Ein besonderer Aschenbecher in Stuttgart Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Abfälle wie Kaugummis und Zigarettenstummel stören – und doch werden sie in Stuttgart achtlos weggeworfen. Neue Ansätze sollen das ändern.

Stuttgart - Einen ganzen Mülleimer auf die Königstraße kippen, das würde wohl kaum jemand tun. Aber ein Papierchen hier, eine Kippe dort, eben schnell den Kaugummi raus, am Wochenende nach der Party – wenn es dann doch ein Getränk zu viel war – die Flasche zerdeppert: Kleinvieh macht auch Mist, sagt ein Sprichwort. Analog dazu machen viel kleine Müllsünden in der Stadt dann doch einen gewaltigen Berg Dreck aus.

Dem hat die Landeshauptstadt nun den Kampf angesagt. Und nicht nur das: An mehreren kleinen Stellschrauben wird gedreht, damit es nicht mehr so dreckig, klebrig und muffig ist in der City.

„Sauberkeit macht Spaß“, könnte man das Projekt „Tippen mit Kippen“ nennen, initiiert vom Förderverein Sicheres und Sauberes Stuttgart. 20 neue quietschgelbe Aschenbecher hängen nun in der Stadt, zum Beispiel vor dem Waranga auf dem Kleinen Schlossplatz. Wer seine fertig gerauchte Zigarette reinwirft, der gibt zugleich ein Votum ab. Eine Frage lautet zum Beispiel: „Was schmeckt besser: Spätzle oder Maultaschen?“ Wer für Spätzle votiert, wirft den Zigarettenstummel in den einen Schacht, die Maultaschenfraktion wählt den anderen. Auch wenn es kein „Ich mag beides nicht“-Fach gibt, hoffen die Macher, dass trotzdem auch die Kippen der Rostbraten-Fans im gelben Kasten landen. Weitere Boxen lassen die Wahl, ob man lieber an den Wildparkseen oder im Rosensteinpark joggen geht. Auch zwischen Weindorf oder Volksfest können die Raucher abstimmen. Zunächst sind 20 Boxen aufgehängt worden. „Aber wir hoffen natürlich, dass die Idee angenommen wird, damit wir das Einsatzgebiet bald ausweiten können“, sagt Klaus Thomas vom Förderverein.

Es stinkt zum Himmel

Ein Projekt, das bei erster Betrachtung ein leichtes „Igitt“ hervorruft, liegt derzeit noch auf Eis: Eigentlich sollte im Februar eine sogenannte Gumwall an der Schulstraße installiert werden, das ist eine Auffangvorrichtung für ausgelutschten Kaugummi. Wie genau das hätte aussehen sollen und ob diese Erfindung eines Tages noch kommen wird, darüber schweigt man beim zuständigen Eigenbetrieb Abfallwirtschaft der Stadt. Es soll sich dabei um ein Blechstück handeln, an das man den Kaugummi kleben kann.

Blech spielt auch bei einer anderen Maßnahme für mehr Sauberkeit eine Rolle, die bereits umgesetzt ist. Mitarbeiter der Landesbehörde für Vermögen und Bau haben bereits im vergangenen Jahr in den Mauerecken des Alten Schlosses schräge Platten aus Kupfer angebracht. Sie sollen urinierende Männer abschrecken. Denn wer seine Notdurft in der geschützten Ecke verrichtet, muss zumindest mit verschmutzten Schuhen rechnen – die schräge Metallfläche lässt die Flüssigkeit zurückspritzen.

Die Landesbehörde Vermögen und Bau ist eingeschritten, um die Urinschäden an den historischen Mauern zu minimieren – das Schloss ist im Besitz des Landes. Anlass sei der Fischmarkt auf dem Karlsplatz im vergangenen Jahr gewesen, sagt Pia Elser von der Landesbehörde. Die Platten sind nur an den blickgeschützten Ecken gegen das ordnungswidrige Urinieren angebracht. Zu später Stunde und mit steigendem Alkoholpegel werde aber jeder Abschnitt der Mauer zum Ziel, so Elser. „Es stinkt zum Himmel“, sagt sie. Die Anbringung von Platten rundum wäre teuer, erklärt Pia Elser. Für die Reinigung der urinverschmutzten Mauern des Alten Schlosses ist der städtische Eigenbetrieb Abfallwirtschaft (AWS) zuständig. Die AWS-Sprecherin Annette Hasselwander kündigt eine verstärkte Nassreinigung sowie Kontrollen durch das Amt für öffentliche Ordnung an.

Spezialmaschine für festgetretene Kaugummis

Insgesamt soll Stuttgart viel sauberer werden, dafür hat der Gemeinderat ein Zehn-Millionen-Euro- Programm beschlossen. Rund 100 Stellen sollen geschaffen werden. „Erste neue Kollegen wird man im Sommer sehen, die Bewerberrunde läuft, wir haben viele Rückmeldungen“, sagt Sven Hansen, der Referent des Technikbürgermeisters Dirk Thürnau (SPD). Unter anderem würden Straßenreinigungswarte und Kehrmaschinenfahrer gesucht. Parallel dazu laufe die europaweite Ausschreibung neuer Kehrmaschinen – eine Spezialmaschine, die festgetretene Kaugummis von der Straße bekommt, ist ebenfalls dabei. Die Stadt hoffe zudem, dass das Land bald das Bußgeld für weggeworfenen Müll erhöht. „Aktuell kostet das zehn bis 25 Euro. Aber wenn das mal 100 Euro kostet, überlegt man sich das“, ist sich Sven Hansen sicher. Hamburg und Frankfurt hätten damit Erfolge erzielt. Auch das Amt für öffentliche Ordnung bekommt zusätzliche Leute, die in der Stadt den Menschen auf die Finger schauen sollen – und im Zweifelsfall eben Bußgelder verhängen.