Europameister Matthias Blübaum von Deizisau überlegt seinen nächsten Zug. Foto:  

Nach über drei Jahrzehnten hat in Matthias Blübaum von den Schachfreunden Deizisau ein Deutscher wieder die Möglichkeit, an der Schach-WM teilzunehmen.

So etwas hat der deutsche Schachsport schon lange nicht mehr gesehen. In Matthias Blübaum spielt seit über 30 Jahren wieder ein Deutscher das Kandidatenturnier zur kommenden Weltmeisterschaft. Und das auch mithilfe der Schachfreunde Deizisauer. Blübaum ist zweifacher Europameister im Schach. Im September schaffte er die Sensation – die Qualifikation für das Turnier, in dem er mit 7,5 von elf möglichen Punkten den zweiten Platz im Fide-Grand-Swiss 2025 belegte. Im Kandidatenturnier darf sich Blübaum nun mit den Besten der Besten messen.

 

„Es zeigt sein unglaubliches Talent“

Der 27-Jährige spielt seit der Saison 2017/2018 für die Deizisauer, die darauf mächtig stolz sind. Dort gelangen ihm seine größten Erfolge im Schach. Dass Blübaum kein gewöhnlicher Schachspieler ist, ist nicht erst seit dem Einzug in das Kandidatenturnier bekannt. Der aus Lemgo (Nordrhein-Westfalen) stammende Blübaum spielt seit klein auf am Brett. Seit 2015 trägt er den Titel Großmeister. Im Gegensatz zu vielen anderen Profispielern war für Blübaum Schach nicht immer der Hauptberuf. Nach dem Abitur begann er ein Mathematik-Studium in Bielefeld, das er 2022 beendete. Bis heute hat Blübaum keinen eigenen Trainer und auch keine Sekundanten. „Matthias hat sich sehr spät für Schach als Ganzes entschieden und alle Spieler der Weltspitze sind eigentlich Vollprofis. Das macht es noch mal erstaunlicher, dass er das geschafft hat“ ,erklärt der Vereinsvorsitzende Schachfreunde Deizisau, Sven Noppes, und ergänzt: „Es zeigt sein unglaubliches Talent.“

Deizisauer Konzept trägt Früchte

Im Gegensatz zu anderen Mannschaften in der Schach-Bundesliga verfolgen die Schachfreunde aus Deizisau einen anderen Ansatz, wie Noppes erklärt. Dass dieses Konzept nicht ganz schlecht zu sein scheint, zeigen nicht nur die Erfolge von Blübaum. In Dmitrij Kollars spielt ein weiterer deutscher Nationalspieler in Deizisau. Nach der deutschen Vizemeisterschaft 2018 krönte sich Kollars 2024 bei Deizisau zum Deutschen Meister.

Noppes, der eine Doppelrolle im deutschen Schachsport bekleidet und seit 2005 auch als Teamchef der Herren-Schachbundesligamannschaft des OSG Baden-Baden fungiert, sieht das Deizisauer Konzept als maßgeblich für den Erfolg. „In Deizisau wird den Spielern ermöglicht an den vorderen Brettern zu spielen. Das ist ein riesen Vorteil, wenn sich die Spieler mit der absoluten Weltklasse des Sports messen können. Das haben wir hier versucht in Deizisau durchzuziehen und das ist immer wieder belohnt worden“, sagt Noppes. Neben Blübaum und Kollars ist ein weiterer Spieler mit Deizisauer Vergangenheit in der Nationalmannschaft dabei: Vincent Keymer spielt derzeit im A-Kader des Nationalteams und hat noch die Möglichkeit, sich für das Kandidatenturnier zu qualifizieren. „Wir wünschen uns natürlich alle, dass Vincent es bei einer zweiten Qualifikationsmöglichkeit, dem World Cup, vielleicht doch noch schafft. Vincent hat in den vergangenen Jahren den Sprung in die Top Ten der Welt geschafft und ist jetzt Achter“, sagt Noppes.

Vorfreude auf das Kandidatenturnier

Der Sieg Blübaums im Kandidatenturnier wäre laut Noppes eine weitere Sensation: „Im Endeffekt gibt es nur einen Platz, um sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Das kann sich vielleicht niemand so richtig vorstellen, dass das klappt, aber ganz auszuschließen ist das natürlich nicht“, erklärt Noppes und fügt hinzu: „Da spielen absolute Großmeister mit. Ich glaube, Matthias wird sich aber in seiner Außenseiterrolle wohlfühlen.“

Am vergangenen Samstag fand in der Gemeindehalle Deizisau der Saisonauftakt der Schachbundesliga statt. Sowohl Blübaum an Brett eins und Kollars an Brett zwei traten beide gegen die Spieler des SV Werder Bremen an. Überraschenderweise verlor Blübaum sein Spiel gegen Haik Martirosyan. Kollars spielte unentschieden gegen Luke McShane. Im Mannschaftsduell stand am Ende ein überraschendes 4:4. Noch hat Blübaum Zeit, ehe es im April 2026 um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft geht.