Beim Markgröninger Schäferlauf rennen Schäferinnen um die Wette – manchmal auch mit einem Kübel Wasser auf dem Kopf. Foto: factum/Weise

Der Schäferlauf in Markgröningen ist steinalt – und mit rund 100 000 Besuchern inzwischen eine der größten Attraktionen in Süddeutschland. An diesem Samstag standen die Höhepunkte auf dem Programm.

Markgröningen - Der Schäferlauf in Markgröningen hat eine lange Tradition, erstmals schriftlich erwähnt wird das Fest im Jahre 1445. Damals sah das noch sehr anders aus, der riesige Rummel mit rund 100 000 Besuchern nahm einst seinen Anfang als Kirchweihfest. Ganz geheuer war das Ganze manchen Eingeborenen wohl schon im Mittelalter nicht. Als „heidnisch und wollüstig“ schilderte ein Chronist im Jahr 1599 den Brauch, Menschen mit blanken Füßen über ein Stoppelfeld laufen zu lassen. Heute ist man in Markgröningen stolz auf all die Tradition, Heidentum hin, Wollust her, immerhin ist der Schäferlauf inzwischen offiziell Teil des Unesco-Kulturerbes. „Bald ist wieder Schäferlauf! Denken Sie an Ihre Tracht“, steht auf einem Schild in der Markgröninger Fußgängerzone, und nach wenigen Minuten bekommt man den Eindruck: Es werden jedes Jahr mehr Leute, die an ihre Tracht denken. Oder vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben überhaupt eine Tracht am Leib tragen.

Alles hier hat Tradition

Der Weckruf des Spielmannszugs in aller Herrgottsfrüh hat Tradition, der Festumzug hat Tradition – und irgendwie und irgendwann muss es auch zur Tradition geworden sein, dass der Landrat ein Schäferlaufgedicht in der Schäferlaufstadt vorträgt. Das ist traditionell nicht von durchschlagender lyrischer Qualität, aber meist unterhaltsam, weil Rainer Haas ein recht lustiger Geselle ist. „Zuletzt will ich den Krug erheben –Hoch sollen alle Schäfer leben! Ich trink’ darauf, dass die Vernunft, ne Zukunft gibt der Schäferzunft!“, schmetterte der scheidende Landrat diesmal unter anderem ins Mikro.

Gefeiert wird in Markgröningen schon seit Donnerstag, der erste Höhepunkt – auch das hat natürlich Tradition – war das Leistungshüten am Freitag, am meisten los aber ist immer samstags und sonntags, wenn Shuttle-Busse die Besucher aus den umliegenden Orten in Markgröningen abladen. Und dann geht es los: Der Gottesdienst erinnert noch an die christlichen Ursprünge des Fests, und wenn der benachbarte Vergnügungspark nicht wäre, könnte man später auf dem Festplatz tatsächlich das Gefühl bekommen, ein paar Jahrhunderte in der Zeit zurück gereist zu sein. Umringt von Tribünen üben sich Frauen in Disziplinen wie dem Wassertragen, wobei es darum geht, einen Kübel auf dem Kopf zu balancieren. Beim Hahnentanz, den es auch schon seit dem Mittelalter gibt, versuchen Paare, einen gefüllten Becher mit dem Kopf umzuwerfen – möglichst ohne nass zu werden.

Mehr als nur reine Gaudi

Der Höhepunkt ist schließlich der Wettlauf der barfüßigen Schäfer und Schäfermädchen auf dem 300 Schritt langen Stoppelfeld. Was nach reiner Gaudi klingt, hat, wer hätte es gedacht, eine lange Tradition und durchaus einen seriösen Hintergrund. Denn ein Schäfer muss schnell sein; im besten Fall schneller als jedes Schaf, das aus der Herde abhauen will.

Am Abend zieht die Karawane wieder zurück vom Feld in die Stadt, wo dann eher profan weiter gefeiert wird mit vergleichsweise wenig traditionsreicher Rock-, Pop- und Soulmusik. Am Sonntag beginnt das meiste von vorn: nochmal Festzug, nochmal Barfußlauf, Wassertragen, Party. Der Schäferlauf endet am Montagabend mit einem Feuerwerk.