Den Halbfinal-Sieg des SC Sand gegen die Bayern-Frauen verfolgten mehr als 2200 Zuschaur im Stadion. Foto: Udo Künster

"Der Pokal hat seine eigenen Gesetze" lautet eine oft zitierte Fußball-Weisheit. Auch beim DFB-Pokalhalbfinale der Damen sollte sich das wieder zeigen: Die Damen des SC Sand schafften eine Sensation gegen den FC Bayern München.

Stuttgart - Das ganz Dorf bebte als Anne van Bonn, Mittelfeldspielerin beim SC Sand, in der 83. Minute des Pokalspiels gegen die Frauen des FC Bayern München zum erlösenden 2:1-Siegtreffer ansetzte. Wenige Minuten später war das Spiel aus und die Damenmannschaft des 1900-Einwohner-Dorfs in der Ortenau feierte den Einzug ins DFB-Pokalfinale.

"Mentalität schlägt Qualität", ordnete Alexander Fischinger, der das Team seit der aktuellen Saison als Trainer betreut, das Resultat erstaunlich nüchtern ein. Fischinger hatte zuvor schon für Aufregung gesorgt und war nach dem Schlusspfiff mit Windmühlenbewegungen auf seine jubelnden Spielerinnen zugestürmt. "Die Mädels haben ihren Job gemacht", lobte er die Leistung seiner Mannschaft.

Erste Niederlage nach 40 Spielen

Trotz der eher verhaltenen Äußerungen des Trainers, verbirgt sich hinter dem Erfolg der Südbadener eine kleine Sensation. Das Team des in der Bundesliga noch ungeschlagenen FC Bayern München hatte zuvor 40 Spiele nicht gewonnen. "Sand hat verdient gewonnen, da wir es nicht geschafft haben, den gierigen Sander Spielerinnen den Kampf zu bieten, den diese geliefert haben", zeigte sich Bayern-Trainer Thomas Wörle nach dem Spiel als fairer Sportsmann.

Der SC Sand, der mittlerweile seine zweite Saison in der Bundesliga spielt, rangiert nach 17 Spieltagen in der laufenden Sasion auf Tabellenplatz vier und kann sich über den Klassenverbleib freuen. "Wir haben eine funktionierende Mannschaft, die in diesem Jahr mit viel Teamgeist Großes geschafft hat", verrät Claudia von Lanken, die die Geschäftsstelle des Dorfvereins leitet, das Erfolgsrezept.

"Unser Team besteht aus Schülerinnen, Studentinnen aber auch Akteurinnen, die einem Vollzeitjob nachgehen", beschreibt von Lanken die Zusammenstellung der Mannschaft. "Dabei müssen wir mit ganz anderen Gegebenheiten als die Damenteams der etablierten Männerclubs zurecht kommen. Wir sind ein kleines gallisches Dorf mit viel Herzblut und immer besseren Strukturen", blickt die Funktionärin hinter die Kulissen.

Große Feier bei Titelgewinn

Marco Steffens, Bürgermeister der Gemeinde Willstätt, deren Teilort das nur zehn Kilometer von Offenburg entfernte Sand ist, hebt den hohen Stellenwert des Vereins für die gesamte Gemeinde hervor: "Der Halbfinalsieg der Sander Mannschaft ist gerade das Thema in unserer Gemeinde. Besonders freut mich der Erfolg für die vielen Ehrenamtlichen und Verantwortlichen, die seit Jahren eine tolle Arbeit leisten."

Auch er habe das Spiel im Stadion verfolgt und gemeinsam mit den 2250 anderen Fans gezittert. "Das war definitv ein Pflichttermin der besonderen Art, der mir sehr viel Freude bereitet hat", sagt der Verwaltungschef. Sollten die Fußballerinnen aus der Ortenau auch am 21. Mai das Finale gegen Wolfsburg, das sich gestern gegen den SC Freiburg durchsetzen konnten, gewinnen, werde es eine große Feier geben. "Zwar ist unser Rathausbalkon für eine Feier mit der gesamten Mannschaft zu klein, im Falle des Pokalsiegs werden wir aber eine angemessene Location organisieren", erklärt Steffens die Planungen. 

Wolfsburg-Trainer motiviert Sander für Finale

Eine besondere Motivation erhielten die Sander Spielerinnen vom Finalgegner aus Wolfsburg. Dessen Trainer Ralf Kellermann beschwerte sich nach dem Sieg seines Teams vor laufender Kamera über den Zustand des Rasens vor Ort: "Die Bedingungen in Sand sind unwürdig für Frauenfußball. Der Rasen ist zu lang, wird nicht gewässert. Da wird mit allen Tricks gearbeitet und jetzt werden sie dafür auch noch belohnt", schimpfte Kellermann.

Alexander Fischinger, der neben seinem Trainerjob gemeinsam mit dem ehemaligen VfB-Co-Trainer Alfons Higl eine Fußballschule in Umkirch leitet, war am Abend des historischen Triumphs zu Gast in der SWR-Sendung "Sport im Dritten". Dort konterte er die Aussage des Wolfburger Trainerkollegen mit klaren Fakten: "Ich kann mich an das Spiel in Wolfsburg erinnern, als wir auf einem topgepflegten Rasen mit 1:0 gewonnen haben. Ganz blind sind wir also doch nicht." Und auch seine Spielerin Claire Savin pfichtete ihm bei: "Das ist definitv eine besondere Motivation für uns!"