und nicht ums Gewinnen geht, war von vornherein klar. „Im ersten Spiel wussten die Jungs gar nicht, wie ihnen geschieht“, sagt Deckenbrock zur 0:6-Niederlage gegen den Karlsruher SC. „Die Intensität in Namibia ist bei weitem nicht so hoch.“ Nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass Namibia gerade einmal 2,4 Millionen Einwohner hat – und dann es dort keinen geregelten Spielbetrieb gibt. „Wir haben deswegen eine private Liga gegründet, die mittlerweile vom Verband anerkannt ist“, berichtet Deckenbrock.

Der am Ende 38. Platz für dessen Spieler war Nebensache. Im Vordergrund stand das Erlebnis, wie Deckenbrock sagt. Auch für die Vaihinger Organisatoren war das Turnier unabhängig vom sportlichen Ausgang wieder ein voller Erfolg. Der neunten Auflage im kommenden Jahr dürfte also kaum etwas im Wege stehen. Und vielleicht nehmen dann auch wieder ein paar Exoten wie der Athletic Club F.A. aus Namibia die lange Anreise in Kauf, um ein wenig Vaihinger Fußballluft zu schnuppern. Fürs Erste haben der Trainer Deckenbrock und die Seinen noch elf Stunden in die wieder andere Richtung vor sich, zurück nach Hause.