In Birkach wird regelmäßig der Besen geschultert. Für einige im Ort ist das samstägliche Saubermachen irgendwie auch Gemeinschaftssache. Foto: dpa/Arno Burgi

Birkach, Stuttgarts zweitkleinster Stadtbezirk, ergattert beim stadtweiten Wettbewerb Let’s putz traditionell einen Platz ganz vorne auf der Liste. Doch wie sauber ist Birkach wirklich? Ein Rundgang an einem Samstagmorgen.

Birkach - Samstagmorgens herrscht in Birkach eine friedliche Atmosphäre. Die Menschen reihen sich ganz geduldig in die Schlangen vor dem Bäcker und dem Metzger ein. Auf dem Nachhauseweg trifft man den einen oder anderen Bekannten. Ein Mann putzt am Straßenrand sein Auto, zwei Frauen fegen den Gehweg vor ihren Häusern. Es ist ungewöhnlich ruhig. Nur wenn man genau hinhört, dringen Geräusche von Staubsaugern aus offenen Fenstern, in der Ferne brummt ein Rasenmäher. Laut wird es an der Tankstelle: Man muss gar nicht hinüberschauen, um zu wissen, dass dort fleißig Autos ausgeputzt werden.

Wochenende heißt in Birkach offensichtlich, wie es sich für Schwaben gehört, Ärmel hochkrempeln und sauber machen. Ordnung ist schließlich das halbe Leben. Und es kann einem schon so vorkommen, als wollte Birkach sein Image pflegen.

Sobald einer mit dem Aufräumen anfängt, macht der andere mit

Wenn es nämlich nach den Ergebnissen der jährlichen Let’s-putz-Aktion der Stadt Stuttgart geht, ist der zweitkleinste Bezirk der Landeshauptstadt gleichzeitig der zweisauberste Bezirk Stuttgarts. Nur Münster konnte in den vergangenen Jahren noch mehr freiwillige Aufräumer – im Verhältnis zur Einwohnerzahl – mobilisieren. Ein bisschen Training ist also angebracht, wenn Münster in diesem Jahr endlich wieder auf den zweiten Platz verdrängt werden soll.

Für einige Birkacher ist das samstägliche Saubermachen wohl Gemeinschaftssache. „Meine Nachbarin muss Kehrwoche machen, da dachte ich, wir könnten dabei doch reden“, meint eine Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Also schnappt sie sich die Heckenschere und den Besen und befreit mit der Nachbarin den Gehweg von unliebsamem Grünzeug. Sobald einer mit Aufräumen anfängt, würden andere das schnell nachmachen, meint die Birkacherin. Ein bisschen steckt also auch Gruppenzwang dahinter. Und das eigene Image: „Mich stört es, wenn bei anderen die Hecke auf den Gehweg raus wächst“, sagt die Frau, „und das macht ja auch einen schlechten Eindruck vom Besitzer“.

Keinen Mülleimer gefunden?

Dass das in Birkach viele so sehen, wird schnell klar. An der Alten Dorfstraße sind die Hecken allesamt akkurat gestutzt. Der Brunnen am Alfred-Wais-Platz ist sauber, das Wasser klar, nur ein paar Blätter segeln über die Oberfläche. Rosa Blumen blühen in groß angelegten Beeten. Die Wiese gegenüber allerdings ist vollgemüllt mit Plastikverpackungen – wer dort Milchschnitte und Capri-Sonne verzehrt hat, hat augenscheinlich keinen Mülleimer für die Überbleibsel gefunden.

Auffällig ist, dass nur öffentliche Fleckchen hier und da nicht so sauber sind. Vor der eigenen Haustür kehren die Birkacher dagegen gern. Das wird vor allem am Tiefen Weg deutlich: Ein Vorgarten ist schöner als der andere, ein Rasen gepflegter als der nächste. Und als wäre das nicht genug, bringen ein paar bunte Steine noch mehr Farbe in den Bezirksspaziergang. Initiiert von der Facebook-Gruppe „Filder Rocks“ bringen Bürger bunt bemalte Steine an einen Ort, an dem diese eine möglichst lange Schlange bilden sollen. Am Tiefen Weg ist bereits fast ein Halbkreis um einen Baum mit Grünfläche gelungen.

Hier kommen die fleißigsten Putzteufel her

Für gepflegte Vorgärten gibt es bei Let’s putz allerdings keine Auszeichnung. Da geht es nur um den Müll auf der Straße. Auch den muss man in Birkach aber erst einmal suchen. Sogar vor dem Supermarkt und der Bäckerei im Ortskern sieht alles picobello aus. Erst, wenn man in den Bereich der Kreuzung Birkheckenstraße/Törlesäckerstraße kommt, liegt hier und da Plastikmüll am Boden und auf den öffentlichen Wiesen. An der Bushaltestelle finden sich zahlreiche Zigarettenstummel unter der Sitzbank. Mitten auf dem Gehweg und in einem Garten liegen gebrauchte Alltagsmasken – immer noch ein ungewohntes Bild.

Und wie sieht es an der Grundschule Birkach aus? Die fleißigsten Let’s-putz-Helfer sind schließlich Jahr für Jahr die Schüler. In der Tat ist der Schulhof sehr rein. In der Nähe des Sportplatzes kann man wieder eine Reihe bunter Steine entdecken. Dort ist es eine Aktion des Kinder- und Jugendhauses. An der Sporthalle zeichnet sich dagegen ein Bild ab, das sich weniger einpasst ins Saubermann-Bild: In der Wiese, rund um eine Sitzbank und auf dem Gehweg liegen Verpackungen und anderer Müll. Auch in den Hecken rund um das Schulgebäude stecken leere Zigarettenschachteln und Trinkbehälter zwischen den Zweigen. Dort wird es zweifellos Zeit für die nächste Putzaktion.