Letzter Test: Freiburgs Mike Frantz (li.) gegen Bojan von Stoke City Foto: dpa

Der SC Freiburg will in ein neues Stadion investieren, ohne dass das zu Lasten der Kader-Qualität geht - dabei hat der Verein allen Grund tiefenentspannt zu sein.

Stuttgart/Freiburg - Wenn Trainer oder Manager einen Spieler von einem anderen Club verpflichten wollen, zeigen sie ihm oft die schönsten Perspektiven auf. Sie sagen dem Profi, was für ein toller Typ er ist, was sie noch alles aus ihm herausholen können, und überhaupt: Wenn sich der Spieler dann tatsächlich für den Verein entscheidet, würde er natürlich die mit Abstand beste Wahl für sich und seine Zukunft treffen.

So läuft das normal. Beim SC Freiburg sind die Dinge wie so oft ein bisschen anders. Trainer Christian Streich sagt: „Wir schmieren den Spielern, für die wir uns interessieren, keinen Honig ums Maul, wenn wir uns zum Kennenlernen zusammensetzen.“ Und weiter: „Wir stellen konkrete Fragen: Was ist, wenn du auf der Bank sitzt, was, wenn es nicht läuft? Ist das ein Profi, der es im Training schleifen lässt, wenn er Negativerlebnisse hat? Kann er Deutsch, Englisch oder Französisch? Wir müssen jedem Spieler ja komplexe Dinge vermitteln.“ All diese Facetten gelte es zu beleuchten, sagt Streich, der damit einen Eindruck vermittelt, warum das Freiburger Modell zuletzt so erfolgreich war. Und warum es auch in der neuen Saison wieder klappen könnte mit dem ausgerufenen Ziel: dem souveränen Klassenverbleib, der möglichst schon ein paar Spieltage vor Toreschluss gesichert sein soll.

Auch in den vergangenen Monaten gab es keinen Honig bei den Vertragsgesprächen mit Christian Streich. Der Coach redete wie immer Tacheles mit seinen Neuen, die wissen, auf was sie sich beim Sportclub einlassen. Mut, Spielwitz, eine fast schon extreme Leidenschaft in der Arbeit gegen den Ball, Offensivgeist, taktische Flexibilität – all das lebt Streich, der von seinen Jungs seit Jahren dasselbe verlangt, und das meist mit Erfolg.

Sascha Riether ist einer, der diese Prinzipien schon bestens kennt. Der Rechtsverteidiger, der aus der Premier League vom FC Fulham kommt, wurde in der Freiburger Fußballschule ausgebildet und soll nun eine Säule im Freiburger Team werden.

Neben Riether kamen die beiden Torhüter Roman Bürki (Grashoppers Zürich) und Sebastian Mielitz (Werder Bremen). Die beiden liefern sich einen Konkurrenzkampf um den Platz zwischen den Pfosten, sie sollen das zu 1899 Hoffenheim abgewanderte Eigengewächs Oliver Baumann ersetzen.

Innenverteidiger Stefan Mitrovic, der vom spanischen Erstligisten Real Valladolid zum SC wechselte, nimmt den Platz von Matthias Ginter ein. Der Weltmeister ging zu Borussia Dortmund und könnte die größte Lücke im Kader hinterlassen.

Allerdings: In Freiburg sind sie in diesen Wochen tiefenentspannt. Denn vom vergangenen Sommer, als fünf Stammspieler und Erfolgsgaranten den Verein verließen, ist der Sportclub weit entfernt. „Unser Vorteil ist, dass wir dieses Jahr im Großen und Ganzen zusammengeblieben sind“, sagt Kapitän Julian Schuster, und Mittelfeldmann Vladimir Darida meint angesichts des stabilen Gerüsts, „dass wir es in dieser Saison unter die besten zehn Teams schaffen können“.

Das dürfte auch Christian Streich freuen, der wie alle Vereinsverantwortlichen aber nicht nur den sportlichen Erfolg im Sinn hat. Der SC sehnt sich schon seit Jahren nach einem neuen Stadion, weil das alte zu klein ist (Fassungsvermögen 24 000 Zuschauer), die Verkehrsanbindung Regionalliga-Niveau hat und die Logen-Kapazität ihren Namen nicht verdient. „Ohne das neue Stadion sind wir bald nicht mehr konkurrenzfähig“, sagt Präsident Fritz Keller. Zur Saison 2018/19, so das Ziel des SC, soll die neue Arena stehen.

Der Gemeinderat der Stadt konnte sich in der Stadionfrage zu Beginn des Jahres allerdings nicht einigen, weshalb wohl alles auf einen Bürgerentscheid hinausläuft. Aus Teilen der satten Einnahmen aus den Transfers von Matthias Ginter und Oliver Baumann (insgesamt 15,5 Millionen Euro) bildete der SC Freiburg Rücklagen für den geplanten Stadionneubau, der Rest floss in die Neuzugänge. Diesen Spagat – in Steine investieren, ohne den Kader entscheidend zu schwächen – muss der SC wohl noch einige Zeit wagen. Aber diese Übung, und das ist die beruhigende Erkenntnis für Christian Streich und seine Mitarbeiter, sind sie beim Sportclub schon seit Jahren gewohnt.