Jerôme Gondorf vom SC Freiburg blickt über den Foto: dpa

Jerôme Gondorf vom SC Freiburg schießt vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart scharf – der ehemalige Kickers-Profi prangert die Entwicklungen des Fußballgeschäfts massiv an.

Stuttgart/Freiburg - Jerôme Gondorf (30) vom SC Freiburg hat im Interview mit unserer Redaktion die Auswüchse des Profifußballs massiv kritisiert. „Wenn ich mir die Entwicklung der Gehälter anschaue, wird mir manchmal schwindlig - im Vergleich zu normalen Berufen sowieso, da ist der Fußball mal ganz weit weg vom normalen Leben, aber auch innerhalb des Fußballs“, sagte Gondorf vor dem Baden-Württemberg-Duell an diesem Sonntag in der Bundesliga gegen den VfB Stuttgart: „Auch innerhalb des Profifußballs geht die Schere zwischen den Topverdienern und dem breiten Rest immer mehr auseinander, was ich nicht gut finde“, ergänzte Gondorf: „Und auch für Jugendspieler werden ja mittlerweile extrem hohe Ablösen und Gehälter bezahlt. Es gibt mittlerweile einige Vereine, die einfach mal in fünf oder sechs Jugendspieler im Alter von vielleicht 15 Jahren viel Geld investieren mit dem Gedanken, dass es einer schon schaffen wird. Der Rest wird verheizt – um ihn wird sich am Ende nicht mehr gekümmert. So kann man mit jungen Menschen nicht umgehen.“

Der Freiburger Mittelfeldmann, der in diesem Sommer von Werder Bremen zum SC wechselte und bisher in allen drei Pflichtspielen über die komplette Spielzeit zum Einsatz kam, brachte ein mögliches Salary Cap nach US-Vorbild ins Spiel: „Womöglich wäre eine Obergrenze bei den Gehältern angebracht, man könnte sich da vielleicht am US-Sport orientieren. Nach dem Muster vielleicht, dass nach den Top-Drei-Verdienern in jedem Team bei der Mittelschicht eine Gehaltsgrenze gezogen wird. So könnte man auch wieder mehr Chancengleichheit herstellen.“

„Ich brauchen keinen Berater“

Auch die Beraterbranche sieht Gondorf, der seit drei Jahren keinen persönlichen Manager mehr hat, kritisch: „Ich brauche keinen Berater, das habe ich für mich so entschieden“, sagte er: „Es gibt tatsächlich einige Berater, die meist nur auf ihren eigenen Profit Wert legen und nicht auf einen durchdachten Karriereweg ihres Spielers. Ich habe da auch so meine Erfahrungen gemacht – und will deshalb lieber mein eigener Herr sein.“

Wie sein Freiburger Teamkollege Nils Petersen positionierte sich nun auch Gondorf eindeutig gegen den Videobeweis: „ Ich finde, der Videobeweis sollte abgeschafft werden, er nimmt die Emotionen aus dem Spiel“, sagte der gebürtige Karlsruher: „Ich habe es zuletzt teils so wahrgenommen, dass sich viele Fans nach einem Tor gar nicht mehr trauen, richtig zu jubeln, weil sie fürchten dass es gleich eh wieder aberkannt wird. Das ist Gift für den Fußball.“

Sorge um die Amateure

Auch um die Entwicklung des Amateurfußballs macht sich Gondorf, dessen vier Brüder allesamt für die SpVgg Durlach-Aue in der Verbandsliga Nordbaden aktiv sind, große Sorgen: „Die Anstoßzeiten im Profifußball und die generelle Entwicklung, dass man jeden Tag im Fernsehen irgendeinen Wettbewerb im Fußball schauen kann, sind Gift für die Amateure. Wenn mal ein Tropfen Regen vom Himmel fällt, dann sagen sich viele Zuschauer: Ach komm, ich bleib daheim und schaue mir irgendein Spiel im Fernsehen an. Die Leute gehen immer seltener auf den Sportplatz.“ Erschwerend hinzu komme, so Gondorf weiter, die Tendenz, dass es immer weniger Dorfvereine gibt: „ Viele Clubs bekommen keine Mannschaft mehr zusammen, sie müssen Spielgemeinschaften gründen, und das geht ja runter bis in den Jugendbereich, wo sich auch in vielen Altersklassen Spielgemeinschaften aus mehreren Ortschaften bilden müssen. Es sollte wieder mehr für den Amateurfußball getan werden.“

Das komplette Interview mit Jerôme Gondorf können Sie ab Freitag, 6 Uhr, auf unserer Homepage lesen.