Alles friedlich – obwohl vor dem Schäferlauf viel über Sicherheit rund ums Stoppelfeld diskutiert worden war, meldete die Polizei: keine außergewöhnlichen Zwischenfälle. Dafür kämpften Teilnehmer und Besucher mit der kaum auszuhaltenden Hitze.
Markgröningen - Bei der Hitze kriegt man kein Schaf auf die Weide – außer in Markgröningen. Keine Gnade für die 300 Tiere der Stadtherde beim Festspiel „Der treue Bartel“. Die Schafe sind elementarer Bestandteil jener Darbietung um den Schäfer Bartel, der einst treu zum Grafen stand, als er von dessen Widersachern ein unmoralisches Angebot bekam. Der Legende nach soll der Graf von Gröningen diese Treue mit einem jährlichen Fest belohnt haben. Weil Tradition stärker ist als trockene Hitze, haben die Schafe auf dem Stoppelfeld richtig Staub aufgewirbelt.
Die Sonne, besser gesagt die Hitze, hat beim Schäferlauf 2016 fast alles in den Schatten gestellt. Bei 35 Grad mussten die Läufer am Samstag übers Stoppelfeld, am Sonntag beim Wettlauf der Schülerinnen und Schüler war es ähnlich heiß. Die Tribünen waren deshalb weniger gefüllt als sonst, auch bei den Festumzügen durch die Altstadt gab es Lücken in den Zuschauerreihen. „Wir merken die Hitze“, sagte Renate Felger, die Marketingverantwortliche der Stadt. Die erwarteten 100 000 Besucher dürften es deshalb nicht gewesen sein. Etwa 15 hitzebedingte Einsätze zählte Georg Hoppe, der Einsatzleiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) am Samstag auf dem Stoppelfeld. Dafür seien die Besucher am Freitag, dem Tag, an dem vor allem die Markgröninger selbst feiern, wohl wegen der Temperaturen vernünftig gewesen. „Wir hatten viel seltener mit alkoholbedingten Ausfällen als sonst“, lobte Hoppe.
Der König der Schäfer von 2015 und 2016 peilt den Hattrick an
Der Sonnenhut, mit dem sich der Bürgermeister Rudolf Kürner schützte, war ein besonderes Exemplar. „Ich bleib’ heute cool“, sagte der Schultes und lüpfte die Krempe. Er hatte im Hutinneren einen Kühlakku platziert. Kürners Erfindungsreichtum kannte in der Hitze des Samstags keine Grenzen: Später schob er sich noch zwei Kühlakkus unter die Manschetten seines Hemds. Der Bürgermeister kam am Samstag kaum ins Schwitzen. Für die anderen packte die Feuerwehr zur Abkühlung ihre Schläuche aus.
Die Sieger tragen beim eigentlichen Schäferlauf die Titel König und Königin. Von den acht jungen Frauen, die den Barfußwettlauf übers Stoppelfeld absolviert haben, war Lisa Link-Wohlfarth (16) aus Balingen die Schnellste. „Einfach nur gerannt“ sei sie. Bei den Männern gab es fünf Konkurrenten um die Schäferkrone. Dabei verteidigte Daniel Eberhardt (20) seinen Titel vom Vorjahr. Nächstes Jahr winkt dann der Hattrick? „Schaun mer mal“, sagte er. Antreten will er auf jeden Fall.
Die Polizei meldet keine größeren Zwischenfälle
Die Sicherheit war nach den jüngsten Anschlägen eines der meistdiskutierten Themen vor dem Schäferlauf. Wie schützt man Besucher vor Terroristen wie jenem, der in Nizza mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge gerast war und 86 Menschen in den Tod gerissen hatte? Die Lösung: mit großen Fahrzeugen, die an den Hauptzufahrten zur Altstadt als Barriere quer zur Fahrbahn geparkt werden. „An drei Stellen haben wir solche Sperren errichtet“, sagte Andrea Kohn, die – eigentlich städtische Kulturverantwortliche – seit Jahren als Sicherheitschefin beim Schäferlauf agiert. „Kleine Maßnahmen fürs subjektive Sicherheitsempfinden der Besucher“ nannte der Bürgermeister das Konzept, das mit der Polizei erarbeitet worden war. Kürner zuckt mit den Schultern: „Was will man machen . . .?“ Zum Beispiel erstmals Taschen am Eingang zum Stoppelfeld kontrollieren. Nicolas Ehm, einer von 45 Mitarbeitern der Sicherheitsfirma SDS am Schäferlaufwochenende, fand hie und da ein Taschenmesser, mehr nicht. „Ich hatte es nur dabei, um meine Melone zu schneiden“, versicherte eine Besucherin, als sie ihr Taschenmesser nach Krönung und Schäfertanz wieder abholte. Ein Polizeisprecher bestätigt, dass das Wochenende „abgesehen von den üblichen Zwischenfällen nach übermäßigem Alkoholgenuss“ friedlich verlaufen sei.
Eine Stimme aus den Lautsprechern dürfte den Besucher ungewohnt, aber bekannt vorgekommen sein. Jeder Markgröninger, jede Markgröningerin kennt Günther Mertz, den man wohl Urgestein des Schäferlaufs nennen darf. Bisher lange Jahre Darsteller des Grafs von Gröningen beim Festspiel, führt er jetzt am Mikrofon zusammen mit Christiane Liebing durchs Programm. Auch wenn er öffentliche Auftritte gewohnt sei, „habe ich das Moderieren vorher richtig geübt“, sagt Mertz.